An den vier Enden der Welt
An den vier Enden der Welt
Premium Wines of Romania: Das Weingut Liliac in Transsilvanien – Vampir auf der Flasche, Eleganz und Finesse im Glas
12. Februar 2020
Es ist in Rumänien eigentlich gar nichts Besonderes, dass die Geschichte eines privaten Qualitätsweinguts damit beginnt, dass ein wohlhabender Weinenthusiast aus einem westeuropäischen Land das önologische Potenzial der Region mit den einheimischen und angestammten internationalen Rebsorten erkennt und in Erwartung einer kostengünstigen Erzeugung beschließt, hier und jetzt rumänische Weine zu machen. Dabei möchte er an die hergebrachten Maßstäbe seiner Lieblingsweine anknüpfen und Methodik und Stilistik durch seine eigenen Erfahrungen beeinflussen. Zumeist beginnt der Betrieb des neuen Weinguts jedoch nicht mit tollen Kellerkompositionen, sondern ganz schnöde mit dem Ausbau oder der notwenigen Erneuerung der grundlegenden Infrastruktur. Es muss in Straßen, Wasserversorgung und Stromleitungen investiert werden, bevor die erste Ernte auf die Kelter kommt.
Das Weingut Liliac liegt im Nordosten Transsilvaniens bei Batos (Botsch), rund 440 km nördlich der Hauptstadt Bukarest in einer ziemlich menschenleeren Gegend rund 150 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt. Eingebettet in die sanften Hügel-Ketten im Schutz des Karpatenbogens schlängeln sich Flüsse und Bäche durch das Hochland unterhalb der Nationalparks Munții Rodnei, Călimani und Defileul Mureșului Superior auf 300 bis 500 Metern Meereshöhe. In der vielerorts noch komplett unberührten Landschaft stehen einige der letzten Naturwälder Europas.
Transsilvanien
Transsilvania ist im Wesentlichen das historische Siebenbürgen im südöstlichen Teil des Karpatenbeckens. Etwa ab dem 13. Jahrhundert gehörte es zu Ungarn, ab 1541 war es ein den Türken tributpflichtiges Fürstentum und wurde 1687 nach dem Sieg Österreichs über die Türken bei Ofen Kronland der Habsburger Monarchie. Im Gebietsausgleich zwischen Österreich und Ungarn wurde es 1867 wieder Ungarn zugeteilt und gehört seit 1918 zu Rumänien. Transsilvanien ist etwas kleiner als die Bundesländer Baden-Württemberg und Hessen zusammen. Es wird von den Ost- und Südkarpaten und den Siebenbürger Westgebirgen umschlossen, so dass der Weinanbau vor allem auf dem riesigen, von Flüssen und tiefen Tälern durchzogenen Hochplateau „Siebenbürger Becken“ stattfindet.
Das Klima ist durch lange harsche, in den Tälern eher schneearme Winter, einen kurzen Frühling und relativ warme Sommer geprägt, die spät beginnen und im Mai und Juni die stärksten Niederschläge aufweisen. Den Rebstöcken gefällt der lange "Siebenbürger Herbst" durch seine lang anhaltenden Schönwetterperioden mit reichlich Nebel. Die Trauben reifen langsam, speichern nachhaltig die Aromen und bekommen ein starkes Säuregerüst. Dass in Transsilvanien seit jeher weiße Reben stehen, beruht nicht nur auf dem Klima, sondern auch auf den geologischen Verhältnissen. Die Böden sind sandig mit nur geringem Lehmanteil und in den verschiedenen Lagen auch durchsetzt mit Sandstein, Mergelschiefer, Tonmergel, Schieferton, Konglomerat und vulkanischem Tuff bis hin zu Braunerde. An anderen Stellen überwiegen Braunerde oder kalk- und eisenoxidreicher Lehm.
Die häufig nach Westen oder Osten ausgerichteten Weinberge liegen windgeschützt in den warmen Tälern. Die Reben in der DOC Lechinţa genießen das gemäßigt kontinentale Hochlandklima, das man in heutigen Zeiten der Klimaveränderung im Weinbau als cool climate lobt. Es ist ideal für die Erzeugung filigraner und eleganter Weißweine. Rotweine wie Fetească Neagră haben hier grundsätzlich eine andere Stilistik als im Süden Rumäniens – weniger Körper und Opulenz, dafür mehr Finesse, Mineralik und Säure. Die Winter sind immerhin noch so zuverlässig kalt, dass fast jedes Jahr Eiswein gemacht werden kann.
Liliac lässt in Transsilvanien die jahrhundertealte Weinbautradition in der Kulturlandschaft Siebenbürgens wiederaufleben – mit österreichischem Esprit und modernster Kellertechnik. Kamen einst die Lieblingsweine von Alfred Michael Beck aus Bordeaux, so dürften es heute seine eigenen sein, die mit Finesse und Komplexität, Eleganz und Frische begeistern.
Wir konnten sechs Weine des Weinguts Liliac verkosten.
