An den vier Enden der Welt
An den vier Enden der Welt
Der BIOweinbau Müllner in Dürnleis im Weinviertel: Qualität, Regionalität und Natur in jeder Flasche
Das Weingut mit der Landwirtschaft ist seit über 170 Jahren im Besitz der Familie Müllner. Der jetzige Inhaber Wolfgang Müllner hat es als ältester Sohn von seinen Eltern übernommen, während der jüngere Christian zum landwirtschaftlichen Dienstleister Maschinenring gegangen ist. In der Landwirtschaft werden neben Kartoffeln und Getreide auch Kürbisse und viele Gemüsesorten angebaut. Man kann leckere Delikatessen ab Hof kaufen, darunter Marillenkompott, Kürbiskonfitüre, eingelegte Zwetschen oder das berühmte Müllner-Kürbisöl. Selbstverständlich gibt es auch selbst gemachte Schnäpse und Fruchtsäfte.
Biologisch wirtschaftet der Betrieb sowohl im Weinbau als auch in der Landwirtschaft seit 2007 – mit dem Jahrgang 2010 wurden die ersten Weine abgefüllt, die von biologisch angebauten und biologisch vinifizierten Trauben stammten. In den Weingärten werden Humusaufbau, Bodenstruktur und Kleinlebewesen mit gezielter Begrünung gefördert. Hier wie im Keller werden nur Hilfsmittel verwendet, die zur „kontrolliert integrierten Produktion“ zugelassen sind. Mit der Hinwendung zum Bioweinbau hat man der über Generationen geprägten Tradition im Hause Müllner nicht nur eine zeitgemäße, sondern eine zukunftsbezogene Richtung gegeben. Qualität, Regionalität und Respekt vor der Natur sind jetzt vereint und werden in jeder Flasche weitergegeben.
Wir konnten elf Weine und zwei Frizzante vom BIOweinbau Müllner Dürnleis verkosten.
Grüner Veltliner trocken 2018
Das ist der universelle Gutswein vom Grünen Veltliner – bio und vegan wie alle Weine von Familie Müllner. Im Glas sehen wir einen strahlend hell- bis grüngelben Wein, der feine Aromen spendiert. Es sind die verlässlichen Veltliner Richtungen mit einer schönen Fruchtigkeit von grünen Äpfeln, grünen Birnen, etwas Grapefruit und etwas Futuro-Melone. Auch den Hauch vom weißen Pfeffer und von grünen Pflanzen braucht man nicht zu vermissen. Im Mund turnt ein spritziger Grüner Veltliner ohne Schnörckel herum mit den Aromafrüchten und den sortentypischen, pikanten Würz-Noten und einer vegetabilen Abrundung. Im gradlinigen Abgang kommt eine kleine Spur Zitrus hinzu. Das ist der frische, klare und lebendige Wein für alle flüssig zu begleitenden Gelegenheiten.
Riesling trocken 2018
Ein reinsortiger Riesling aus dem nördlichen Weinviertel ist eine spannende Sache. Er duftet anders als deutsche Mosel- und Rheinrieslinge nicht so speziell nach Zitrus und weißem Pfirsich. Hier geht es eher österreichisch fesch zu mit reifen gelben Früchten und exotischen Anklängen. So reicht das Duftspektrum von reifen gelben Birnen, Limetten, Goldkiwis und Litschis bis zu weißen Blüten. Wir schmecken dann aber doch noch auf der Zunge Weingartenpfirsich, der aber eben nicht im Vordergrund steht, sondern sich die Fruchteindrücke am Gaumen mit gelben Äpfeln, Limetten und Zuckermelonen teilen muss. Die geschliffene Säure eskortiert den Wein in ein langes Finish, in dem mineralische Kalkstein-Komponenten gut zur Geltung kommen. Es ist der erfrischende Riesling, der mit einem lebendigen Körper und Anklängen von Eleganz lockt. Auch dieser Wein passt zu jeder Zeit und Unzeit.
Die Gelbe Muskateller Rebe stellt sich in trockenen und warmen Lagen gut auf die Böden und das pannonisch beeinflusste Klima im Norden des Weinviertels ein. Sie bietet in solchen Lagen mit ihrer späten Reife auch relativ sichere Erträge an, sofern man „verrieselungsreduzierte“ Klone pflanzt und die Rebstöcke mit hoher Pflegestufe betreut.
