An den vier Enden der Welt
An den vier Enden der Welt
Die Hofkellerei des Fürsten von Liechtenstein: schwungvolle Finesse und faszinierende Eleganz aus vielseitigen Lagen in Vaduz, im Weinviertel und im Burgenland
Manchmal fängt ein Weingenuss mit einer Geschichte an, manchmal auch mit d e r Geschichte. Vor allem, wenn man einen Wein der Hofkellerei des Fürsten von Liechtenstein im Glas hat. Dann wehen nicht nur Aromen aus dem Glas, sondern auch der berühmte Hauch der historischen Unendlichkeit. Die fängt in diesem Fall vor rund 900 Jahren an.
So richtig los mit Adel und Weinbau ging es dann Anfang des 17. Jahrhunderts. Von den drei Brüdern Karl, Maximilian und Gundaker, wurde Karl 1608 und die beiden anderen 1623 in den erblichen Reichsfürstenstand erhoben. Fürst Johann Adam I kaufte 1699 bzw. 1712 die Besitzungen Schellenberg und die Grafschaft Vaduz, die am 23. Januar 1719 von Kaiser Karl VI zusammengelegt und zum Reichsfürstentum Liechtenstein erhoben wurden. Gleichwohl dauerte es noch mehr als 200 Jahre, ehe 1938 die Familie ihren bereits 1394 von Johann von Liechtenstein erworbenen Sitz in Feldsberg (heute Valtice in Tschechien) in das heutige Fürstentum Liechtenstein nach Vaduz verlegte, das seitdem die Hauptstadt ist.
Das Fürstentum Liechtenstein
Liechtenstein ist mit seinen 160 km2 der viertkleinste Staat in Europa und das sechstkleinste Land der Welt und zählt rund 38.500 Einwohnerinnen und Einwohner. Es liegt rund 30 Autominuten vom Bodensee entfernt Richtung Süden zwischen der Schweiz und Österreich. Die offizielle Landeswährung in Liechtenstein ist der Schweizer Franken, weil das Land mit der Schweiz einen gemeinsamen Wirtschaft- und Währungsraum mit offener Grenze hat. Das Fürstentum Liechtenstein ist eine konstitutionelle Erbmonarchie auf demokratischer und parlamentarischer Grundlage mit dem Fürsten Hans-Adam II als Staatsoberhaupt. Er residiert auf Schloss Vaduz, dem 120 Meter über dem Hauptort thronenden Wahrzeichen des Landes.
Das Land liegt abseits vom Massentourismus und lockt mit einer eindrucksvollen Gebirgswelt wie dem 2.599 Meter hohen Grauspitz, mit idyllischen Dörfern, vierhundert Kilometern Wanderwegen und einer vielseitigen Kultur: Ein lohnendes Ziel für Naturliebhaber, Kunstinteressierte und – Weinliebhaber. Im Fürstentum Liechtenstein keltern vier Berufswinzer Weine, der größte Betrieb ist die Hofkellerei des Fürsten von Liechtenstein.
Nach wie vor findet der Weinbau der Hofkellerei Liechtenstein sowohl auf der Domaine Wilfersdorf im Bezirk Mistelbach im Norden des Weinviertels als auch auf der Domaine Vaduz, unweit des Stadtzentrums in der Feldstraße statt.
In den Weingärten des Weinviertels, des Burgenlands und des Kamptals werden insgesamt gesehen zu etwa 60 % die weißen Sorten Grüner Veltliner, Riesling, Sauvignon Blanc, Müller-Thurgau, Chardonnay, gelber Muskateller, Muskat-Ottonell und Traminer angebaut. Dazu kommen mit rund 40 % die roten Sorten Zweigelt, Blaufränkisch und Merlot. Die Hofkellerei war übrigens der erste Betrieb im Weinviertel, der großflächig Merlot in der Ried Karlsberg pflanzte.
In der Domaine Vaduz befindet sich die wohl traditionellste und bedeutendste Lage im Fürstentum Liechtenstein: Herawingert. Die vier Hektar große, nach Südwesten ausgerichtete Lage wird in Handarbeit bewirtschaftet und gehört mit ihren schiefer- und kalkreichen Böden zu den besten im Liechtensteiner Rheintal. Hier wachsen zu fast 90 % Pinot Noir neben Chardonnay. Es herrscht ein mildes Klima mit sommerlichen Durchschnittstemperaturen von etwa 28°C und warmen Föhnwinden. Im Herbst stehen in den Tälern dichte Nebelbänke, während im Sommer oftmals die Bergspitzen in Nebel gehüllt sind.