Das ist die Premium-Einstiegscuvée aus den klassischen Weißweinsorten Rumäniens – Feteascã Regala und Feteascã Alba. Es ist ein jugendlich frischer Konzeptwein, der nach Frühling und guter Laune schmeckt.
Das Glas ziert ein blasses Zitronengelb mit grünlichen Reflexen. Dann duftet es auch gleich üppig los: grüne Äpfel, weiße Pfirsiche, Birnen, Zitrusfrüchte und eine kleine Spur von frischgrünem Gras. Dazu wird der Nase ein großer Blüten-Korb serviert mit weißen Frühlingsblumen wie Krokus, Tulpen, Narzissen und einigen weißen Rosen. Wir schmatzen gerne und lange auf den Bukett-Früchten und den leicht süßlichen Blütenaromen herum und genießen im Nachhall die Zitrusbetonung mit der kleinen Kräuternote und die geschickte mineralische Umhüllung. Die aktive Säure ist gut integriert und umrahmt die Fruchtstilistik und den leichten Körper. Ein animierender, schwungvoller Wein, der das ganze Jahr über sommerliche Lust und Laune ins Glas bringt. Reichen Sie ihn zu Spargel, Geflügelsalat und leichten Pastagerichten.
Das ist ein Ortswein von den fruchtbaren Böden der DOC Lechinţa. Hier gibt es Braunerde und Lehm mit einem hohen Anteil an Eisenoxid und Calcium. Im verhältnismäßig kühlen Transsilvanien bekommen die zuckerreichen Trauben der Feteascã Alba auch den gewünschten Säuregehalt, um Qualitätsweine machen zu können.
Der 2018 Feteascã Alba Lechinţa zeigt im Glas eine helle, grüngelbe Farbe vor und öffnet sich langsam mit Aromen von Wildblumen, grünen Äpfeln, reifen Birnen, jungen Aprikosen und Akazienblüten. Darunter mischt sich ein Hauch von Zitrus, Gartenkräutern, Feuerstein und Honig. Alles in Maßen, denn die Alba ist eben weniger Parfümbombe als die Regală. Im Mund entwickelt der Wein einen leichten Körper mit einer sehr markanten Säure und einer leichten, salzig-mineralischen Fruchtigkeit von Williamsbirne, weißem Pfirsich, Äpfeln, Zitronen, etwas Akazienhonig und Wiesenblumen im nebligen Morgentau. Im Abgang outen sich herbe Grapefruitnoten, die in einen honigsüßlichen Nachhall übergehen. Ein Wein mit aufmunternder Persönlichkeit, der spritzig und mit dezenter Frucht über die Zunge gleitet – stoffig, ausgewogen, saftig und belebend. Reichen Sie ihn ganz klassisch zu Meeresfrüchten oder Sushi, er passt aber auch gut zu einem Obstsalat oder sogar ganz profan zu Chicken Wings oder einem Döner Kebab.
Was der Grüne Veltliner für Österreich ist, ist der Fetească Regală für Rumänien – eine Art Leitsorte. Sie ist in diesem Ortswein aus Lechinţa in einer authentischen, terroirnahen Stilistik mit Frucht und Frische ausgebaut worden.
Er sendet aus dem strohgelben Glas spontan und intensiv seine Bukettaromen: Schöne Zitrus- und Grapefruit-Aromen mit interessanten Anklängen an Südfrüchte wie Canteloupe-Melonen, Litschis und etwas Mango. Zarte vegetabile Richtungen von Gras und kleine blumige Akzente von Jasmin und Flieder kreuzen sich mit Kräutern und Zitronengras. Am Gaumen spielen ganz vorne die imposante sortentypische Säure und die mineralischen Komponenten. Sie lassen den vielfältigen Früchten reichlich Platz und so genießen wir viel Apfel und Zitrus, Melone, Grapefruit, Ananas und einige Mandarinen. Die schöne Würze und die gelbblumigen Noten mit Wiesengras und frischen Kräutern machen in einem harmonischen Einklang mit. Im Nachhall weist der Wein eindringlich auf seine mineralisch geprägte Herkunft und seine rassige Säureader hin. Ein erfrischend knackiger Weißwein, der sich mit seinem eigenständigen Charakter gut aufstellt neben den Geschmacksverwandten Sauvignon Blanc, Welschriesling und Grüner Veltliner. Er passt hervorragend zu einer Dorade oder Scampis vom Grill und zu vielerlei anderem Meeresgetier.
