An den vier Enden der Welt
An den vier Enden der Welt
Das Weingut Jürgen Ellwanger im Remstal:
Als Rotweinpionier in der Spitze der deutschen Qualitätsbetriebe
Wenn es so etwas wie eine Weindynastie gibt, dann gehört die Familie Ellwanger dazu. Nicht im Sinne von feudaler Macht oder hemmungslosem Reichtum, sondern als familiäre Kontinuität mit fachlicher Kompetenz und das auch nicht nur über Generationen, sondern über Jahrhunderte. Wir sind in Württemberg, dessen Wein bekanntlich Kenner trinken. Genauer gesagt, sind wir im Tal der Rems östlich von Stuttgart in der an Schorndorf angrenzenden Gemeinde Winterbach. Nördlich und südlich des Ortes erheben sich Hügel mit Obstbäumen und langgestreckten Weinbergen, durch die sich Wirtschaftswege ziehen.
In Württemberg, das immerhin mit 11.500 Hektar das viertgrößte Weinanbaugebiet Deutschlands ist, tickten die Weinuhren von jeher anders: Die regionale Traditionssorte Trollinger stand nie im Focus von Weininteressierten, galt sie doch mit ihrem Hellrot und ihrer Leichtigkeit als schlicht und ausdruckslos. Über Jahrzehnte prägten Genossenschaften das Bild und die Marschrichtung des württembergischen Weins. Es waren Zeiten, als die Ertragsreduzierung im Weinberg noch als Vergehen an der Natur angesehen wurde. Die einsetzende Qualitätsentwicklung vieler Einzelbetriebe blieb anfangs nahezu unbemerkt. Erst als das Engagement und Selbstbewusstsein einzelner Wengerter durch überraschende Auszeichnungen und Preise belohnt wurde, bemerkte die Weinwelt, dass im Ländle immer mehr Spitzenbetriebe Weine mit höchster Qualität erzeugten.
Die Jahrhunderte vergingen bei den Ellwangers mit Lieferungen an den Weinherren, dem Bau von Mauern in den Weinbergen, dem Durchzug der Reblaus, der Umstockung auf resistente Unterlagen und der Mitgründung der Genossenschaft in Großheppach, der heutigen Remstalkellerei, durch Johannes Ellwanger 1940. Weinbau betrieben die Ellwangers damals noch im Rahmen des üblichen landwirtschaftlichen Mischbetriebs. 1949 kaufte Johannes Sohn Gottlob das Gutsgebäude in der Bachstraße für ein selbstständiges Weingut. Danach brauchten die Zäsuren im Betrieb nicht mehr Jahrhunderte, denn schon Ende der 50er Jahre schlug Gottlobs Sohn Jürgen mit der Faust aufs Fass und stellte den gesamten Betrieb voll auf Weinbau um. Dabei wollte er von Anfang an nicht den massenhaften dropsigen Trollinger, sondern Qualität erzeugen. Mit Vehemenz stürzte er sich in die knochenharte Arbeit, immer mit der Vision, dass es auch im Remstal möglich sein muss, an die Spitze der deutschen Qualitätsbetriebe vorzurücken.
Die familiäre Tradition handfester Entscheidungen ging in einer Weise weiter, die eine besondere Bedeutung für das Weingut, für das Weinanbaugebiet Württemberg, aber auch für den deutschen Rotwein im Allgemeinen haben sollte: Jürgen Ellwanger setzte sich nicht nur in der Familie, sondern auch beim amtlichen Weinkontrolleur und den unwilligen Remstalherrschern von der Genossenschaft durch: Erstens neue Sorten, zweitens kleines Holz. Erstens - das waren Lemberger und Zweigelt, zweitens – das waren die Barriquefässer.
