An den vier Enden der Welt
An den vier Enden der Welt
Das Weingut Clemens Busch in Pünderich: Mit Biodynamik, Visionen und dem Terroir der Mosel zu Welterfolgen
Im Grand Cru Gebiet der bei Pünderich beginnenden Terrassenmosel sind es nur wenige Meter zwischen den Riesling-Parzellen Fahrlay, Falkenlay, Raffes, Felsterrasse und Rothenpfad und dennoch liegen geschmacklich halbe Weinwelten dazwischen. Einst wurden diese kleinen Parzellen gedeckt vom Weingesetz von 1930 als eigenständige Lagen angesehen bis sie das Weingesetz 1971 zwangsweise in die Lage Marienburg überführte. Viele Winzer an der Mosel und anderswo sind im Besitz dicht beieinander liegender, aber geologisch und oftmals auch mikroklimatisch völlig unterschiedlicher Parzellen. Selten hat ein Winzer die Einzigartigkeit dieser Eigenarten so verinnerlicht und sie durch seine Weine so eindringlich erlebbar gemacht wie Clemens Busch. Es wird viel geredet und fantasiert über Terroir – Clemens Busch bringt es tatsächlich in jede Flasche. Mit jedem Glas seiner Weine ist es zu schmecken und das auf einem sensationellen Niveau. Er lehnt sich damit an das burgundische System an, das bei den Weinbezeichnungen nach Terroir (climat) unterscheidet, während man in Bordeaux die Domaine (Château) oder im Elsass die Rebsorte hervorhebt.
Seit 1802 ist urkundlich belegt, dass in der Familie Busch Weinbau betrieben wird. 1974 stieg Clemens Busch als fünfte Generation in den landwirtschaftlichen Gemischtbetrieb seiner Eltern ein, der Kühe, Schweine und Hühner hielt und nur zwei Hektar Rebfläche bewirtschaftete. 1978, drei Jahre nach dem ersten eigenen Jahrgang, stellte Clemens den von ihm so gehassten Herbizid-Einsatz ein und begann den Weinbau ökologisch auszurichten. Zehn Jahre später erbte er Weingut und Weinberge und baute zusammen mit seiner Frau Rita, die er als Winzertochter schon aus der Schulzeit kennt, einen ökologischen Betrieb auf, der sich inzwischen in der Spitzenklasse der Welt bewegt.
Damals staunten die Moselkollegen nicht schlecht, als sich Familie Busch zu leidenschaftlichen Ökowinzern entwickelte, denen die Schriften von Rudolf Steiner ebenso wichtig waren wie der Mondkalender. Sie animierten andere Ökobetriebe und wurden zu Gründungsmitgliedern des Bundesverbandes Ökologischer Weinbau (BÖW), dem heutigen ECOVIN-Verband. Inzwischen gehört das Weingut auch der biodynamischen Winzervereinigung „La Renaissance des Appellations“ des französischen Kultwinzer Nicolas Joly an. Darüber hinaus hat sich Clemens Busch dem Verband RESPEKT BIODYN angeschlossen. Längst wird er als visionärer Pionier und Missionar gewürdigt, der im Weinberg wie im Keller konsequent nach den Grundsätzen des biodynamischen und nachhaltigen Weinbaus wirtschaftet.
Inzwischen sind auch die beiden Söhne von Rita und Clemens im Weinbau angekommen. Der älteste Sohn Florian trug nach seinem Önologiestudium und einem Aufenthalt bei Greystone in Neuseeland und im australischen Frankland Estate entscheidend dazu bei, dass der gesamte Betrieb 2005 auf Biodynamik umgestellt wurde und mittlerweile von RESPEKT BIODYN und ECOVIN zertifiziert ist. Mit Florian durchbrachen Rita und Clemens übrigens die über Generationen im männlichen Familienzweig gepflegte Tradition, an den ältesten Sohn stets den Namen Clemens zu vergeben. Nach einigen Jahren im elterlichen Weingut ging Florian als Kellermeister zur Domaine d'Auphillac, einem der bekanntesten biodynamischen Weingüter Frankreichs in Montpeyroux im Languedoc. Hier traf er 2016 Paola Ponsich und eröffnete 2018 die Domaine Flo Busch in der berühmten Appellation Terrasses du Larzac, während Paola mit "Fleurs de Garrigue" einen Vertrieb für Kräuteröl, Sirup, Tee und aromatischem Wasser aufbaute. Johannes, der jüngste Sohn von Rita und Clemens Busch, ist nach dem Studium der Getränketechnologie in Geisenheim im elterlichen Keller gemeinsam mit seinem Vater als Kellermeister tätig.