2015 Orange Chardonnay
Er hat als Orange Wine eine zart getrübte, goldgelbe Farbe mit einem ganz leicht orangenen Einschlag und ockerfarbenen Reflexen. Die Nase füllt sich mit reichhaltigen Fruchtnuancen von reifen gelben Früchten wie Pfirsich, Mandarine, Mango, getrockneten Äpfel und Birnen, dazu Spuren von Schwarzteeblättern, Gewürznelken sowie einem prägnanten Hauch von Vanille und ganz im Hintergrund einigen feinen Petrolnoten. Allgegenwärtig sind in der Nase auch die dezenten Röstnoten vom Eichenholz. Im Gaumenspiel dominieren die starken Aromen der reifen Bukettfrüchte gegenüber den distinguierten Nuancen von Ananas, Butter und Honig. Eine kraftvolle, mineralische Würze konkurriert im Nachgeschmack mit den Akzenten der sanften Röstaromen, der erfrischenden Säure, den gut integrierten Gerbstoffen und einer ganz besonderen, herrlich süffigen Fruchtigkeit. Die harmonische Textur füllt den Mund noch lange aus. Ein außergewöhnlicher Chardonnay mit einer ganz eigenen Stilistik, die das rumänische Terroir stolz und charaktervoll abbildet. Servieren Sie diesen Ausnahmewein zu einem nicht alltäglichen kulinarischen Kunstwerk wie beispielsweise einem geschmortem Karpfen oder einem Lamm- Risotto.
Die Kabinett-Cuvée aus 70 % Fetească Neagră, 15 % Merlot und 15 % Pinot Noir ist mit dem 2018er Jahrgang noch jung und draufgängerisch, zeigt aber schon jetzt ihren eigenen Charakter, wenn man dem Wein im Glas eine halbe Stunde Luft gibt.
Farblich leuchtet er rotviolett mit zarten tiefvioletten Reflexen. Mit ordentlicher Belüftung entfaltet er gerne seine intensive Aromatik, die nicht nur bei den Primäraromen seiner Jugend stehen bleibt. Es beginnt mit vielen schwarzen Kirschen und einem ganzen Korb roter und blauer Beeren wie Blaubeeren, Erdbeeren und Brombeeren, dann gesellen sich dazu einige schüchterne Veilchen, Nelken und etwas Pfeffer, obendrein ein Touch Vanille. Die distinguierte Frische auf der Zunge setzt sich selbstbewusst durch und vereint sich mit Noten von reifen schwarzen Beeeren, Vanille, Zimt und einer winzigen pikanten Prise Pfeffer. Die Tannine schmiegen sich weich, samtig und cremig an, der Mund füllt sich im Finale mit Impressionen von einer Tasse heißer Schokolade und einem flüchtigen Hauch von Tabak. Ein schon jetzt zugänglicher, erstaunlich runder, fast vollmundiger Wein mit einer konzentrierten Aromatik und deutlicher Komplexität. Er wird in den nächsten Jahren noch viele Geheimnisse offenbaren, passt aber schon jetzt zu geschmorten Rindsrouladen.
2015 Titan Fetească Neagră Lechinţa DOC-CMD
Noch bevor man den Wein ausschenkt, hat er einen ganz besonders hochwertigen Auftritt: Die Flasche im Bordeauxformat ist in einer edlen schwarzen Lederbox mit Magnetverschluss eingebettet, auf der das Logo von Liliac silberfarben eingraviert ist. Sie wiegt alleine fast 900 Gramm und trägt die handgefertigte silberne Fledermaus auf einem schwarzen Ledermedaillon, das ein berühmter Lederbinder aus Wien angefertigt hat. Die Gravur des Liliac Emblems stammt von einem österreichischen Kupferstecher, der auf die Gravur von Jagdwaffen spezialisiert ist und für sein Hand-Werk 180 Arbeitsstunden gebraucht hat. Doch damit nicht genug – das Titan-Label ist zusammen mit der handgeschriebenen Nummer der Flasche direkt auf dem Glas eingebrannt – in echtem Platin.
Der 2015 Titan glänzt im Glas in einem tiefdunklen Rubingranat. Wir schnüffeln gierig an den intensiven Düften von reifen, leicht süßlichen Beeren wie Brombeeren, Heidelbeeren und schwarzen Johannisbeeren, aber auch blauschwarzen Dörrzwetschgen und hochreifen schwarzroten Herzkirschen. Feine Lüftchen von Vanille lösen sich ab mit dezenten Spitzen von schwarzem Pfeffer und etwas Rosmarin. Am Gaumen öffnet er sich weich, samtig und körperreich. Saftig bietet er seine rot- und schwarzfruchtigen Aromen an, vor allem reife Kirschen und Pflaumen, Cranberries und Brombeeren. Leichte Noten von Vanille und sogar Nougat mit Zimt und etwas Minze umschmeicheln seidig die Zunge. Feine, ausgereifte Tannine, eine gezähmte Säure und sanfte Röstaromen unterstützen die zarte Extraktsüße im finalen Crescendo. Eine elegante, komplexe, hochkonzentrierte Wein-Symphonie in vielen Tonlagen, ein Super-Fetească Neagră, an dem sich die Super-Toskaner messen können, nicht umgekehrt. Das ist der Wein, der Nasen, Gaumen und Köpfe verdreht. Genießen Sie ihn mit allen Sinnen als Solisten und beleidigen Sie ihn nicht mit einem Zwangspairing.
Im Hörerlebnis stellt Miron Radic, General Manager von Liliac, die Konzeption des Weinguts und die Schwerpunkte im Weinsortiment vor.
Fotos: © Weingut Liliac
Foto von Miron Radic: © D.R.
HÖRERLEBNIS mit Miron Radic, General Manager von Liliac
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