Der strohgelbe Wein tritt mit intensiven Aromen auf, vor allem mit Holunderblüten, weißem Flieder, leichten Tönen von Weintrauben und der schönen Muskatwürze, die durch Spuren von Anis und Orientgewürzen unterstützt wird. Am Gaumen sind wir überrascht von der Herbfruchtigkeit, die perfekt zu einem trockenen Ausbau passt und nicht die übliche süßlich-süffige Begegnung mit ausgereiztem Restzucker aufdrängt. Eine klitzekleine Gerbsäure sorgt für einen wohlstrukturierten Muskateller, der gleichwohl nicht neutralfruchtig ist, sondern noch im Finale Töne von Trockenfrüchten, Blüten und Würze liefert. Die unterstützende, glänzend ausbalancierte Säure gibt dem Wein eine ordentliche Eleganz mit. Der ist der ideale Animator für den Beginn oder den Abschluss eines netten Abends.
2018 Chardonnay halbtrocken
Ein halbtrockener Ausbau wie bei Familie Müllner hat einen unwiderstehlichen Charme. Das Bukett duftet nach Mandeln und Nüssen, Äpfeln, Quitten und Veilchen. Am Gaumen stellt sich schnell ein guter Trinkfluss ein, der mit verspielter Fruchtigkeit und samtiger Frische imponiert. Eine angenehm runde Säure, eine schöne mineralische Tönung, einige winzig kleine Gerbstoffe und ein delikater Schmelz machen einfach Spaß. Feinfruchtig und saftig hält der Wein sich mit ganz feiner Süßlichkeit im Abgang. Das ist ein Chardonnay mit einer klassischen, burgundischen Stilistik, der das Terroir des nördlichen Weinviertels frisch und elegant verkörpert. In seinem freundlichen, halbtrockenen Format bindet er die schöne Restsüße cremig ein. Er ist der unkomplizierte Begleiter zu jedem Anlass, aber auch zu einem Red Snapper Filets vom Grill oder einem Kalbsnierenbraten.
Gemischter Satz trocken 2018
Wir genießen sogleich die vielfältigen, intensiven Aromen von Äpfeln, Aprikosen und gelben Blüten. Eine feine, pikante Würze und eine mineralische Nuance duften herum und werden von einem überaus dezenten Hauch von Muskat begleitet. Die Zunge streckt sich nach der leichten, eleganten, stoffigen Saftigkeit mit einem komplexen Fruchtpanorama und einer gut untergebrachten runden Säure. Die wird im Finish von einer dezenten Fruchtsüße und einem leichten mineralischen Nachhall begleitet. Eine trinkfreudige, vielschichtige Cuvée mit viel Substanz. Einschenken und Spaß haben, so schön kann das Weinviertel sein.
Weinviertel DAC Ried Antlasberg 2018
Dementsprechend zeigt der Grüne Veltliner auch alle Eigenarten des regionalen Terroirs. Es beginnt mit herrlichen, intensiven Bukett-Aromen von gelben und grünen Äpfeln, Pfirsichen, Mirabellen, Grapefruit, Mangos und etwas Vanille. Dann schmatzen wir auf vielfältigen zarten Noten herum: grüne Äpfel, Birnen, Mandeln, Nüsse, Ananas, Wiesenkräuter, einige Zitrusfrüchte. Die berühmt-berüchtigte Pfeffernote, die der Rebsorte nachgesagt wird und die so verbreitet ist, wirkt hier äußerst sparsam, was für die Hochwertigkeit dieses Grünen Veltliners spricht. Die Säure ist lebhaft und harmonisiert hervorragend mit der fülligen Frucht und einer dezenten Süßlichkeit, was alles zusammen den langen Abgang stützt. Das ist ein charmanter, ausdrucksvoller Wein, saftig, gut strukturiert und sehr erfrischend, den wir ungern vom Gaumen lassen. Servieren Sie ihn zu einem klassischen Hendl vom Grill oder zu knusprigem, gut gewürztem Schweinsbraten.