Die HADES-Gruppe wurde zur Keimzelle des 1991 gegründeten Deutschen Barrique Forums, einer Winzervereinigung, die sich der Pflege, Entwicklung und Perfektionierung des Barrique-Ausbaus widmet. 1995 trat Jürgen Ellwanger dem VDP bei, dem Verband der Prädikatsweingüter, und richtete sein Sortiment an den Klassifizierungen des Verbands aus. Auch die letzten Skeptiker waren schließlich beeindruckt, als 2006 das Weingut Jürgen Ellwanger beim Deutschen Rotweinpreis einen Doppelsieg errang mit den 2003er Jahrgängen des Lemberger HADES und Zweigelt HADES. Obendrein erhielt das Weingut den Deutschen Rotweinpreis auch in den beiden Folgejahren in den Kategorien Neuzüchtungen bzw. Lemberger. Stolz war Jürgen Ellwanger auch, als er 2008 als erstes Württemberger Weingut mit der besten Rotweinkollektion des Jahres im Eichelmann-Weinführer ausgezeichnet wurde.
Jürgen Ellwanger war auch der erste Winzer in Deutschland, der Ende der 1970er Jahre systematisch Zweigelt Reben pflanzte und daraus schon Wein machte, als die zwei Reihen Zweigelt im Versuchsweinberg der Remstalkellerei noch so vor sich hin standen. Auf den Zweigelt kam er durch Weinbaustudenten aus Österreich, die bei ihm ein Praktikum machten. Die ersten Setzlinge wurden aus Deutschkreutz im Burgenland gleichsam eingeschmuggelt und illegal im Weinberg versteckt, später erhielt er die Zulassung zum Versuchsanbau. Anfangs musste er wie die Winzer in Österreich allerdings die Erfahrung machen, dass Zweigelt grundsätzlich eher zu flachen und einfachen Weinen führt, denen jede Komplexität fehlt und die insofern dem Trollinger ähnelten. Erst bei drastischer Ertragsreduzierung, besonderer Pflege und individuellem Ausbau gelangten die Weine zu der Kraft, dem Extrakt und der Dichte, die sie für den Ausbau in seinen Barriques qualifizierte, womit er plötzlich Spitzenqualität mit Lagerpotenzial lieferte. Zur besseren Information der Kundschaft schrieb er nicht einfach nur Zweigelt auf die Etiketten, sondern Zweigelt-Rebe. Dank Zweigelt-Pionier Jürgen Ellwanger liegen inzwischen mehr als die Hälfte der etwa 110 Hektar in Deutschland mit Zweigelt bestockten Rebfläche in Württemberg.
Den Betrieb hat er längst an die nächste Generation weitergegeben: Jörg Ellwanger und seine Frau Sylvia führen das Weingut gemeinsam mit Jürgens jüngstem Sohn Felix. Jörg und Felix Ellwanger spielen nicht die jungen Wilden, die alles in Frage stellen und alles besser wissen. Sie sehen die Leistungen und die Leidenschaft ihres Vaters auch nicht als Bürde, sondern als Antrieb für eine von der Familientradition inspirierte Weiterentwicklung von Weinen höchster Qualität, die den großen Erfolg fortsetzen sollen. Dabei fungiert Jörg als Kellermeister während sich Felix um den Vertrieb kümmert. Jürgens Sohn Andreas gründete im nahen Grunbach das Weingut Doreas, das er gemeinsam mit seiner Frau Dorothee Wagner-Ellwanger nach den strengen ECOVIN-Richtlinien bewirtschaftet und besonders Erfolge mit seinen edelsüßen Weinen erzielt. Ein anderer Betrieb des Familienzweigs Ellwanger ist der von Bernhard und Sven Ellwanger in Weinstadt-Großheppach, der seinerzeit als erste im Remstal den Muskat-Trollinger wiederbelebte. Zum 500jährigen Jubiläum des Weinbaus von Familie Ellwanger komponierten die drei Weingüter eine Magnum-Cuvée aus dem Jahrgang 2011: Zweigelt von Jürgen Ellwanger, Merlot von Doreas und Lemberger von Bernhard Ellwanger, dazu ein kleiner Schuss Syrah.
