Das
Gebiet Colli Orientali del Friuli ist ein
Weinanbaugebiet in der
Region Friaul-Julisch Venetien. Es liegt in
Nordostitalien ungefähr zwischen der Stadt
Udine und der
Grenze zu Slowenien. Bis zum
Golf von Triest sind es rund
50 Kilometer. Der
Weinbau in
Colli Orientali del Friuli – übersetzt „
östliche Hügel des Friaul“ – ist geprägt durch bedeutende Weißweine und durch eine große Anzahl
autochthoner Rebsorten. Es gibt
acht D.O.C. Appellationen (kontrollierte Ursprungsbezeichnung): Carso, Friuli Colli Orientali, Collio, Friuli Aquileia,, Friuli Grave, Friuli Isonzo, Friuli Latisana,
drei interregionale D.O.C. Appellationen: Lison Pramaggiore und Prosecco und
drei D.O.C.G. Appellationen (kontrollierte und garantierte Ursprungsbezeichnung): Picolit, Ramandolo und Rosazzo. Die zugelassenen
Bereiche sind in den jeweiligen
Denominationen sehr genau
beschrieben. Sie umfassen das
Gebiet im
östlichen Teil der Provinz Udine mit
14 halbmondförmig östlich von Udine gelegenen
Gemeinden. Der
friulische Weinbau widmet sich traditionell einer
Qualitätsproduktion und ist inzwischen fast vollständig auf
D.O.C.-/D.O.C.G - Weine umgestiegen, die jetzt
90 % der
Gesamtmenge erreichen. In
Friaul liegen die
Wurzeln des
Weinbaus, da hier gegenwärtig
80 % der
italienischen Stecklinge erzeugt werden, was
30 % der EU- und
25 % der Weltproduktion entspricht. In
1.500 Weinbaubetrieben mit fast
20.000 Hektar werden
80 Millionen Flaschen pro Jahr
erzeugt.
Die Weinberge erstrecken sich über eine hügelige Landschaft auf 100 bis 350 Metern Meereshöhe mit häufig terrassenähnlichen Strukturen. Die Rebstöcke stehen ganz überwiegend auf Böden mit Mergel und Sandstein, der manchmal tonig ist, oder auf Schotter. Fast immer haben sie eine dünne Auflage aus Humus und einen sehr kalkreichen Untergrund. Das Mikroklima wird fast überall durch die mediterrane Luft aus dem Süden bestimmt, die Kette der Julischen Voralpen schützt vor kalten Winden aus dem Norden. Im Norden des Gebiets werden eher Weißweine hergestellt während sich die südlichen Lagen in Richtung Adria ideal für kräftige Rotweine eignen.
Passend zu den hervorragenden
Weinen bietet das
Friaul eine
vielfältige Küche: Von der Fischspezialität Boreto a la graisana über die karnischen Cjarsons zum friaulischen Frico. In
Friaul Julisch Venetien verschmelzen
drei große kulinarische Traditionen:
der slawischen, der venezianischen, der mitteleuropäischen, die der
Vielfalt der Landschaften, des
Klimas und der unterschiedlichen
Bevölkerung entsprechen.
Jedes Gericht ist
mit seinen unverfälschten
lokalen Erzeugnissen einzigartig. Halb
habsburgisch, halb
slawisch präsentiert sich die
Triestiner und Görzer Küche. Grundzutaten der
karnischen Küche sind Kräuter, Früchte und Pilze, die
friaulische ist kräftig und unverfälscht. Nicht zu vergessen die
Spezialitäten des
Meeres, an denen hier kein Mangel herrscht.
Aus dem Gebiet Colli Orientali del Friuli kommen zwei der berühmtesten süßen italienischen Weißweine her, die – wäre ihr Bekanntheitsgrad höher – auf der Weltbühne der edelsüßen Weine (wieder) eine Hauptrolle spielen könnten: der Picolit und der Ramandolo.
Picolit
Picolit ist die
einzige Rebsorte, die unter der
Colli Orientali del Friuli Picolit D.O.C.G. für die
Herstellung süßer Weine zugelassen ist. Rund
130 Hektar sind mit ihr im Gebiet
bestockt.