Wir konnten sieben Weine und einen Sekt der Hofkellerei Liechtenstein verkosten.
F.L. Premier Brut Österreichischer Sekt
Im Glas funkelt er in einem hellen Strohgelb mit animierenden gelbgrünen Reflexen. Er perlt nachhaltig und vorbildlich mit einer feinen Mousse. Das Bukett erscheint sehr sortentypisch: einerseits eine angenehme Melange aus dem Duft von Pfirsichen mit einem Hauch Zitrus, andererseits frische grüne Birnen, etwas Hefe und eine Anmutung von weißem Pfeffer. Wir erleben im Mund eine üppige Fruchtigkeit mit schöner Veltliner-Würze und hervorgehobenen Auftritten von weißen Pfirsichen, reifen gelben Pflaumen und Äpfeln. Das lange Finale begeistert mit einer cremigen, saftigen, aber zarten Fruchtsüße, die harmonisch eingebunden ist. Fürstliche Eleganz zu besonderen Anlässen.
2021 Rosé trocken Cuvée Niederösterreich Clos de Domaine
Im Glas zeigt er sich in einem markanten Lachsrosa. In die Nase steigen rote Früchte wie aus einem Geleeglas und versetzen einen gleich in den Gute-Laune-Modus. Wir trinken einstweilen einfach mal große Schlucke mit dem strömenden Duft von Erdbeeren und Himbeeren in der Nase. Am Gaumen versammelt sich ein ganzer Korb mit Beerenfrüchten: Zu den Erd- und Himbeeren kommen rote Johannisbeeren und Cranberrys, aber auch Zwetschgen nebst einem attraktiven Kräutersträußchen hinzu. In einem sehr langen Abgang voller Frische und Saftigkeit verschreckt keine klebrige Süße, vielmehr genießen wir einen Flirt von Frucht und angemessener Säure nebst einer raffiniert versteckten Gerbstoffspur. Ein trockener Rosé mit lockerem Trinkfluss, ein charmanter Begleiter, der zu jeder Jahreszeit den Sommer aus dem Glas lässt – gerne auch aus einer Magnum-Flasche.
2022 Grüner Veltliner trocken Weinviertel DAC Clos de Domaine
Grüner Veltliner ist bekanntlich der urtypische Wein des Weinviertels, steht aber auch weit darüber hinaus für Weißwein aus Österreich. Das Weinviertel war und ist das Hauptanbaugebiet für den Grünen Veltliner. Das DAC-Disziplinar verfügt, dass ein DAC-Weinviertel immer ein Grüner Veltliner ist, der keinen Botrytis- oder Holzton haben und frühestens am 15. Januar des auf die Ernte folgenden Jahres öffentlich ins Glas kommen darf.
Während in den Rieden der Hofkellerei im Weinviertel – Karlsberg und Johannesbergen bei Herrnbaumgarten – die Trauben am Tag von der Sonne verwöhnt werden, kühlt es an den Abenden und in den Nächten stark ab. Die Beeren erreichen dadurch eine sehr harmonische Aromatik, ohne dass man eine Überreife befürchten muss. Wenn dann noch zum richtigen Zeitpunkt geerntet wird, zeigt sich der Grüne Veltliner in höchster Qualität. In der Linie Clos de Domaine wurde er mit ausgewählten neutralen Burgunderhefen im Edelstahl ausgebaut und nach nur kurzer Reife auf der Feinhefe früh abgefüllt: Alles ist auf Frische und Struktur ausgerichtet.
Im Glas zeigt er sich in einem hellen Gelbgrün mit silbrig-grünen Reflexen. In der Nase tritt er mit einem intensiven Aroma von Äpfeln, Limetten und Orangen und – tatsächlich – Pfeffer auf. Darunter mischen sich Birnen, Mirabellen und Aprikosen. Immer wieder schweben einige kräutrige Anklänge aus dem Glas. Auf der Zunge begegnen sich grüne Äpfel, rote Grapefruit, weiße Nektarinen, Marillen und leicht pikante Gewürze. Die offensive Säure, ein lockerer Gerbstofftouch und eine feine Mineralik stützen einen geschmeidigen, herrlich schmelzig erscheinenden und solide saftigen Abgang. Ein lebendiger, klassischer Klassiker, der sich mit einer präzisen Struktur, einer erstaunlichen Länge und einer gewissen Eleganz schon in die Topliga emporreckt. Was das Pairing angeht, so gehören selbstredend Spargel, Wiener Schnitzel oder Backhendl zu den üblichen Verdächtigen. Sie können es aber auch einmal mit einer asiatischen Fischpfanne probieren.