Die bis zu 120 Jahre alten, teilweise sogar ungepropften Rebstöcke kleben wie Schwalbennester am Hang der Steillagen, die knapp 80 % Hangneigung in bis zu 230 Meter Meereshöhe erreichen. Hier wird die Arbeit zum Abenteuer und der Winzer nicht nur zum Bergsteiger, sondern im wahrsten Sinne des Wortes zum Hand-Werker mit Arbeitsstunden, die sich betriebswirtschaftlich kaum mehr vernünftig rechnen. Den Reben gefallen die Steillagen mit dem Schiefer, können sie sich doch ausgiebig sonnen und den Trauben aufgrund der Temperaturamplitude zwischen Tageshitze und Nachtkühle zum Ende der Vegetationszeit hin mehr Frucht und Aromen mitgeben, ohne dass die notwendige Säure schon schlapp macht. Die Rebstöcke strecken ihre Wurzeln tief durch den schroff felsigen Boden und holen sich Wasser, Nähr- und Mineralstoffe aus der Tiefe. Die Weinberge des Weinguts sind zu 99 % mit Riesling und zu einem Prozent mit Spätburgunder bestockt.
Bei der Pflege der Weinberge geht Familie Busch weit über die Regularien des biodynamischen und qualitätsorientierten Weinbaus wie Begrünung der Rebzeilen, intensive Laubarbeit und Ertragsreduzierung hinaus: Jegliche Düngung erfolgt ausschließlich mit natürlichen Produkten wie Tonmineralien, Teepräparaten oder pflanzlichen Extrakten wie Baldrian und Zitronenmelisse. Raubmilben werden nicht bekämpft, sondern gehören zur Schädlings-Task-Force. Thüringer Waldziegen helfen das Dickicht aus Sträuchern und Dornenhecken an den steilen Hängen zu tilgen und Platz für eine artenreiche Flora mit Wegwarte, Schafgarbe, Baldrian oder Brombeerhecken zu schaffen. Jeder Weinberg wird individuell im Rhythmus der Natur bewirtschaftet. Bei der manuellen Ernte selektiert man gnadenlos, wenn nicht ohnehin für die Beeren- und Trockenbeerenauslesen die Botrytistrauben einzeln gezupft werden müssen. Es kommt der Qualität der Luft in der Lage Marienburg entgegen, dass hier nicht wie sooft an der Mosel der Fernverkehr der Dieselloks vorbeirauscht, sondern selbst die als Kanonenbahn bekannte kleine Moselbahn über 450 Meter im Prinzenkopftunnel verschwindet.
Im Weingut werden alljährlich 100.000 Flaschen abgefüllt, der Schwerpunkt liegt bei den trockenen Weinen, die der Tradition der Mosel entsprechend niemals Zero-Weine sind, sondern stolz einen die herkunftstypische Fruchtigkeit garantierenden Restzucker vorweisen. Die Weine werden in mehreren Linien vermarktet. Ausgangspunkt ist die Klassifikation des Verbands Deutscher Prädikatsweingüter, VDP, in dem Clemens Busch seit 2007 Mitglied ist. Er macht Weine in den Qualitätsstufen Gutsweine, Ortsweine und Große Gewächse aus VDP.GROSSEN LAGEN sowie VDP.GROSSE LAGE „Reserve“. Die Spätlesen, Auslesen und edelsüßen Weine sind in die Linie der VDP-Prädikatsweine eingestellt. Maischevergorene und unfiltrierte Weißweine werden als Naturweine angeboten. Darüber hinaus werden auch zwei Sekte als Riesling brut und Spätburgunder brut nature gemacht.
