An den vier Enden der Welt
An den vier Enden der Welt
Das Weingut Schömehl an der Nahe: Zwei Generationen machen wohlschmeckende Weine und Sekte
14. Mai 2024
Zwischen Bingen und der kleinen Insel mit dem Binger Mäuseturm mündet die Nahe in den Rhein, nachdem sie rund 125 km aus dem Saarland kommend zurückgelegt hat. Knapp sieben Kilometer vor ihrer Einmündung fließt sie in der Nähe von Dorsheim vorbei, eine der idyllischen Weinbaugemeinden der Unteren Nahe. Das erst seit 1971 gesetzlich festgelegte Anbaugebiet Nahe ist mit nur 4.200 Hektar Rebfläche zwar eines der kleinsten deutschen Anbaugebiete, gilt aber als eine der schönsten Weinlandschaften Deutschlands. Die Nahe ist ganz überwiegend ein Riesling-Wunderland mit sieben Großlagen und 328 Einzellagen, die zu 75 % mit weißen Rebsorten bestockt sind.
Das Weingut bewirtschaftet 15 Hektar Rebfläche mit Weinbergen in den Rieslingsteillagen Pittermännchen, Goldloch und Burgberg in Dorsheim und in den Lagen Karthäuser, Fuchsen, Hörnchen und Vogelsang in Laubenheim, das südwestlich von Dorsheim direkt an der Nahe liegt. Schon im Weinberg wird mit reduziertem Anschnitt, grüner Lese und selektiver Handlese auf Qualitätsweine hingearbeitet.
Was die Böden angeht, so muss man hervorheben, dass die Bodenvielfalt an der Nahe mit etwa 180 vermuteten Bodenarten in Deutschland einzigartig ist. Hier findet man eine spannende Vielfalt an Bodenhorizonten von Porphyr/Rhyolith, Melaphyr und Buntsandstein über andere Verwitterungsböden wie Schiefer bis hin zu Löss und Lehm. Die Rebstöcke freuen sich über ein mildes, niederschlagsarmes Klima, das in den geschützten Süd- und Südwestlagen in den Sommermonaten locker als mediterran angesehen werden kann. Hunsrück und Nordpfälzer Bergland schirmen die Region vor den häufigen Regenwolken aus Richtung Westen ab. Der Taunus schützt vor kalten Winden aus dem Osten.
Angebaut werden im Weingut Schömehl 15 Rebsorten, was im Anbaugebiet Nahe durchaus anspruchsvoll ist. Hauptrebsorte ist der Riesling, mit dem rund 47 % der Rebfläche bestockt sind. Weitere weiße Sorten sind Weiß- und Grauburgunder, Scheurebe, Müller-Thurgau, Silvaner und Gewürztraminer. Unter dem 25 % Anteil der roten Sorten sind Spätburgunder, Frühburgunder, Dornfelder und Saint Laurent. Abgefüllt werden jährlich etwa 90.000 Flaschen.
Dass im Weingut Schömehl zwei Generationen nicht nur so allgemein zusammenwirken, sondern ganz konkret die Weichen im Weinberg wie im Keller gemeinsam stellen, führt zu einem ganz besonderen Zusammenspiel zwischen Traditionen und Innovationen. Einig ist man sich, dass die Herkunft des Weins in jedem Glas zu schmecken sein soll, Terroir ist immens wichtig. Als ausgebildete Winzerinnen und Winzer haben zudem alle erkannt, dass die Natur unendlich viel bietet, wenn man auf sie eingeht, sie pflegt und erkennt, was sie will. All das, was die Natur mal mehr, mal weniger freigiebig in die Traube investiert, darf im Keller begleitet und geformt, aber nicht zerstört werden. Es gilt, beim Weinmachen das Individuelle, die Eigenart, die Substanz zu erhalten und zu fördern. Man muss beim Genuss jeden Weins bemerken, dass die Traube eine Frucht ist. Obendrein sollen alle Weine einen eigenen Charakter haben und schmecken lassen, woher sie kommen und welche Rebsorte hinter dieser oder jener stilistischen Ausprägung steht. Das ist für die beiden Generationen im Weingut sicherlich ein ganz persönlicher Weg, auf dem Individualität schon mal Vorrang haben kann vor Einigkeit. Hierfür braucht man Begeisterung und Geduld, vor allem aber eine liebevolle Familie und eine loyale Zusammenarbeit. An beidem fehlt es im Weingut Schömehl nicht.
