An den vier Enden der Welt
An den vier Enden der Welt
Die Kellerei Kaltern in Südtirol: Vielfältige Spitzenweine aus dem familiären Winzerhandwerk einer legendären Genossenschaft
Ein ganzes Dorf, das mit und vom Wein lebt? Wo der Wein für alle Leidenschaft und Lebensaufgabe ist, wo der Wein Tag für Tag die Arbeit bestimmt und jeder jedem hilft, wenn es nötig ist? Das gibt es tatsächlich noch, und zwar in Südtirol (Alto Adige) im Norden Italiens.
Kaltern ist Ausgangs- und Höhepunkt einer Weinbaugeschichte, die es wohl nirgendwo sonst noch gibt. Denn hinter der dörflichen Gemeinschaft, dem gemeinsamen Streben im Weinbau, in Gastronomie und Handel und hinter dem Geist der Solidarität steht die größte Weinbaugenossenschaft in Südtirol: die Kellerei Cantina Kaltern. Ihre Geschichte reicht über 100 Jahre zurück, in denen nach ruhmreichen Zeiten als k. u. k. Hoflieferant, nach furchtbaren Kriegsjahren, nach der Abtrennung Südtirols von Österreich, nach wirtschaftlichen Krisen und glücklichem Aufschwung ein Zusammenschluss erwachsen ist, der zu einem Vorbild für eine gemeinschaftliche Qualitätsorientierung im Weinbau weit über Italien hinaus geworden ist.
Alles begann im Jahr 1900 mit der Gründung der kleinen Kellereigenossenschaft Kaltern, ein Produktions-, Vertriebs- und Vermarktungsbund, der das Gedankengut von Friedrich Wilhelm Raiffeisen, dem „Erfinder“ des Genossenschaftswesens, verkörperte. Schon bald entstanden mit der Bauernkellerei Kaltern und der Jubiläumskellerei Kaltern und dann 1925 mit der Neuen Kellerei Kaltern weitere Genossenschaften, was die alte Kellereigenossenschaft Kaltern dazu zwang, fortan als Erste Kellereigenossenschaft Kaltern zu firmieren. 1932 wandelte sich zudem die Privatkellerei Baron Di Pauli um zur Genossenschaft Josef Baron Di Pauli.
Das führte auch zum Neubau eines großen Weinkellers, der mit dem historischen Gebäude von 1908 ein großartiges Willkommensensemble bildet, auch wenn der modernistische Neubau sich aus den romantischen Gassen des idyllischen Weinorts Kaltern auffällig abhebt. Die großartige Fassade mit den eingeprägten stilisierten golden, weiß und braun schimmernden riesigen Blättern der Vernatschs-Rebe wurde von der Architektin Jutta Winkler entworfen. Die effektvolle Beleuchtung der Fassadenblätter animiert zu den wechselnden, den Tages- und Jahreszeiten entsprechenden Stimmungen.
Die Genossenschaft garantiert den familiären Betrieben mit den kleinen Parzellierungen ein Miteinander, das gegenseitigen Austausch fördert, schnell mal Arbeitskräfte aktiviert und bei dem die Agronomen und Kellermeister ihre Dienstleistungen, Beratungen, Schulungen und Partnerschaft anbieten. Anderseits sind auch alle Mitglieder verpflichtet, an Schulungen und Weiterbildungen teilzunehmen. Aber eines ist besonders in der Erntezeit in allen Betrieben höchst freiwillig – am Ende des Tages wird traditionell gemeinsam gegessen, gelacht und angestoßen – auf die getane Arbeit und die gemeinsamen Erfolge. Inzwischen ist die Kellerei Kaltern eine hohe Instanz in der Welt der Südtiroler Weine und hat sich mit der harmonischen Verbindung von Tradition und Innovation und mit ihrer Exzellenz weit darüber hinaus einen Namen gemacht. Sie bringt authentisch ein wertvolles und äußerst schmackhaftes Stück Südtirol in alle Welt.
In Südtirol haben Genossenschaften eine lange Tradition im Weinbau: Etwa 70 % des Weins werden in 15 Kellerei-Genossenschaften erzeugt und sichern zusammen mit 10 Molkerei- und 25 Obstgenossenschaften über 3.500 Arbeitsplätze in der Südtiroler Landwirtschaft. Das Weinland Südtirol ist wohl die einzige Weinregion in der Welt, wo höchste Spitzenqualitäten gerade von Genossenschaftskellereien herkommen.