Ob bei der Arbeit im Weinberg oder dem Ausbau der Weine im Keller, gerne und unangepasst macht Clemens Busch, was andere nicht machen. Und er macht es meist besser als andere, zumal er als Qualitätsfanatiker weiß, dass ein Wein eben nur so gut sein kann wie er gemacht wird. Von überdistinguierten Leuten an der Mosel wird er nicht selten als enfant terrible oder Rebell angesehen, aber das sind nur jene, die sich nicht aus dem Korsett festgefügter Usancen befreien können. Für die anderen ist er der Visionär und Leuchtturm. Er gehört jedenfalls unumstritten zur deutschen Riesling-Avantgarde und ist inzwischen zum Kult- und Kulturgut der Mittelmosel geworden. Clemens Busch macht Weine, die sozusagen die Referenz der Biodynamik an der Mosel und darauf angelegt sind, die Identität der Region zu bewahren. Die aufgrund der schmackhaften Abbildung des Terroirs hier und nur hier hingehören: ein unverwechselbarer, einzigartiger Stil, ein Alleinstellungsmerkmal könnte man sagen. Obgleich es höchste Zeit wäre, es endlich einmal als normal anzusehen, was Clemens Busch macht. Schließlich kommt an seinem Umgang mit den Ressourcen der Natur und am Stil seiner Weine niemand mehr vorbei.
Es ist Clemens Busch höchst selbst, der geniale Winzer, der mit silbergrauem Zottelhaar, spitzbübischem Lachen und ansteckender Begeisterung verbreitet, wie Wein im Einklang mit der Natur und in Demut vor ihr gemacht wird. Er will die Natur nicht übertreffen, sondern mit ihr kooperieren und sie unterstützen. Dabei hat über all die Jahre gelernt, dass Genialität in Ansehung der Kapriolen der Natur oft nur einen Millimeter vor der Katastrophe ist. Er hat rund 40 Jahre lang hart erarbeitet und konsequent vorgemacht, wie man mit nachhaltigem Weinbau abseits des Mainstreams zum Welterfolg gelangt. Oft muteten seine kompromisslosen Methoden im Weinberg oder im Keller revolutionär an, bevor sie dann zum Üblichen wurden. Schließlich bewegt nicht das immer so Gemachte, sondern der Aufmüpfige die Welt. Clemens Busch setzt seine Ideen mit seinen begnadeten handwerklichen Fähigkeiten in Perfektion und mit unerschütterlichem Qualitätsstreben um. Es stört ihn nicht, wenn manche ihn für den Rieslingflüsterer halten. Hauptsache er macht keinen gefälligen Wein, sondern bietet Diversität und das Unverwechselbare. Er will vor allem nicht die Stilistik anderer nachahmen und mag weder zuckersüße Rieslinge ohne jegliche Nuancen noch solche mit donnernder Säure. Seine Weine sollen das Terroir mit Finesse und eleganter Reife abbilden, sie sollen eben mit nichts zu vergleichen sein. Der Wunsch „reinen Wein eingeschenkt zu bekommen“, geht bei ihm immer in Erfüllung. Seine Weine sind allerdings nicht schnoddrig für die Terrasse einzustufen und nicht dazu da, um Allerwelts-Fälle jederzeit bedienen zu können. Es sind auch keine Sofortweine, die schnellstens getrunken werden müssen. Seine Weine haben ein außergewöhnliches Entwicklungspotential, das über Jahre eine spannende Entwicklung verfolgen lässt. Man kann sich regelrecht in sie verknallen, obgleich oder gerade weil man von jedem Weinberg mit jedem Jahrgang eine eigene Persönlichkeit mit einem anderen Temperament bekommt. Das passt gut zum Wein, denn Wein ist immer eine Erinnerung an seine Entstehung.
Dass Clemens Busch mit seinem Weg richtig liegt, wird nicht zuletzt dadurch bestätigt, dass er zu den ganz wenigen Weingüter in Deutschland gehört, die über höchste Bewertungen und Auszeichnungen schon weit hinausgewachsen sind und nur noch mit Maximalbewertungen gewürdigt werden, ganz gleich ob es Sterne, Gläser oder Punkte sind.