Die Ried Warth hat im Gegensatz zur Einzellage Antlasberg nicht das Privileg einer Kessellage. Sie erstreckt sich am südlichen Ortsrand von Dürnleis, wo alle Straßen und Wege aber nicht mehr Dürnleis, sondern Kammersdorf heißen. Hier brachte die Sommerhitze von 2018 die Rebstöcke nicht so zum Glühen wie im Mailberger Kessel, sie bescherte gleichwohl eine der frühesten Weinlesen seit Jahrzehnten.
Der Wein glänzt in einem hellen Goldgelb im Glas und öffnet sich in der Nase langsam und distinguiert. Er stürmt nicht los wie der Grüne Veltliner vom Antlasberg, sondern duftet höflich mit einem breiten Spektrum an Veltliner Frucht- und Würznuancen, in denen sich die Pfeffrigkeit ganz weit im Hintergrund hält. Im Mund geht es deutlich offensiver zu. Hier rangieren ganz klar die vegetativen Noten vor den fruchtigen. Frisches grünes Gras und grüne Pflanzen sind als primäre Primäraromen angesagt, erst dann kommen die grünen Äpfel, die grünen Birnen, die jungen Stachelbeeren und ein kleiner Hauch von Pfirsich. Die Säure ist aktiv, aber nicht aufdringlich, die mineralische Abrundung ist passgerecht und lässt den pflanzlichen und fruchtigen Noten im Abgang viel Platz. Das ist ein äußerst spritziger, gradliniger DAC Riedenwein, der mit sanftem Druck, Finesse und vornehmer Eleganz auftritt. Er passt gut zu einem Kürbisrisotto oder einer Forelle an Meerrettichsoße.
Das ist ein Wein, bei dem man kaum zum Trinken kommt, weil man endlos an seinem Bukett rumschnüffeln möchte. Was immer da in die Nase drängelt, alles tritt intensiv und langanhaltend auf. Wir laben uns sensorisch an der Süßlichkeit von Waldhonig, den Düften eines großen exotischen Obstkorbs und an der pikanten Würze eines Chutneys. Dann geht es doch schlückchenweise weiter mit einem voluminösen Schwung und einem flotten Tänzchen auf der Zunge. Die reife Fruchtigkeit von tropischen Früchten und reifen Steinobstnuancen verbündet sich mit der dezenten Säure und der feinen Mineralik im langen, süchtig machenden Finish. Der Reserve könnte als reifer, großer Bruder des 2018 Chardonnay halbtrocken durchgehen. Es ist ein äußerst extraktreicher, komplexer Chardonnay, dessen gehaltvolle Opulenz aber nicht verwechselt werden darf mit der bananig-buttrigen Neuen Welt Stilistik. Dieser Chardonnay Reserve halbtrocken ist und bleibt ein cooler Weinviertler und einer der Top-Chardonnays des Gebiets. Genießen Sie ihn als tollen, einschmeichelnden Sommerwein, als animierenden Aperitif oder zu asiatischen Gerichten, die mit einer einfachen Frühlingsrolle anfangen können.
Pinot Noir lebt von seiner Frucht, Säure, Finesse und Eleganz. Und manchmal auch von seiner leichten Zerbrechlichkeit, denn Pinot Noir ist ein Sensibelchen, das sich zickig anstellen, aber auch zur Hochform auflaufen kann. Dafür ist es wichtig, eine gewisse Frische in den Wein zu bringen und eine gewisse Säure zu erhalten.
Das ist Familie Müllner mit diesem trockenen Pinot Noir hervorragend gelungen, was belegt, dass man in Weinviertel auch Rotwein kann, und zwar sehr ordentlich. Anders als viele deutsche Spätburgunder beeindruckt der Dürnleiser Pinot mit seinem feinduftigen Aromenspiel und einer unbeschwerten Leichtigkeit am Gaumen. Im Bukett finden sich Anklänge von Waldboden, roten Blüten und schwarzem Tee. Er schmeckt ungemein lebendig mit einer saftigen Fruchtstruktur und Noten von roten und schwarzen Johannisbeeren und dunklen Kirschen. Auch winzige Spuren von Orangen und Marzipan tauchen auf. Im Abgang vermählen sich würzig-cremige Tannine und eine ganz zart rauchige Mineralität. Die feine Säure verschafft dem Pinot Finesse, eine verführerische Seidigkeit und Eleganz. Ein herrlicher Pinot Noir im burgundischen Stil, so unmanipuliert, wie die Natur es erlaubt.
