Dieses Jahr war ein ganz besonderes für die Region Prosecco in den italienischen Provinzen Venetien und Friaul: Prosecco wurde in der Kategorie „Kulturlandschaft“ von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt. Prosecco ist bei uns zumeist als der Billig-Schäumer aus dem Supermarktregal bekannt, dabei gilt Prosecco seit langem durch EU-Recht abgesichert ausschließlich als Herkunftsbezeichnung und nicht mehr als Sortenname. Die Rebsorte Prosecco (Prosecco Tondo) heißt Glera, die Rebsorte Prosecco Lungo nennt sich Glera Lunga. So gut wie unbekannt bei uns ist, dass es Prosecco nicht nur in sprudelndem Format, sondern auch als Stillwein gibt. Der Spumante wird zumeist nach der Charmat Methode in Tankvergärung erzeugt und steht mit rund 30 Millionen Flaschen jährlich nach dem Asti Spumante aus dem Piemont an zweiter Stelle der in Italien produzierten Schaumweine. Bei den wenigen mittels Metodo classico erzeugten Spumantes muss auf dem Etikett der Zusatz „rifermentazione in bottiglia“ (Flaschengärung) erscheinen.

Prosecco ist nicht nur mit den Orten und Bereichen Conegliano und Valdobbiadene verbunden, sondern kommt als DOC-Spumante auch der Region Treviso, südlich des Flüsschens Piave rund 30 Kilometer nördlich von

Venedig.

Die Provinz von Treviso, die noch heute oftmals mit dem alten Beinamen „Marca“ bezeichnet wird, ist durchzogen von den Flüssen Piave, Sile und Livenza und lädt ein mit Tälern und Flussauen, sanften Hügeln, grünen Feldern und dicht bewachsenden kegelförmigen Rebhügeln. Treviso ist die beschauliche Variante zu Venedig und eine Wein-Reise wert. Denn einige der berühmten alten herrschaftlichen Villen, die sich einst reiche Venezianer als Prachtbauten auf dem Festland bei Treviso bauten, beherbergen ein Weingut oder sind in liebevoll restaurierte Hotels oder Restaurants umgewandelt.

Eines der interessantesten Beispiele der Renaissance in Norditalien und der prächtigen Bauten mit Weinerzeugung ist das Schloss von Roncade mit der Villa Giustinian. Es liegt im Ortskern der Ortschaft Roncade auf einem riesigen Gelände mit einem wunderschönen Garten und ist von mittelalterlichen Mauern mit majestätischen Zinnen und vier imposanten Wachtürme umgeben. Um zur Villa Giustinian zu gelangen, geht es über den Hof an 30 leuchtend weißen, lebensgroßen Statuen venezianischer Wachsoldaten aus istrischem Stein, den sogenannten „Schiavoni“, vorbei. Girolamo Giustinian, ein Patrizier aus Venetien, ließ es 1508 von

Mauro Coducci, dem Architekten der auch den Glockenturm auf dem Markusplatz in Venedig erbaut hatte, nach dem Entwurf des zuvor zerstörten Anwesens errichten.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts starb der venezianische Zweig der Familie Giustinian aus. Da Schloss wurde von der aus dem Trentino stammenden Familie Ciani Bassetti gekauft, die mit ihrer Liebe zur venetianischen Kultur die Gebäude restaurieren und etliche Weinberge neu bestocken ließ. 1930 zog Freiherr Tito Ciani Bassetti ins Schloss Roncade und begann seinen Traum vom eigenen Weingut zu verwirklichen. Noch heute ist in dem Renaissancepalast die Zeit der Serenissima, der Durchlauchten stolzen Republik Venedig, spürbar.

Castello di Roncade bietet seit 1988 als luxuriöses Bed & Breakfast drei Ferienwohnungen mit Küche, zwei Einzimmer-Wohnungen in den alten Wachtürmen, eine fein eingerichtete Suite und zwei Junior Suiten in der Villa an. Auch wer hier nicht wohnt, für den lohnt der Besuch von Castello di Roncade allein wegen der geführten Rundgänge: Es ist eine rund einstündige Reise, die beim alten venezianischen Adel beginnt und im Weinkeller mit einer geleiteten Verkostung endet. Darüber hinaus werden die Villa und die Privatkapelle sowie der nahe Weingarten und das Fasslager besichtigt.