2021 Chardonnay trocken Leithaberg DAC
Leithaberg ist seit der Neuordnung 2006 eines der fünf spezifischen Anbaugebiete im Burgenland. Es liegt rund 50 km südöstlich von Wien an der Grenze zu Ungarn. Das Leithagebirge, das im Norden an Niederösterreich grenzt, schützt gegen kalte Winde, der Neusiedler See reflektiert und speichert die Wärme des pannonischen Klimas. Ab dem Jahrgang 2009 wurde für Weißweine die herkunftskontrollierte Qualitätsstufe Leithaberg DAC (Districtus Austriae Controllatus) eingeführt.
Der Chardonnay Leithaberg DAC der Hofkellerei kommt von Rebstöcken aus einer der besten Burgunderlagen in St. Margarethen, einen Kilometer vom bekannten Weinort Rust entfernt. Hier wird der Boden von Glimmerschiefer und Muschelkalk (Leithakalk) bestimmt, wobei die oberste Schicht vorwiegend aus Mergel besteht, teilweise mit bis an die Oberfläche reichenden kristallinem Gestein. Es sind karge Urgesteinsböden, die sich leicht erwärmen. Solche Böden begünstigen das Ausreifen der Trauben und regen die Wurzelbildung der Reben an. Auf solchen kargen Böden wird zwar weniger Menge produziert, dafür entstehen hier Weine mit besonderem Charakter. Die Weingärten sind biologisch bewirtschaftet, geerntet wird per Hand mit strenger Selektion. Der Most wurde in 500-Liter-Tonneaus vergoren, der Wein reifte ein Jahr lang im Holz.
Im Glas funkelt der Chardonnay kräftig gelb mit grünlichen Blitzen und schickt duftige Noten von reifen Äpfeln, Futuro-Melonen, kandierten Orangenscheiben und allerlei exotische Richtungen in die Nase. Die Fruchtnoten werden ergänzt durch einen floralen Touch von Veilchen und Holunderblüte und Anklänge an leicht rauchige Röstaromen. Im Geschmack werden die Bukettaromen ergänzt durch Spuren von roter Grapefruit und Paranüssen. Die charakteristische Kalkstein-Mineralik lässt dem leicht süßlich-saftigen Fruchtpanorama und der lebendigen Säure genügend Platz für eine cremige Ausgewogenheit der Sinne, besonders im endlos langen Abgang. Ein fülliger, komplexer Chardonnay, der Druck macht am Gaumen. Ein Wein zu einem Kalbfleischrisotto oder einer großen Weichkäseplatte mit frischem Baguette.
2021 Herrnbaumgarten Cuvée trocken
Aus dem gelb, grün und silbrig ausgeleuchteten Glas purzeln Duftnoten von frischen gelben und grünen Äpfeln und Birnen, aber auch von Ananas, Litschi, Grapefruit, Passionsfrucht und einer Wiese im Morgentau. Wir schmatzen sowohl auf einheimischen als auch auf leicht süßlichen tropischen Fruchtvarietäten herum, darunter wiederum Äpfel, Aprikosen und einige Litschis, umrahmt von einer leicht minzigen Kräuterwürze. Die herzhafte Säure und die vollmundige, saftige, extraktreiche Struktur mit einem schönen mineralischen Schliff vermitteln nicht nur ein Finish mit Griff, sondern trotz einer gewissen Opulenz durchgehend eine eindrucksvolle Frische. Ein echter Cool-Climate-Animationswein, der die Eigenart der Ried Herrnbaumgarten authentisch abbildet, was bei einer Cuvée nicht selbstverständlich ist. Er sollte nicht nur auf der Terrasse vergossen werden, sondern erhellt auch ein Red Snapper Filet vom Grill oder eine kalte Vorspeisen-Platte mit Meeresfrüchten.