Wir konnten fünf Weine und einen Sekt aus dem Weingut Schömehl verkosten.
2023 Der Fruchtige Rosé
Eigentlich ist alles mit der Bezeichnung dieses Weins gesagt: Rosé in der Farbe, Frucht im Geschmack. Ein klarer und unkomplizierter Tropfen – der Wein für erfrischende Stunden für jedermann, wo auch immer. Schon seine energische tief lachsrote Farbe im Glas wirkt magisch anziehend. Die Nase wird verwöhnt von Beerenaromen, vor allem Waldbeeren und Himbeeren, aber auch von einem Hauch Erdbeeren. Die gelungene Balance der feinen frischefördernden Säure mit der prägnanten schmelzigen Fruchtsüße lässt den Wein süffig am Gaumen spielen. Erfrischen Sie sich mit diesem Wein an einem lieblichen Abend oder machen Sie ihn zum begehrten Partyknaller – er wird die Rosé-Fraktion begeistern. Dann werden Sie pausenlos gefragt werden, wo Sie diesen tollen Wein herhaben, also machen Sie sich lieber gleich ein Schild um, auf dem Ihre Einkaufsquelle lesbar ist.
Dorsheimer Auxerrois trocken
Der Dorsheimer Auxerrois trocken funkelt im Glas in einem leuchtenden Weißgold. Sein Bukett strömt nur so dahin: Reife Abbé Fétel Birnen, etwas Ananas und zarte Töne von weißen Blüten und Mango. Geschmacklich jubeln Liebhaber sanfter Fruchtigkeit. Die Fruchteindrücke werden von einer mittleren Säure und einer feinen Mineralität gestützt, was den Frischeindruck steigert. Vor allem die Birnenaromen halten sich bis ins cremig-saftige Finale. Zu dem Wein brilliert klassischer Spargel mit grob gesalzenen Kartoffel-Drillingen oder ein köstliches Gericht von zarten Wachteln.
Die westlich von Laubenheim und südlich von Dorsheim sich erstreckende Lage Hörnchen war schon in der historischen Nahe-Weinbau-Karte für den Regierungsbezirk Koblenz aus dem Jahre 1901 verzeichnet. Laubenheim gehört geographisch zum östlichen Ausläufer des Hunsrücks. Geologisch gehört die Gegend zum Rotliegenden des Saar-Nahe-Selkegrabens.
Im Glas leuchtet ein kräftiges Strohgelb. Wir erleben in der Nase eine fruchtige Duftigkeit wie von einer großen reifen, gelben Birne umrahmt von einem spätsommerlichen Flair mit floralen Eindrücken, duftendem Heu, reifen roten Äpfeln, Quitten und vielen Nüssen, dazu eine würzige Anmutung von Majoran, Beifuß und Vanille, alles umweht von einem Hauch Mineralik. Am Gaumen tritt der Wein stark und vollmundig auf: Grüne Äpfel und Kräuter treten an, auch Nüsse, Ananas und ein Hauch Aprikose nebst Zitrus. Er hat durch den Ausbau einiger Partien im Holz eine interessante, saftige Schmelzigkeit mit winzigen Gerbstoffen und etwas Karamell bekommen. Der cremige Abgang wird von einer zarten Säure unterstützt. Ein komplexer Weißburgunder – Harmonie trifft auf druckvolle Eleganz. Der Wein ist ein attraktiver Begleiter von Kalbfleisch-Rouladen oder eines edlen deftigen Nordseekrabben-Brötchens.