Die Böden haben sich im Laufe einiger Hundertmillionen Jahre aus einzelnen Gesteinsformationen mit unterschiedlicher mineralischer Zusammensetzung entwickelt. Das reicht von rötlichem vulkanischen Quarzporphyr mit Lehm oder Sand über helles Karbonatgestein und Sedimentationsgestein aus kalkhaltigem weißen Schlerndolomit bis zu Moränenmaterial mit Geröll und Lehmzungen und dem fluviatilen Schotter der Etsch. Wo immer die Rebstöcke rund um den Kalterer See stehen, ihnen gefallen die mediterranen Strömungen, während sie gleichzeitig den Schutz durch die Alpen im Norden genießen. Sie können sich zudem auf bestimmte Winde zur Durchlüftung der Rebanlagen verlassen, die für ausgeprägte Temperaturamplituden sorgen und damit die Entwicklung die Aromatik in den Trauben begünstigen. Am Nachmittag ist es der Wind vom Gardasee, der Ora, am Abend sind es die leichten Fallwinde von den Gipfeln des Mendelkamms. Die Berge rundherum bringen in der Nacht die begehrte Abkühlung, was den Aufbau eines stabilen Säuregerüsts fördert.
So ähnlich war das in der Kellerei Kaltern schon seit langem: Für jede noch so kleine familiäre Parzelle wird unter Berücksichtigung von mikroklimatischer Bodenbeschaffenheit und klimatischen Einflüssen geplant und festgelegt, für welche Rebsorte sie prädestiniert ist und welche Ziele im Jahrgang beim Anbau erreicht werden sollen. Dabei wissen alle Genossenschaftswinzer ganz genau, welche ihrer Trauben zu welchen Weinen verarbeitet werden sollen. Immer ist die Traubenqualität der unentbehrliche Grundwert, der von allen Mitgliedern gewährleistet werden muss. Angebaut werden mit etwas über 50 % rote Rebsorten wie der berühmte Vernatsch mit der Bezeichnung Kalterer See (15 %) sowie Lagrein (10,7 %), Cabernet Sauvignon (7,6 %), Blauburgunder (7,3 %), Merlot, St. Magdalener und Rosenmuskateller. Bei den weißen Rebsorten sind es Weißburgunder (12,2 %), Gewürztraminer (11,4 %), Sauvignon Blanc (8,1 %), Grauburgunder (7,6 %), Chardonnay (7,1 %), Goldmuskateller, Kerner, Müller-Thurgau und Riesling.
Die Kellerei Kaltern ist zudem weit über Südtirol hinaus bekannt mit ihrem Streben nach Nachhaltigkeit und den Erfolgen im Bio-Weinbau. Mehr als 15 Hektar werden von einer Gruppe von Mitgliedern im biodynamischen Weinbau bewirtschaftet und die Trauben im Keller nach der Lehre von Rudolf Steiner verarbeitet. Seit dem Jahrgang 2018 darf sich die Kellerei als erster Weinproduzent Italiens und als erster Genossenschaftsbetrieb mit dem Nachhaltigkeitssiegel von FAIR’N GREEN schmücken. Der Verband zertifiziert mit regelmäßiger Überprüfung durch unabhängige Institute die Arbeit im Weinberg, die Produktion und den Absatz der Weine und geht dabei weit über das hinaus, was so manches Biosiegel verspricht. FAIR’N GREEN fördert den biodiversen Weinbau und berücksichtigt alle Aspekte eines Betriebs, also auch faire Löhne und soziales Engagement, gesellschaftliche Verantwortung und Erhalt und Förderung der Kulturlandschaft. Die Genossenschaft hat sich ohnehin schon immer vorbildlich in der Förderung der Südtiroler Weinbaukultur engagiert: Wer Kaltern und die Kellerei besucht, kann unter zahlreichen Veranstaltungen, Themenführungen und Verkostungen auswählen.
Die Hochwertigkeit der Weine der Kellerei Kaltern wird regelmäßig in den maßgeblichen Weinmagazinen und Weinführern mit Punkten, Gläsern, Trauben, einem Sternenhagel oder ersten Plätzen in Wettbewerben honoriert, immer sind es Auszeichnungen in höchsten Kategorien.