Wir konnten fünf Weine und einen Sekt vom Weingut Clemens Busch verkosten.
2019 Riesling trocken VDP.Gutswein
Cool und klar klettern der Riesling-Duft und der sanfte Hauch einer schiefrigen Mineralität aus dem Glas. Die üblichen Verdächtigen aus dem Zitrusspektrum halten sich hier deutlich zurück und lassen Aromen von reifen Trauben, gelben und grünen Äpfeln, Mirabellen, weißem Pfirsich, grünen Birnen und einem Hauch Holunderblüte den Vortritt. Erfreulicherweise nehmen die gelbfruchtigen Richtungen der Aromatik nichts von ihrer herrlichen Frische. Im Antrunk flutet der Wein trocken heran, entfaltet dann aber ein weiches, die Zunge innig umhüllendes Frucht-Säure-Spiel fern jeglicher Aggressivität. Die gelben Früchte treten saftig und vollmundig auf, ein Touch von pikanten Kräutern begleitet die leicht salzige Mineralik und die lebendige Säure. Dieser Riesling ist üppig und ausdrucksstark, rund und ausgewogen strukturiert, er bietet einen energiereichen Trinkfluss, was die leichtfüßigen 10,5 Volumenprozent Alkohol noch unterstützen. Der lange und stabile Abgang ist mit einer soliden Fruchtbetonung und einer erfrischenden Cremigkeit ausgestattet. Soviel Eleganz im Einstiegsbereich macht gierig auf die höheren Klassen im außergewöhnlichen Sortiment von Clemens Busch.
2019 Riesling vom blauen Schiefer VDP.Ortswein
Die explizite und sehr gradlinige mineralische Prägung des hochwertigen und akribisch selektionierten Leseguts macht sich schon in der Nase bemerkbar. Man kann gar nicht aufhören, an den rauchigen, steinigen Tönen zu schnüffeln, die immer wieder von zarten Zitrusnuancen, weißen Blüten, reifen grünen Äpfeln und einer Spur Cassis begleitet, aber nie dominiert werden. Ab und an wird die Schieferwürze auch von ganz leisen tropischen und kräutrigen Aromen umweht. Geschmacklich fällt sofort die einzigartige puristische Unplugged-Stilistik auf, den die Natur mit Hilfe von Clemens Busch den Blauschieferboden hat in den Wein transportieren lassen. Das ist nicht technisch gesteuert oder aufgemotzt, sondern Terroir pur. Klar, präzise und hell kommt der Wein am Gaumen an. Er präsentiert sich mit einer feinen Säurestruktur, die nicht nur die pikant-salzige mineralische Würze, sondern auch die intensive, trockene Fruchtigkeit der Aromenfrüchte stützt und das interessante feine Gerbstoffgerüst zur Geltung kommen lässt. Ein gut gerundeter, filigraner und konzentrierter Riesling mit imponierender Frische. Unaufgeregt vermittelt er seine Eleganz auf eine ganz besondere Art. Selbst im ewig anhaltenden Finale, das dank langer Hefelagerung leicht schmelzig ausfällt, bewahrt er neben seiner Steinigkeit die fruchtbetonte Saftigkeit und seine vieldimensionale Kraft und Komplexität. Das ist ein Wein für Forscher und Entdecker, mit dem sich schlückchenweise neue Weindimensionen erobern lassen. Sie können ihn aber auch einem Salat Niçoise oder einer Vorspeise mit Nordseekrabben aufdrängen.