Die Weinberge des Weinguts Jürgen Ellwanger verteilen sich wie regional üblich auf Dutzende von Parzellen in fünf Ortschaften im Umkreis von mehr als zehn Kilometern: In Winterberg befindet sich die Lage Hungerberg, in Hebsack der Lichtenberg, in Schorndorf der Grafenberg, in Grunbach die Lage Klingle, in Schnait/Beutelsbach befinden sich die Lagen Altenberg, Sonnenberg und Burghalde. Jede einzelne Lage unterscheidet sich durch Boden und Mikroklima, so dass die Lagenweine ein individuelles Terroir präsentieren. In den meisten Lagen findet man Keuperböden, die den Rotweinen mineralische, erdige Komponenten mitgeben. Daneben gibt es Mergel mit Buntsandstein oder Löss, was fruchtige Noten hervorheben kann. Vereinzelt trifft man Muschelkalkböden und starke Keuperverwitterung oder Böden mit vulkanischen Bestandteilen. Die trockenen und langen Sommer des letzten Jahrzehnts ermöglichten den Trauben überall eine volle physiologische Reife und bei später Ernte eine gezielte Nutzung des Abbaus der Säurespitzen.
Der Qualitätsanspruch von Familie Ellwanger beginnt im Weinberg. Hier setzt man auf naturnahe Methoden mit Anlehnung an die Biodynamik und kümmert sich penibel um jeden Rebstock, insbesondere seine Wasserversorgung und Gesundheit. Jürgen Ellwanger war auch insoweit vielen Winzerkollegen voraus, als er die Rebzeilen begrünte, um die Stöcke natürlich zu düngen. Während der Vegetationsphase wird gnadenlos ausgedünnt und ein niedriger Ertrag akzeptiert, der dann die Chance auf dichte, extraktreiche Weine höchster Qualität eröffnet. Gelesen wird per Hand mit strenger Selektion. Im Keller treffen traditionelle Verfahren auf modernste Technik und innovative Ideen, die mit viel Zeit und Geduld umgesetzt werden. Die Weine werden in ihrer Entstehung konstruktiv begleitet und gepflegt, nicht erfunden oder komponiert wie vielerorts. Wenn Jürgen Ellwanger nach hochtrabenden Philosophien seines Weinmachens gefragt wird, hat er eine eindeutige Antwort parat: „Wein verhält sich wie ein Edelstein: Je mehr daran geschliffen wird, desto weniger ist er wert“. In Übrigen war es für ihn schon immer wichtig, wie er sagt, „über den Tellerrand zu blicken.“
Auch wenn sich Jürgen Ellwanger einst so leidenschaftlich für den Holzeinsatz bei der Rotweinerzeugung engagiert hat, weiß er doch, dass nur Weine, die bereits vorher grandios sind, im Eichenfass zur Sensation werden können. Die Barriqes sind sozusagen eine Belohnung für die Weine, die sich im Keller bis dahin schon besonders angestrengt haben. Holz wird also behutsam und bedächtig eingesetzt, nicht etwa, um Schwächen des Weins mit Holztönen zu überdecken. Nach der Abfüllung ruhen die HADES-Weine noch zwei Jahre oder länger in dunklen, schweren Schlegelflaschen.
Im November 2017 eröffnete Familie Ellwanger das neue 800 Quadratmeter große Kelterhaus am Winterbacher Ortseingang, das drei Jahre lang ganz nach ihren Wünschen und Träumen gebaut wurde. Es ist unterirdisch direkt mit den weiterhin benötigten alten Kellern unter dem Weingut verbunden. Äußerlich imponiert der Neubau durch seine außergewöhnliche Architektur. Er hat die ortstypische Gebäudeform eines Satteldachhauses im Wengerter-Stil. Die Giebelwände präsentieren sich im edelsachlichem Grau von Sichtbeton, die Seitenwände und das Dach sind mit einer Cortenstahlfassade überzogen, die mit fortschreitender Witterung ihre charakteristische Rost- und Verwitterungspatina erhält, was den Gebäuden allerdings oftmals die liebevolle Bezeichnung Rostlaube einbringt. Im Innern des Gebäudes herrscht allerneueste Technik vor, so wird beispielsweise mit digital temperierter Vergärung und Schwerkraft gearbeitet. Die Weine lagern im Weißweinkeller oder im gläsernen Holzfasskeller. Durch das große Panoramafenster an der Straßenseite kann man den Ellwangers manchmal bei der Arbeit zuschauen.