2021 Grüner Veltliner Réserve trocken Ried Karlsberg
In der Nase nehmen wir einen Duft von reifen gelben und grünen Birnen, gelben Äpfeln, Quitten und einigen exotischen Früchten wahr – dahingehauchte Mangos und Limetten. Hinzu kommen Lindenblüten und sanfte Röstnoten vom Holz sowie eine pikante, über allem schwebende Würze von Kräutern und Wiesengras. Im Mund imponiert, wie selbstbewusst und doch unaufdringlich die Apfelnoten, die zarte Nussigkeit und eine Veltliner-typische Pfeffrigkeit und Würze auftreten. Die prägnante Mineralität und die stabile Säure erzeugen Spannung und stützen das lange, fruchtige und schön schmelzige Finish, in dem wir karamellige Anklänge und klitzekleine, gut passende Gerbstoffe wahrnehmen. Ein saftiger, eleganter Wein mit einer straffen Struktur und einer hervorragenden Balance. Genießen Sie ihn in den größten Burgundergläsern, die Sie im Schrank haben. Er dürfte einen Hecht aus dem Ofen mit einer deftigen Kräutersoße erfreuen oder leicht gewürzte asiatische Gemüse aus dem Wok.
2021 Ried Karlsberg Riesling Privat trocken
Wir haben einen Wein im gelbgrün glänzenden Glas, der sortentypische Duftnoten von Pfirsichen, Aprikosen, roter Grapefruit, Zitrus und Mangos entwickelt, und zwar nachhaltig, aber distinguierter als Rieslinge aus deutschen Rheinlagen. Immer wieder umspielt das Bukett ein Hauch von Jasmin und Wiesenblumen. Wir schmecken lustvoll eine saftige Fruchtsüße, die von reifen Pfirsichen und Aprikosen, von Zitruszesten, Litschis und Äpfeln getragen und von keiner Botrytisnote gestört wird. Der ordentliche Säurekern schickt den Wein in ein vollmundiges Finale mit einer terroirbezogenen Textur und einer modern salzigen mineralischen Ader. Frische und Energie dieses noch jungen Weins verbinden sich mit komplexer Dichte, mit schwungvoller Finesse und faszinierender Eleganz, die an eine burgundische Stilistik erinnert, die sich in den nächsten drei bis vier Jahren noch weiter entwickeln wird. Der Wein ist der klassische Begleiter zu einer großen Pfanne knoblauchfreier Garnelen oder zu einem Dinner for two.
2020 Herawingert Pinot Noir trocken Appellation Vaduz Controlée
Im Glas haben wir einen durch und durch rubinroten Wein, der transparent schimmert wie der entsprechende Edelstein. Er duftet weich und gediegen mit Anklängen an dunkle Kirschen, Granatäpfel und Orangenzesten. Rote Sommerfrüchte, auch mal eine Walderdbeere und ein Tick Dörrpflaume schweben aus dem Glas. Im Hintergrund wehen Wacholderblüten und feine Vanille-Nuancen. Wir lassen den kraftvollen, bemerkenswert frischen und saftigen Körper um die Zunge toben und schätzen den von leichten Röstnoten umhüllten Vanilleton und die Konzentration der Aromen. Es kommen schwarze und rote Johannisbeeren, schwarze Kirschen, reife Feigen, buntes Herbstlaub und eine Spur Schokolade rüber. Die Barriques haben Sauerstoff und Röstaromen gut dosiert weitergegeben. Die Tannine sind gefügig gemacht, vertragen sich gut mit der Frucht und gleiten präsent, aber sanft am Gaumen entlang. Der Wein ist gradlinig und präsentiert sich mit einem kräftigen Zug Säure und Mineralität. Wir genießen das körperreiche Finish und behalten es im Nachhall lange in Erinnerung. Ein echter Grand Cru mit einer erstaunlich eigenständigen Eleganz jenseits der vornehm zurückhaltenden französischen Burgunder. Er bringt viel Potenzial mit, um noch über Jahre alljährlich seine weitere Entwicklung verfolgen zu lassen. Erfreuen Sie sich und diesen Wein mit einer österlichen Lammkeule, aber bitte nicht mit Minzsoße. Sie können den Wein auch im Käsegang zu einem ururalten Greyerzer verkosten.
30.05.2023
Fotos: Nr. 1 - 3 © Liechtenstein Marketing, alle übrigen Fotos © Hofkellerei des Fürsten von Liechtenstein