2019 Marienburg Riesling trocken GG VDP.Große Lage
Der Marienburg Riesling trocken GG entfaltet sein feines Bukett nicht stürmisch, sondern distinguiert mit weißen Pfirsichen, Limetten, grünen Äpfeln, reifen Aprikosen, grünweißen Melonen und Quitten. Umrahmt wird es von einer expressiven kühlen Mineralität mit rauchigen Tönen vom feuchten Schiefergestein. Mit zunehmender Öffnung kommen Gewürze wie Salbei und Minze sowie kleine Spitzen von grünem Tee und süßlichem blonden Tabak hinzu, aber auch ganz leichte florale Anklänge an Holunderblüten, Passionsblumen, Akazien und Veilchen. Immer ist die schiefrige Steinigkeit präsent, nicht plump, sondern filigran und animierend. Am Gaumen kommen intensive Schiefernoten und die kräftige grün-gelbe Würze zuerst an, die saftige und volumenstarke Fruchtigkeit folgt artig nach. Feine Hefenoten, Basilikum, Anis und Fenchel, reife gelbe Früchte bis hin zu gelben Pfirsichen belegen das facettenreiche Ausdrucksspektrum dieses Großen Gewächses. Die gut wahrnehmbare Extraktsüße aus der Vollreife der Trauben bildet einen schönen Kontrapunkt zur würzig herben Struktur. Straff und saftig schwingen sich Frucht und Würze zu einer markant-griffigen Frische auf, die von der harmonisch eingebundenen Säure nochmals gesteigert wird. Im Abgang schmeicheln sie sich alle stoffig und schmelzig ein – die reife Gelbfrucht, die belebende mineralische Frische und die sehr dezenten Gerbstoffe. Wir behalten den Wein für eine gefühlte Stunde im Mund, rauslassen wollen wir ihn eigentlich nicht. Ein eigenwilliger Wein von einer geradezu esoterischen Ruhe und Entspanntheit, obendrein sehr komplex, kraftvoll, elegant, aber noch jugendlich. Er offenbart keineswegs schon alles extrovertiert, was ihm steckt, sondern lockt mit einem spannenden Potential, das verspricht, seine Großartigkeit und seinen energischen Charakter in den nächsten Jahren immer weiter zu steigern.
2019 Marienburg "Rothenpfad" GG Riesling trocken VDP. Große Lage
In der Nase imponieren zwar üppige, komplexe Aromen von gelben und roten Früchten wie Mirabelle, Weinbergpfirsich, rote Grapefruit und Melone mit kleinen Spuren von Passionsfrucht und Maronen. Angesichts der Rotschiefer-Grundlage bleiben die Fruchtaromen aber nicht allein, sondern umgeben sich markant mit Gewürzen, Kräutern und floralen Tönen von Lavendel und Holunderblüten, vor allem aber einer leicht rauchigen Mineralik. Die tritt beim roten Schiefer vornehmer und weniger zupackend auf, wird mit zunehmender Belüftung aber immer betörender. Im Mund prickelt der Wein mit pikanter Kühle über die Zunge und breitet sich mit herrlichem Schmelz, saftig, kristallklar und rund aus. Die Aromenfrüchte bekommen Verstärkung von einem Touch Cassis, Gewürzen, Kräutern und einer gewissen nussigen Anmutung. Die alten Reben haben eine feine Extraktsüße spendiert, die von der straffen, reifen Säure ohne unangemessenem Druck umspielt wird. Im langen Abgang arbeiten sich die kompakte Dichte und große Substanz auf einem soliden salzig-mineralischen Fundament und mit einer herrlichen Würze gut heraus. Ein intensiver, vollmundiger, ausgewogener und doch nicht zu opulenter Wein. Er setzt nicht auf ordinäre Wucht, sondern verbindet kraftvolle Energie mit zarter Eleganz. Auch dieses Große Gewächs steht noch ganz am Anfang einer vielversprechenden Entwicklung und wird über die Jahre immer mehr von seinen Geheimnissen preisgeben.
2019 Marienburg "Fahrlay" Auslese VDP.Große Lage
Die Kleinsten sind ja sprichwörtlich die Frechsten, doch der Riesling in der 0,375-Flasche ist keine der Clemens Busch so oft zu Unrecht angedichteten Provokationen, sondern ein schnuckliges Versprechen betörender Fruchtsüße. Es ist mitnichten einer jener botrytistriefenden Süßlinge, bei denen man alles, was wie angefault aussah, raffte und im Keller irgendwann nicht mehr wusste, wo man einen anständigen Geschmack herbekommen sollte. Vielmehr wurde bei der Selektion der mit über 100° Öchsle geernteten Trauben strikt darauf geachtet, keinen höheren Anteil an Botrytis-Beeren als 10 % zu lesen. Die Fermentation wurde bei rund 7 bis 8 % Alkolhol gezielt durch Kühlung der Fässer gestoppt.