Das Weingut Ellwanger ist seit langem in der Liste der 100 besten Weingüter Deutschlands aufgeführt, vom Land Baden-Württemberg wurde es als Genussbotschafter ausgezeichnet. Die Rotweine von Ellwanger gehören zu den hochwertigsten in Deutschland. Auszeichnungen, Prämierungen und Preisverleihungen sind nahezu unzählbar. Zuletzt bekam Familie Ellwanger für den 2013 Hebsacker Lichtenberg Lemberger den Meininger Rotweinpreis 2016 in der Kategorie Lemberger trocken während der 2013 HADES Nikodemus den 3. Platz in der Kategorie Sortenvielfalt trocken belegte. Ebenfalls 2016 landete der 2012 HADES Nikodemus trocken beim Deutschen Rotweinpreis 2016 auf dem 1. Platz in der Kategorie Cuvée. 2017 siegte der 2013 Hebsacker Lichtenberg Lemberger in der Kategorie Publikumswein des Jahres bei der Falstaff-Trophy. Die einschlägigen Weinführer verteilen seit Jahren Höchstmengen an Trauben (Gault Millau) und Sternen (Eichelmann).
Wir konnten sechs Weine vom Weingut Jürgen Ellwanger verkosten.
Schorndorf Riesling 2017 VDP.Ortswein
Im Glas präsentiert sich der Wein in einem klaren Weißgold. Er sendet fruchtige Aromen von grünen Äpfeln, Limetten und einigen Aprikosen aus und lockt mit einer duftig kühlen, aber energiegeladenen Frische. Am Gaumen zieren sich die Fruchtnoten nicht lange, sondern treten offensiv auf – zu den Bukett-Aromen kommen jetzt rote Grapefruit und kleine Mangoscheibchen und eine zarte Mineralik hinzu. Die Säure ist recht aktiv und fängt die fruchtige Restsüße, die in Richtung halbtrocken ausbrechen will, so geschickt ein, dass der Wein geschmeidig in ein saftiges und langanhaltendes Finish geht. Der Schorndorf Riesling 2017 VDP.Ortswein ist überraschend extraktreich und energisch, seine Fruchtigkeit hat Rückgrat und Struktur. Ein kraftvoller Jungspund mit leichten 11,5 Volumenprozent Alkohol, der ordentlich gekühlt die Trockenfraktion auf der Sommerterrasse begeistern wird. Man kann ihn sich auch oder zu einem gut gewürzten Redsnapper-Filet vom Grill oder etwas unkonventionell zu Königsberger Klopsen vorstellen.
Beutelsbacher Altenberg Riesling Trocken VDP.Erste Lage 2017
Die Lage Altenberg liegt südöstlich von Beutelsbach, wenige Kilometer von Winterbach entfernt. Die Parzellen von Jürgen Ellwanger sind als VDP.Erste Lage klassifiziert. Sie richten sich nach Süden bis Südwesten aus und liegen auf rund 340 Metern Meereshöhe mit deutlicher Hangneigung. Das Terrain wird von buntem Mergel beherrscht.
Im Glas entwickelt sich langsam, aber stetig ein schneidig klares Bukett mit kühler Frische und konzentrierter Dichte. Grüne und gelbe Äpfel sind dabei, frühreife gelbe Pflaumen und kleine Zitrusnoten. Überall schweben zarte Blütenträume und würzige Nuancen herum. Über die Zunge fließt ein kristallklarer Rieslingbach mit leicht süßlicher Süffigkeit, guter Würze und exotischen Fruchtnoten mit Melone, Zitrus und einem Hauch von Litschi. Die freundliche Säure stützt einen fruchtigen, sanft mineralischen Abgang. Seine fokussierte, fein-süßliche Substanz lässt uns noch lange und begeistert herumschmatzen. Ein vollmundiger, gut ausbalancierter, zuweilen sogar komplex erscheinender Riesling mit elegantem Remstal-Charakter.
