An den vier Enden der Welt
An den vier Enden der Welt
In Porto zum Portwein
3. Juli 2012
Porto oder einheimisch „Oporto“ ist nach Lissabon die zweitgrößte Stadt Portugals. Das Stadtzentrum von Porto am Nordufer des Douro wurde 1996 von der UNESCO in die Liste der Weltkulturerbe eingetragen. Am Südufer des Douro gibt es andere Sehenswürdigkeiten: Hier haben sich viele berühmte Portweinproduzenten angesiedelt. Vom Nordufer aus gelangt man ganz einfach zum Portwein: Wir laufen über die berühmte, 1886 eröffnete Brücke Dom Louis und schon sind wir auf dem südlichen Ufer des Douro. Hier im Stadtteil Vila Nova de Gaia reiht sich eine Kellerei an die andere. Es sind große internationale Namen, aber auch berühmte traditionell einheimische Produzenten hochwertiger Portweine. Einer von ihnen ist:
RAMOS PINTO
Im Jahr 1919 erwarb Ramos Pinto die Quinta do Bom Retiro, die zu den ältesten und typischsten der Douro-Region zählt. Die Quinta da Urtiga, angrenzend an die Quinta do Bom Retiro, wurde von Ramos Pinto im Jahr 1933 gekauft. Diese Quinta hat eine Fläche von insgesamt 4 ha, liegt 290 bis 320 Meter hoch und hat etwa 12.500 Rebstöcke, von denen die ältesten über 70 Jahre alt sind. 1985 kam die Quinta dos Bons Ares hinzu. Wegen der höheren Lage sind die Sommer hier nicht so extrem warm und die Trauben zur Erntezeit nicht so reif und konzentriert.
1918 wurde Ramos Pinto eine Limited Company. 1938 übernahm Jose Ramos Pinto Rosas das Ruder von Raúl Ramos Pinto, António Calem und Joaquim Allen. Seit 1990 ist das Unternehmen im Besitz der Roederer Group, die für ihre Champagner bekannt ist. Insgesamt befinden sich heute über 200 Hektar Rebfläche im Besitz von Ramos Pinto. Die Kellerei hat eine Lagerkapazität von max. ca. 7 Millionen Litern, sie füllt jährlich über eine Million Liter ab.
In Porto können die Kellerei und das kleine Museum Ramos Pinto besucht werden. Hier ist noch der Arbeitsplatz von Adriano Ramos Pinto mit der uralten Einrichtung des Büros und des Handelshauses zu sehen. In einer modernen Vinothek können verschiedene Portweine aus dem aktuellen Sortiment probiert und natürlich gekauft werden.
Wir haben eine ganze Reihe von Portweinen von Ramos Pinto verkostet – hier sind drei Notizen aus unserer Degustation:
Diese Portweine stammen von verschiedenen Quintas des Unternehmens. Sei werden aus mehreren Jahrgängen geblendet, von denen der älteste 20 Jahre alt ist. Der Blend bleibt mindestens vier Jahre im Holzfass. Im Glas funkelt der Port kastanienbraun, ein Duft von Backpflaumen und Waldpilzen sammelt sich in der Nase. Am Gaumen kommen Karamelltöne an, dazu Zimt, etwas Kardamon, etwas Bratapfel. Ein eleganter Portwein.
Ramos Pinto Ruby Port
Grundsätzlich werden für diesen Port zwei Rebsorten genommen, nämlich Tinta Barroca und Touriga Francesco. Er reift in Kastanienfässern mit wenig Luftkontakt, um eine starke Oxidation zu verhindern und die jugendliche rubinrote Farbe zu bewahren. Wir schnuppern im Glas Pflaumen, Waldbeeren, reife Feigen, dazu etwas Mokka. Dieser Ruby füllt den Mund gut aus, ohne zu protzen. Seine ordentliche Struktur bringt Frucht und Opulenz in den Vordergrund.
2006 Ramos Pinto Collection
Der unfiltrierte Vintage-Charakter Port ist ein Blend aus mehreren Jahrgängen und reift im Holzfass für etwa sechs Jahre. Der Wein wird hauptsächlich aus Trauben der Quinta da Urtiga am linken Ufer des Flusses Douro hergestellt. Der 37-Hektar große Weinberg ist mit bis zu 30-jährigen Reben verschiedener Rebsorten bestockt. Reife Viktoriapflaumen duften aus dem Glas, dazu Würze und Eindrücke wie beim Waldspaziergang. Deutliche Röstaromen, schokoladig abgerundet, sind zu bemerken. Wir schmecken einen komplexen Port, dicht, fruchtig mit überraschenden Tanninen. Im Abgang kommen noch einmal Würzigkeit und samtig-herbe Fülle zum Ausdruck. Ein großer Portwein.
Im Hörerlebnis schildert Ana Isabel Pareira von Ramos Pinto die Gründung des Handelshauses und seine aktuellen Aktivitäten.
alle Fotos: © Copyright D. Rosenbaum
HÖRERLEBNIS mit Ana Isabel Pareira von Ramos Pinto
Die „Entdeckung“ des Portweins begann wie ein Märchen: Es waren einmal zwei junge Burschen, die von einem großen Handelshaus in Liverpool nach Porto zum Abt von Lamego geschickt wurden, damit sie dort alles über den Weinhandel lernen. Der Abt weihte sie in das Geheimnis ein, wie der Wein lange haltbar gemacht wird und damit über weite Strecken transportiert werden kann: Während der Gärung setzte man ihm Branntwein zu, so dass er süß und fruchtig wurde. Es waren die Jahre nach 1678, als die Engländer den portugiesischen Wein als wohlschmeckenden süßen Portwein nach England brachten und in die gehobene Gesellschaft einführten. Seither waren Anbau, Kellerei und Handel des Weines zwar in portugiesischer Hand, der Exporthandel in Porto wurde aber zu einem großen Teil von den Engländern übernommen, die englische Bezeichnungen für die Weine einführten, die bis heute erhalten geblieben sind. Seit vielen Jahren regelt ein strenges portugiesisches Weingesetz die Portweinherstellung vom Anbau über Ausbau und Lagerung bis zum Export. Das Gebiet der Portweinherstellung ist durch die "Regiao Demarcada" gesetzlich geschützt.