Einst wurden die süßen Weine dieser Rebsorte in den
Palästen der
Fürsten und
Kardinäle kredenzt –
bekannt ist seine
Auflistung bei einem
Fest des
Dogen von Venedig Alvise Contarini im
17. Jahrhundert. Im nächsten Jahrhundert
verbreitete sich der
Picolit in großen
grünen Flaschen aus
Muranoglas in
Paris,
London, Amsterdam und
St. Petersburg: Der geschäftstüchtige
Graf Asquini di Fagagna hatte etwa um
1830 herum
erkannt, dass aufgrund des
hohen Restzuckergehalts der
Wein auch bei
längeren Transporten stabil blieb, was ein damals großes
logistisches Problem löste. Also
kursierte der Wein, der nun nach der
Anleitung des
Grafen und späteren Kardinals
ausgebaut wurde, in halb
Europa und wurde am
Hof der Kaiser,
Könige und
Päpste gerne
getrunken.
Nach dem
Tod des
Grafen ging die
Nachfrage zurück und die Rebe
drohte durch die
Reblaus auszusterben, wurde dann aber
Ende des 19. Jahrhunderts von dem
Winzer Giacomo Perusini in der
Gemeinde Corno di Rosazzo in der
Provinz Udine neu anzüchtet.
Der Name Picolit leitet sich möglicherweise von seinen kleinen Beeren ab oder von dem Ausdruck Pecol oder Picol im friaulischen Dialekt, der auf die reduzierte Größe des Stiels hinweist. Da die Rebe rein weiblich ist, werden die Weinberge oftmals gemeinsam mit Verduzzo Friulano bestockt, um die Befruchtung sicherzustellen, dennoch bleibt diese oftmals aus. Obendrein ist die Sorte für verschiedene Krankheiten und für Verrieselung anfällig, so dass der Ertrag ungewiss und zumeist gering ist. Etliche Weingüter rodeten in den letzten Jahren ihre Picolit-Flächen zugunsten ertragssicherer Sorten.
Nach dem
Disziplinar des
D.O.C.G. ist der
Picolit mit mindestens
85 Prozent die
bestimmende Rebsorte im Picolit-Wein, die restlichen
15 Prozent sind alle
anderen zugelassenen weißen Sorten außer Traminer. Die Art der
Herstellung des Picolit hat sich
über die
Jahrhunderte immer wieder
verändert und hing und
hängt auch
vom jeweiligen
Winzer ab. Eine
verbreitete Methode ist es, einen
Teil der
Trauben früh zu
ernten und auf
Strohmatten, in durchlöcherten
Holzkisten oder wie früher auf
Heuhaufen einige Wochen lang
trocknen zu
lassen. Dabei
verlieren die
Trauben fast
40% ihres
Gewichts. Der
andere Teil der
Trauben trocknet am Stock und erreicht bis zur
weit hinausgeschobenen Lese hohe Oechslewerte, für
bestimmte Geschmacksrichtungen hofft man sogar auf
Botrytis. Würde man stets die
Gesamtmenge spät vom Stock nehmen, bestünde nicht nur ein hohes
Verlustrisiko, sondern die
Säure wäre wohl so stark
zurückgegangen, dass der
Wein nicht mehr
genügend Struktur hätte.
Nach der Ernte bzw. der Trocknung werden die Trauben entstielt und einen oder mehrere Tage lang gemaischt bevor gepresst wird. Die Gärung erfolgt möglichst langsam in Holzfässern oder Stahltanks, teilweise wird auf Filtrierung verzichtet. Anschließend reift der Wein bis zu zwei Jahre in Barrique-Fässern aus Eiche oder Akazie. Er lässt sich im Holzfass übrigens Jahrzehnte lang lagern während sich die Qualität auf der Flasche manchmal nur wenige Jahre hält.
Mit den Links am Ende des Beitrags gelangen sie zu zwei Weingütern, die einen der besten Picolit-Weine von Colli Orientali del Friuli erzeugen: Azienda Vigna Petrussa und Dri Roncat.