Merlot Rosé trocken 2017 VDP.Gutswein
In der glasklaren Flasche ebenso wie im Glas funkelt es lachsrot und kristallklar. Animierend verströmt der Rosé seine fruchtig-blumigen Aromen von Roten Johannisbeeren, Erdbeeren und Brombeeren, dazu ein rot-rosa Potpourri von Hecken- und Strauchrosen. Am Gaumen kommen dezent und kühl-frisch vielfältige Töne von Himbeeren, Stachelbeeren und ein Hauch von Orangen und Holunder zum Vorschein. Das ist kein Drängler, sondern ein vornehmer Fruchtspender, der mit verhaltener Säure und schöner Würze im Finale zu guten Taten auffordert. Ein Gute-Laune-Wein für jeden schönen Tag. Sie können ihn auch zu Penne-Pasta mit gebratenen Scallops oder einem Salat Niçoise servieren.
Hebsacker Lichtenberg Lemberger trocken 2017 VDP.Erste Lage
Wir sehen im Glas ein lichtes Rubinrot mit violetten Reflexen. In der Nase beeindrucken dichte und konzentrierte Aromen: ein gefälliges Brombeererlebnis, dazu reife Schwarzkirschen, getrocknete Pflaumen, Heidelbeeren und feine und pikante Gewürzaromen bis hin zu Vanille- und Ledertönen. Irgendwann schwebt auch ein winziger Duft von Veilchen aus dem Glas. Wir schmecken eine deutliche Heidelbeerrichtung, viel Kirsche, etwas Pflaume und eine spannende Würze mit einem winzigen Touch von weißem Pfeffer. Das Holz bleibt mit unaufdringlichen Röstaromen angenehm under cover, die Säure ist gezähmt, die Extraktsüße macht Druck und wird leicht mineralisch und erdig umrahmt. Die körnigen Tannine sind noch jugendlich ungeduldig, sie vertiefen kernig die Frucht und die übrige Aromatik. Im aromatischen Finale hält sich lange ein herrlich herbfruchtiger Touch mit etwas Bitterorange und Schokolade. Nach zwanzig Minuten im Glas wirkt der Wein übrigens noch gediegener und reifer – öffnen Sie die Flasche daher eine Stunde vor der Verkostung. Das ist ein Spitzen-Lemberger im Ranking der deutschen Anbaugebiete: fruchtige, saftige Kraft in einem runden Körper mit markanter Struktur. Er hat einen ausgesprochen individuellen Charakter, der sich nicht irgendwo unter die ehrwürdigen Remstaler Lemberger einreiht, sondern mit einem modernen burgenländischen Blaufränkisch-Stil kokettiert. Genießen Sie ihn zu einem Hasenbraten aus dem Rohr oder zu einem klassischen Rinderschmorbraten.
Nikodemus trocken 2016
Im Glas strahlt er in einem tiefdunklen Rot mit violetten Reflexen. Er macht fast süchtig, was das Schnüffeln angeht: Welch Intensität der Aromen, welch fein verwobene Fruchtnoten, welch Duftigkeit von dunklen Kirschen bis hin zum Typ Amarena, dazu Brombeeren, Heidelbeeren, Preiselbeeren und reife Zwetschgen. Auch die zarten Kräuter und Gewürze möchten in der Nase mitmischen, von dem fein zerstäubten Mineralnebel ganz zu schweigen. Vom Eichenfass weht ein angemessen rauchig-röstiger Hauch herüber. Im Mund verwöhnt der Wein die Zunge mit Kraft und Dichte aus den vielfältigen Bukett-Aromen, dazu Schwarze Johannisbeeren, Süßholz, ein kleines Stückchen Zartbitter-Schokolade und eine minimale Prise Schwarzer Pfeffer. Das Holz lockt mit schönen vanilligen Röstaromen, bleibt aber ein dezentes Hintergrundgeräusch. Im cremigen, langen Abgang gibt sich die Säure gelassen und baut mit den voluminösen Tanninen einen temperamentvollen Spannungsbogen auf. Ein Wein mit geheimnisvoller Komplexität, mit viel Stoff, Struktur und Extrakt und einem ausdrucksstarken Körper. Kurz gesagt: ein Wein von verführerischer Anziehungskraft, einer, mit dem man endlich einmal wieder angeben kann. Aber das war ja wohl klar: Wer, wenn nicht Familie Ellwanger, kann Barrique. Reichen Sie ihn zu Frenched Racks vom Weidelamm oder zu einem Hirschgulasch mit Thüringer Klößen.