2023 Dorsheimer Goldloch - S - Riesling Spätlese trocken
Im Glas schimmert der Wein in einem intensiven hellen Gelb mit grünlichen Reflexen. Es schweben duftige, frische Noten heran von knackigen grünen Granny-Äpfeln, Zitrus und Pfirsichen. Weiße Blüten werden von etwas Grapefruit begleitet und all das noch von einem deutlichen Touch Mineralik, Typ Feuerstein. Schon mit dem ersten Schluck kleiden die fruchtigen Bukettaromen und die Mineralität den Mund wohlschmeckend aus, der saftige, gut strukturierte Körper wird von einer aktiven Säure gestützt. Alles trifft sich in einem langen, herrlich coolen Finish. Ein komplexer, eleganter Nahe-Riesling, der sich schluckweise mit immer neuen Facetten outet. Das ist der hochwertige Lagen-Riesling für den Rund-um-die-Uhr-Genuss, aber auch jenseits der üblichen Fisch-Verdächtigen für ein Brathähnchen vom Grill mit Kartoffelsalat. Wenn Sie sich lieber von Leckereien verwöhnen lassen, dann erfreuen Sie mit dieser Spätlese sich und einen Birnenkuchen mit Sahneguss.
Die Lage Vogelsang liegt zwischen Dorsheim und der Nahe und gehört zur Gemeinde Laubenheim. Sie ist eine steile, extrem steinige und kieshaltige Lage aus dem vor 100 Millionen Jahren entstanden Flussbett der Nahe. Die Rebwurzeln müssen sich in die Tiefe kämpfen und transportieren ordentlich Mineralität in die Trauben. Gelesen wurde mit strenger Selektion per Hand; nach der Maischegärung reifte der Wein in neuen und vorbelegten Barriques.
Seine Bukett-Aromatik beginnt bei Süßkirschen, roten Waldhimbeeren und Brombeeren, geht weiter über Vanille und reicht bis zu Mandeln und süßlich-zimtigen Ahnungen. Eine schöne Fruchtigkeit sammelt sich im Mund, die den extraktreichen Wein als üppig saftig auftreten lässt. Das Felsgestein im Vogelsang hat nicht zu viel versprochen: Eine schöne Mineralität rankt sich um die weichen Fruchttannine. Schon jetzt verbündet sich die Säure mit den kraftvollen Holztönen zu Eleganz und Ausdruckskraft. Würze, Extrakt, Tannine, Säure und Holz – niemand drängelt sich in die erste Reihe, alle wirken schön zusammen. Diesen vollmundigen Spätburgunder schenken wir doch gleich mal ein zu einer knoblauchfreien Lammkeule aus dem Ofen. Sie können mit der Lammkeule aber auch eine Lasagne füllen.
Das ist ein Riesling-Sekt, der mit Grundweinen aus verschiedenen Lagen des Weinguts assembliert wurde. Sein filigranes Zusammenspiel von Frucht, Säure und Mineralik bildet nicht nur das Terroir der Unteren Nahe ab, sondern auch die lange önologische Erfahrung des Weinguts bei der Sektherstellung.
Eine feine, zarte Mousse bewegt sich im Glas und perlt nachhaltig und vorbildlich über die Zunge. Wir schnüffeln an einem strahlenden Bukett: sehr sortentypisch und elegant mit duftigen Aromen von Zitrusfrüchten, weißen Pfirsichen, Aprikosen und grünen Äpfeln. Am Gaumen verwöhnt nicht nur die feine Perlage des Sekts die Zunge, sondern auch seine brillante, klare mineralische Richtung und die raffinierte, gut balancierte und finessenreiche Säurestruktur. Seine süßliche Aprikosenfruchtigkeit, die kleinen Nuancen von Limetten, Maracuja und von zarten weißen Blüten verbinden sich im Finale mit einem fruchtigen Zug von Riesling-Weintrauben zu einer schönen Saftigkeit. Ein eleganter Nahe-Sekt mit charmanter Frucht, herrlicher Mineralität und animierender Frische. Er ist der swingende Opener für jeden schönen Abend und begleitet auch gerne Graved Lachs als Vorspeise.
Im Hörerlebnis stellt Andreas Birk das Weingut Schömehl und seine Weine vor.
Fotos: © Weingut Schömehl
HÖRERLEBNIS mit Andreas Birk auf der ProWein 2024