Die wichtigsten roten Portwein-Trauben sind Touriga Nacional, Touriga Francesa, Tinta Amarela, Tinta Barocca, Tinta Cão und Tinta Roriz. Die Reben kommen aus drei Gebieten:
Dem Baixo Corgo um die Stadt Peso da Regua im westlichen Teil des Douro-Tals. In der Nähe des Atlantiks sind die Niederschlagsmengen höher als landeinwärts und die Temperaturen niedriger. Die Weinberge sind weniger steil und die Erdschicht auf dem Schiefer ist tiefer und fruchtbarer. Von hier stammt etwa die Hälfte aller Portweine, vor allem die leichteren Ruby- und Tawnyqualitäten.
Im Cima-Corgo rund um den kleinen Ort Pinhão wird etwa ein Drittel des Portweins hergestellt. Das Klima ist heißer und trockener, die Hänge sind steil, felsig und karg. Hier sind die berühmten Quintas der Spitzenerzeuger angesiedelt.
Um die gewünschten Tannine aus der Beerenhaut zu erhalten wird die Maische mit Holzstößeln oder ähnlichen maschinellen Methoden zerquetscht und manchmal sogar noch gemäß alter Tradition mit bloßen Füssen zertrampelt. Der eigentliche Vorgang, der den Douro-Wein zu Portwein macht, ist der Benefício: Das Aufspriten des gärenden Mostes mit hochprozentigem Weinbrand. Heute wird die Gärung sämtlicher Portweine durch Zugabe von Weinbrand mit ca. 77% bzw. Weindestillat von 98% gestoppt. Der Zeitpunkt des Stoppens beeinflusst den verbleibenden Restzucker. Je nach Stil des Herstellers und Art des Portweins entscheidet der Kellermeister, wieviel (natürlicher) Zucker im Wein verbleiben soll. Je weiter der Wein bereits vergoren ist, desto weniger Brandwein wird hinzugefügt, weil bereits ein höherer Alkoholgehalt aus der Gärung vorhanden ist. Es kommt nämlich darauf an, die gesetzlich vorgeschrieben Volumenprozente Alkohol zu erreichen und sie auch nicht zu überschreiten: zwischen 18 und 21 %.
Der aufgespritete Wein verbleibt normalerweise ein halbes Jahr im Douro-Tal und wird danach in die großen Portweinkellereien nach Porto gebracht, wo der eigentliche Reifungsprozess von mindestens zwei Jahren in Tanks aus Holz oder neuerdings auch aus Stahl oder auf der Flasche stattfindet.
Portwein kann nach Farbe oder nach Qualität und Lagerungsart unterschieden werden. Häufig begegnen einem aus dem Bereich der roten Portwein-Sorten drei Bezeichnungen: Ruby, Vintage und Tawny.
Ruby Ports
Es sind rubinrote bis ganz dunkle Ports, die jung abgefüllt wurden. Der einfache Ruby ist ein etwa 3-jähriger rubinroter Portwein. Er wird aus Weinen verschiedener Jahrgänge verschnitten und trägt keine Jahrgangsangabe.
Vintage
Der Vintage stammt aus einer einzigen Ernte und wird nach 2-3 Jahren abgefüllt, um dann in der Flasche über Jahre und Jahrzehnte zu reifen. Anfangs ist er dunkel lila, mit zunehmendem Alter verliert er an Farbe und wird immer heller bis zu einem zarten Orange. Anfangs ist er schroff und unausgeglichen. Mit der Zeit wird er elegant, filigraner und harmonisch, weil sich Alkohol, Zucker, Extrakt und Gerbstoffe ausbalancieren. Fast alle Handelshäuser deklarieren einen Vintage nur in den allerbesten Jahren. Ansonsten bringen sie ihn als Single-Quinta-Vintage oder Vintage-Character Port heraus, der von einem Top-Weingut des Herstellers aus hochwertigen Weinen stammt.
Tawny Ports
Tawnys sind anfangs hellrote Weine, denen man die Farben des Fasses ansieht: Mit zunehmender Lagerung verlieren die Weine ihr Rot, werden tabakfarben und bräunlich; sehr alte Tawnys zeigen oft einen Anflug von Olivgrün. Tawnys haben typischerweise Aromen von Trockenfrüchten wie Dörrobst, Feigen und Datteln. Sie sollten nicht allzu lange gelagert werden, zumal sie sich in der Flasche nicht wesentlich weiter entwickeln.
Weißer Port
Die von weißen Rebsorten erzeugten Portweine sind nach dem Süßegrad eingeteilt: von extra dry/extra seco bis sweet/doce. Weiße Ports werden immer seltener im Fass gelagert und eher in Stahltanks ausgebaut.
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STILVOLL WOHNEN IN PORTO
WISSENSWERTES ÜBER PORTWEIN
Ana Isabel Pareira im HÖRERLEBNIS über Portwein
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