Zweigelt-Rebe trocken 2016
Ein erfolgreicher Zweigelt in der Flasche setzt voraus, dass die Zweigeltfrucht durch ein ordentliches Gerüst gestützt wird. Er darf nicht durch zu lange Maischestandzeiten gerbstofflastig werden und muss nach der Gärung viel klare Frucht und Struktur haben, damit er das Barrique überhaupt verträgt und die Aromen nicht in der Holz- und Tannindosis untergehen. So mancher Wein wird in dieser Hinsicht nur dadurch gerettet, dass der Zweigelt ein viel breiteres Aromenspektrum bietet als ihm nachgesagt wird. Solche Probleme hat Jürgen Ellwanger schon lange im Griff: Zum einen fördert das Alter seiner Zweigelt-Stöcke die Konzentrationen in der Traube, zum anderen hat er wie nur ganz wenige Winzer in Deutschland den Ausbau des Zweigelt im Barrique perfektioniert. Wenn der Wein dann noch einer ist, den seine Herkunft mit einer zarten Mineralik versorgt hat, ist er schon ganz oben auf dem Treppchen angelangt. Dann sind auch diejenigen verblüfft, die ihn hochmütig als lokale Spezialität belächelt haben.
Die Hochwertigkeit des HADES Zweigelt-Rebe trocken 2016 begann damit, dass im Weinberg der Ertrag um 50% reduziert wurde auf 40 Liter je Ar. Die Trauben gärten über drei Wochen in der nicht abgedeckten Maische. Der Wein reifte rund zwei Jahre in neuen 228-Liter-Barriques bis er unfiltriert abgefüllt wurde. Der Wein imponiert im Glas durch seine glanzvolle, tiefrote Farbe mit violetten Randreflexen. Er kündigt sich mit einem herrlich süßlich-würzigen Bukett an voller dunkler Beerenfrüchte, Schwarzkirschen, Backpflaumen und etwas Mokka nebst Vanille. Dazu gibt es kleine Düftchen aus dem Gewürzschränkchen zum Beispiel von Thymian und buntem Pfeffer. Schon in der Nase wirkt der Wein energisch und komplex. Am Gaumen führt der er Fülle und Frucht mit einer druckvollen Lebendigkeit zusammen. Das nuanciert wahrnehmbare Bukett-Spektrum wird geschmacklich noch verfeinert durch eine dezente Verbindung leiser Töne von aromatischen Gewürzen, von Tabak, Kaffee und Leder. Würzige Barrique-Noten und kraftvolle Tannine ohne jede Aggression begleiten einen saftigen Abgang. Ein jahrgangsmäßig noch junger Wein, der schon jetzt durch seine Machtfülle und die wunderbare Verbindung von dichter Struktur und Finesse beeindruckt, aber auch noch eine spannende Zukunft vor sich hat. Geben Sie ihm beim Genuss Zeit und Luft, dann bedankt er sich mit einem magischen Zweigelt-Erlebnis. Wenn es unbedingt ein Speisenpairing sein muss, dann erfreuen Sie sich und ihn mit einem pikant-süßlich gewürzten Lammbraten aus dem Ofen.
22. Februar 2019
Fotos einschließlich Flaschen-Fotos: © Weingut Ellwanger
Label-Foto: © D.R.
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