Castello di Roncade ist kein kleines Weingut, das sich wie ein romantisiertes Familienweingut erst emporarbeiten müsste: Mit bewirtschafteten 110 Hektar ist man schon weit oben angekommen, was die Betriebsgröße in Italien angeht. Deshalb wurde der Sitz des Betriebs nicht weit von hier in eine moderne Kellerei in Mogliano Veneto verlegt. Heute leitet Baron Vincenzo Ciani Bassetti, Dottore Agronomia und passionierter Winzer, zusammen mit Sohn Barone Claudio und Frau Baronessa Ilaria das Weingut.

Castello di Roncade macht Weißweine aus den Rebsorten Manzoni Bianco, Chardonnay und Pinot Grigio und den roten Sorten Raboso, Merlot und Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc und Malbek. Dazu kommen

mehrere Spumantes, darunter auch Prosecco. Die Weinberge befinden sich in der Gemeinde Roncade in den Regionen Pantiera und Teson, wo sich die ältesten Reben und auch die Weinberge befinden, aus denen Prosecco hergestellt wird. Das Terrain besteht hier überwiegend aus Lehm mit Caranto Substrat, einem vor allem in der Gegend von Venedig und der Tiefebene von Friaul vorkommenden Boden aus extrem kompaktem, schluffigen, sandigen Ton, der nahezu wasserundurchlässig ist, aber vielfach Kalksteineinschlüsse aufweist. Im Keller werden die Spitzenweine in französischer Eiche ausgebaut und schon mal bei Staatsereignissen wie dem Treffen zwischen Giscard d’Estaing und Staatspräsident Leone in Rom 1975 kredenzt.

Die Prosecco Palette reicht vom einfachen Frizzante über Extra Dry bis Brut, jeweils mit 100% Glera Trauben gekeltert. Wir haben die beiden Prosecco Spumante als herausragende Beispiele für den Prosecco Treviso DOC verkostet.

Prosecco Extra-Dry DOC Treviso 

Fein und stabil perlt dieser Extra Dry im Glas. Er sendet intensive fruchtige Aromen von grünen Birnen, roten Äpfeln, Grapefruit und reifen gelben Pflaumen mit einem Touch Pfirsich aus, zeigt aber auch leichte florale Anklänge von Akazienblüten und frischem Gras. Am Gaumen schmecken wir interessante Nuancen von Weißen und Roten Johannisbeeren, aber auch von jungen Stachelbeeren und einem Hauch von Mandeln. Im Finish imponiert seine elegante Saftigkeit, die immer wieder zum nächsten Schluck animiert. Der Prosecco Extra-Dry kommt leicht lieblich, aber nicht zu süß rüber, die Säure ist gut integriert und hält die Frische aufrecht. Ein leichter und angenehmer Begleiter zum Empfang, aber auch zu vielen Desserts.

Prosecco Brut DOC Treviso

Der wie auch der Extra Dry nach der Charmat-Methode hergestellte Brut funkelt im Glas mit einem hellen Strohgelb und erzeugt zu den Rändern hin grünliche Reflexe. Die Perlage ist fein mit anhaltender Mousse. Er duftet frisch und fruchtig nach grünen Äpfeln, Mandarinen und reifen gelben Pflaumen. Dazu kommen blumige Töne von Jasmin und Gerbera, aber auch vegetabile Richtungen mit frischem Gras im Morgentau und ein klitzekleiner Hauch von Minze. Im Mund treten die Apfelnoten wieder an, auch Zitrus und Weiße Johannisbeeren sind dabei. Sie treffen mit vielfältigen floralen Tönen zusammen. Die Fruchtigkeit ist schlank und harmonisiert schön abgerundet mit der gut untergebrachten Säure und einer kleinen Mineralik. Die Harmonie wird noch einmal im cremigen Abgang gut wahrnehmbar. Das ist ein vollmundiger, süffiger Prosecco, der so manche deutsche Flaschenvergärung weit übertrifft.