Merlot im Weinviertel, das ist fast wie Nebbiolo an der Mosel. Aber es geht ja nicht darum, dem Merlot eine neue Heimat zu verschaffen, sondern unbekannte und neue Leidenschaften zu fördern, im Weinbau wie im Glas. Der Aufwand im Weingarten für die Merlot-Rebe ist immerhin beträchtlich, eine dichte Kontrolle der Reifung unerlässlich, strenge Selektion bei der Lese unbedingt erforderlich. Das alles lohnt sich allerdings nur, wenn auch Boden und Klima stimmen. Beim Klima helfen die pannonischen Streicheleinheiten und eine ideale Himmelsrichtung, beim Boden die sandigen Oberböden in der Umgebung von Dürnleis, durch die sich die Wurzeln in die nährstoffreichen Tiefen durchboxen. Im Hochsommer ist hier Hochofen-Hitze, was die Merlot Rebe liebt.
Im Glas zeigt sich der Merlot in einem dunklen Rubinrot mit violetten Reflexen. Er sendet Aromen von würzig unterlegten Beerenfrüchten aus, zu denen sich herbsüßliche Kräuter, etwas schwarze Kirschnuancen und ein Hauch von Waldhonig gesellen. Am Gaumen treffen die Bukettaromen auf eine überraschende Frische mit dezenter weicher Extraktsüße, einem Touch Zartbitterschokolade und einem Hauch von reifen Brombeeren. Dieser Merlot hat eine schlanke mineralische Anmutung, einen samtigen Tanninkern und ein straffes Finish. Ein bewundernswert vollmundiger Merlot, der den Weinviertel DACs auch mal die rote Karte zeigen möchte.
Zweigelt trocken 2015
Der Zweigelt ist bekanntlich eine Kreuzung aus Blaufränkisch und St. Laurent, die 1922 von Prof. Fritz Zweigelt in Klosterneuburg gezüchtet wurde. Mit Spannung werden derzeit übrigens Bestrebungen abgewartet, die Rebsorte im Hinblick auf die NS-Verbindungen des Rebzüchters in „Blauer Montag“ umzubenennen. Seit wenigen Jahren erst hat sich der Zweigelt vom massenhaften Glücksbringer zum anspruchsvollen Entdeckerwein gewandelt.
Frizzante
Der hellgelbe Schaumwein ist ein Gelber Musketeller. Im Glas ist er mit einer feinen, stabilen Perlage von der zugesetzten Kohlensäure zu besichtigen. Die sortentypische Duftigkeit von Weintrauben und Muskatsüße macht gleich gute Laune. Weiter geht es in der Nase mit einer zarten Blumigkeit von Lindenblüten, Holunder und weißem Flieder. Im Mund perlt eine saubere Fruchtigkeit über die Zunge mit Nuancen von weißen Pfirsichen, Litschis, Marillen, Ananas und Zitronenmelisse. Die feine, leicht pikante Säure und eine Spur Mineralität kleiden die Fruchtigkeit cremig und verspielt ein. Ein erfrischender, spritziger, äußerst süffig-saftiger Frizzante, der schon mit dem ersten Glas die Köpfe verdreht.
Frizzante Zweigelt Rosé
Mit einer hellen, glanzvollen lachsfarbenen Rottönung moussiert der Frizzante Rosé locker und einladend im Glas. Frische rote Früchte steigen in die Nase, flüchtige kleine Schwaden von Weichselkirschen lösen sich ab mit Walderdbeeren. Am Gaumen packen wir ein hübsches Obstkörbchen aus – viele Erdbeeren, einige Himbeeren und Kirschen. Eine punktgenaue Frische mit einem angenehmen dezenten Säurespiel prickelt über die Zunge und wird durch einen würzigen Hauch abgerundet. Ein finessen- und facettenreicher Picknick- und Sommerspaß, der auch gerne ein Lachscarpaccio oder fruchtig-herbe Beerendesserts begleitet. Bei der Niederösterreichischen Landesweinbewertung wurde der Frizzante Zweigelt Rosè als Finalist ausgezeichnet – eine großartige Anerkennung für Familie Müllner.
16.08.2019
Fotos: © Astrid Bartl/BIOWeinbau Müllner
Weingarten-Foto und: Flaschen-Fotos © BIOWeinbau Müllner