Wenn der Vorhang aufgeht, drängt aber nicht zuerst der Duft von Süße, sondern eine feuchte, feuersteinartige Mineralik vom blauen Schiefer selbstbewusst aus dem Glas. Dazu kommen die passenden Fruchtnoten von Weintrauben, Mirabellen, gelben Birnen, getrockneten Aprikosen und Mandeln mit einem Hauch von mediterranen Gewürzen. Es gibt Wildblumen-Honig zu schmecken, Rosinen, superreife Viktoriapflaumen, Mangos, Passionsfrüchte, kandierte Bitterorangen und Limetten mit Kandis. Auf der Zunge tritt der Wein bemerkenswert pikant und würzig auf mit einer floral-pflanzlichen Anmutung. Die Säure trägt die intensive Extraktsüße in vollendeter Harmonie in ein endloses, cremiges Finale mit feinen Spuren von Karamell und einer salzig mineralischen Auskleidung. Das ist eine gradlinig fokussierte Auslese mit einer stimmig austarierten Opulenz. Auch wenn sich der Wein ganz klassisch nach einer Süßspeise sehnen mag, die er übertrumpfen möchte, servieren sie ihn doch einmal zu einem luftgetrockneten Schinken vom iberischen Schwein. Aber genau genommen ist es der edle Wein für süße Stunden.
2014 Spätburgunder Blanc de Noir Sekt brut nature
Die Spätburgunder Trauben für den Grundwein kommen aus dem Jahrgang 2014 und wurden als Blanc de Noirs gekeltert. Die Bezeichnung kommt aus der Champagne, wo die roten Sorten Pinot Noir und Pinot Meunier zu Weißwein gekeltert werden, um von den Rotweinaromen zu profitieren, ohne übermäßige Tannine oder Säureexplosionen befürchten zu müssen. Der Grundwein reifte 10 Monate bevor er abgefüllt wurde. Im Rahmen der Flaschengärung lag der Sekt 50 Monate auf der Hefe und wurde per Hand gerüttelt. Anfang Mai 2020 wurde degorgiert und verkorkt. Da der Sekt nie besser sein kann als der Grundwein, kommt dem Terroir der Pündericher Lagen ganz besondere Bedeutung zu, vor allem profitiert dieser Sekt davon, dass Clemens Busch wie nur ganz wenige an der Mosel nicht nur den Wein, sondern auch den Sekt unmittelbar das Terroir abbilden lässt.
Der Spätburgunder Blanc de Noirs funkelt uns brillant an und moussiert freigiebig mit einer feinen, lange anhaltenden Perlage. Im Bukett begrüßt uns eine sehr sorgfältig gereifte Hefenote, es duftet nach frisch gebackenem Brioche, ein winziger, exquisiter Hauch von Honig klingt an. Leise und vornehm entfalten sich mit zunehmender Öffnung Noten von Erdbeeren, roten Waldbeeren und frischen Blüten. Auf der Zunge tobt der Sekt nicht stürmisch oder angriffslustig herum, sondern gibt sich feinsinnig mit einem herzhaft trockenen und sehr frischen pinot-fruchtigen Charakter, terroirtypischen kräftigen mineralischen Komponenten und einer wunderbar cremigen, samtigen Textur mit Anklängen von Gerbstoffen im Hintergrund. Er bietet Frische und Finesse mit einem sorgfältig angelegten, lebendig wirkenden Säureniveau und schwungvoller Eleganz. Ein hochwertiger Sekt, der auch ohne Kreide-Terroir locker etliche Champus-Sorten übertrifft. Servieren Sie ihn in einem großen Weißweinglas, damit er seine Eigenarten großzügig entfalten kann. Am besten spielt er eine Hauptrolle als Solist zu einem festlichen Anlass, der auch das Öffnen seiner Flasche sein kann.
29.03.2021
alle Fotos: © Weingut Clemens Busch