Ramandolo
Ramandolo ist eine in aller Weinwelt bekannte und berühmte Marke, ein edelsüßer Wein aus der kleinsten D.O.C.G. Italiens und zugleich der ersten im Friaul. Rund 50 Hektar in den Gemeinden Nimis und Tarcento sind mit der Rebsorte Verduzzo Friulano bestockt. Die Weinberge liegen in etwa 250 bis 450 Metern Meereshöhe. Sie sind überwiegend nach Süden ausgerichtet und durch den Monte Bernadia vor den Nordwinden geschützt.
Ramandolo-Weine gibt es bereits
seit dem 17. Jahrhundert als
Süßweine. Man sagt, dass sie
seinerzeit von den
Bauern getrunken wurden, während die
süßen Picolit-Weine vom Adel bevorzugt wurden. Der Winzer
Giovanni Dri war hier einer der
wenigen, die
erkannten, wie
wichtig es ist, den
geografischen Ursprung zu schützen. Er
glaubte an das
Qualitätspotenzial und den
historischen Fundus des Gebiets und hat den
Anbau und die
Vinifizierung regelrecht
perfektioniert. Das war in
Zeiten, als die
einst weltberühmten Dessertweine aus dem
Friaul noch nicht wiederentdeckt waren. Schon
1984 ließ
Giovanni Dri die
Rebsortenbezeichnung Verduzzo auf seinen
Labels weg und
stellte die
Bezeichnung Ramandolo heraus.
Er war es, der durch seine
hochwertigen Edelsüßen die
friulanische Spezialität „
Verduzzo di Ramandolo“
weltweit bekannt machte.
1990 wurde das
kleine Gebiet als
Sub-Region im
Colli Orientali und als
D.O.C. anerkannt. Im Wesentlichen ist es
Giovanni Dri zu verdanken, dass das vergleichsweise winzige Gebiet
2001 sogar den
D.O.C.G.-Status erhielt. Das
Disziplinar begrenzt die
Gesamtmenge des Gebiets, so dass
jede Flasche eine
Rarität darstellt.
Ein Ramandolo D.O.C.G. ist nach dem Disziplinar immer ein reinsortiger Verduzzo Friulano – auch „Verduzzo giallo“ genannt – aus getrockneten Trauben. Die autochthone weiße Verduzzo Friulano ist eine spätreifende Sorte, wuchsstark und ertragskräftig. Die Beeren haben eine dicke Haut, die vor Regenschäden und Graufäule, vor allem aber vor der manchmal auftretenden, hier aber ungeliebten Botrytis schützt, die allerdings – anders als im ungarischen Tokaj und im französischen Sauternes – nicht in die Traube eindringt. Kehrseite der dicken Beerenhaut ist die enorme Freigabe von Tanninen wie man es nur von einer roten Traube kennt.
Mit dem nachstehenden Link am Ende des Beitrags gelangen sie zu dem Weingut, das einen der besten Ramandolo-Weine – und den authentischsten – von Colli Orientali del Friuli erzeugt: Dri Roncat.
Einst hatten die Picolit-Weine und später auch die Ramandolo-Weine den gleichen Rang wie Edelsüße von Château d’Yquem, wie Tokayer oder wie bestimmte Eisweine vom Rhein. In den letzten 60er und 70er Jahren erlangten Picolit und Ramandolo regelrechten Kultstatus. Seit 1991 gibt es zwar einen Zusammenschluss von über 30 Winzern als Amici del Picolit in der Associazione Picolit Savorgnano del Torre. Die wenigsten Weingüter der Region entwickeln jedoch Ambitionen, die Bekanntheit des Picolit oder des Ramandolo über Italiens Grenzen auszudehnen und seine alte Berühmtheit wieder herzustellen. Das erscheint umso unverständlicher als die Hochwertigkeit der meisten Picolit- und Ramandolo-Weine den großen Edelsüßen Europas mindestens ebenbürtig, wenn nicht überlegener ist, was nicht nur Aromatik, Geschmack und das Zusammenspiel mit der Säure angehen, sondern auch die frühe Genussreife, um die ihn ein Sauternes beneiden dürfte. Das immer wieder angeführte Zusammenspiel von kostenintensivem Anbau und Vinifizierung, sowie die kleinen Produktionsmengen dürfte bei steigender Nachfrage nach diesen Raritäten den Winzern letztendlich über die Reputation hinaus einkömmliche Renditen verschaffen.