Kaltern ist eine pittoreske landschaftliche Schönheit und Ausganspunkt unvergleichlicher Weinerlebnisse für alle Sinne. Lesen Sie deshalb weiter über elf Weine und einen Sekt, die wir aus dem Sortiment der Kellerei Kaltern verkostet haben.
2023 Vial Pinot Bianco Südtirol DOC
Es war das Jahr 1852, als Erzherzog Johann von Österreich die Rebsorte Weißburgunder nach Südtirol brachte. Heute ist sie als Pinot Bianco eine der Leitsorten des Gebiets und wächst auf über 10 % der Anbaufläche.
Aus dem Glas strahlt uns der Wein hellgelb mit kleinen grünlichen Reflexen an. Er duftet offensiv nach reifen Golden Delicious Äpfeln, frischen Birnen und weißen Pfirsichen. Zarte Zitrusnoten treffen einige versteckte Mandeltöne und eine Spur schwarzer Beeren. Dazu weht ein Hauch von weißen Frühlingsblumen aus dem Glas mit Anklängen an Akazien- und Holunderblüten. Schon im Bukett setzt der Vial zudem deutliche mineralische Akzente. Im Mund tritt er vollmundig auf, harmonisch, ausgeglichen, dicht und elegant, ohne Ecken und Kanten, was der durchdachten Kombination von Edelstahl und Holz im Ausbau zu verdanken sein dürfte. Die sortentypisch dezente Säure umrahmt die Fruchteindrücke von Äpfeln, Birnen und Ananas und bringt Frische in den schönen Fruchtschmelz. Kleine kräuterige und nussige Nuancen tänzeln herum und dann ist sie da, diese pikante, modern salzige Mineralik, die vorbildlich in das markante Frucht-Säure-Spiel integriert ist. Im saftigen Abgang schmatzen wir noch lange auf der Feinfruchtigkeit, der zart-frischen Säure und der ganz eigenen Mineralik herum. Der Wein unterstützt mit seiner fruchtigen Aromatik, seiner feinen Säure und seiner Mineralität etliche Geschmacksrichtungen wie beinahe jede Art von Fischgerichten und Meeresfrüchten, aber auch leichte Pasta mit Parmesansauce und einen klassischen Schweinsbraten. Er funkelt im Glas aber auch als der gefällige und trinkfreudige Sommerwein für alle Weißwein-Gäste.
2022 Quintessenz Pinot Bianco Südtirol DOC
Der Quintessenz Weißburgunder kündigt sich im Glas in einem leuchtenden Strohgelb mit grünlichen Reflexen an. Er verströmt prägnante Aromen von roten Äpfeln, Birnen und weißen Pfirsichen, von Zitrus, Honigmelone und Mandeln plus einen Touch hellen Blütenhonigs. Im Mund dann eine frische Komplexität und hohe Eleganz ohne Schwere oder Opulenz. Das ist trotz guter Extraktdichte ein frisch-saftiger Wein mit herrlicher Fruchtsüße und leichter Nussigkeit, sensibel eingebunden in eine wohldosierte Säure, eine feine salzig-mineralische Note und eine kleine Gerbstoffspur. Im angemessen schmelzigen Abgang behauptet er sich mit einer erstaunlich seidigen Textur druckvoll und energisch. Ein echt trockener Weißburgunder, der sich von einer überzeugend charmanten und eleganten Seite zeigt mit vollendeter Finesse und einem fröhlichen Mundgefühl. Er präsentiert charaktervoll das Terroir seiner Herkunft und die Symbiose aus traditionellem Winzerhandwerk und nachhaltiger Rebpflege.
Man merkt diesem Wein an, dass die Linie Quintessenz das Wesentliche in ihrer Excellenz vereint: die Geschichte der Kellerei, die Leidenschaft und Erfahrung ihrer Mitglieder, ein starker Gemeinsinn und die überragende Qualität der Weine. Was das Speisenpairing angeht, ersparen Sie dem Wein die Asia- und Räucherlachsroutine, gut gefallen dürften ihm ganz bodenständig ein Bachsaibling vom Grill oder mehr gourmetmäßig eine gegrillte Rosmarin-Taube.
2023 Stern Sauvignon Südtirol DOC
Es bedarf einigen Aufwands im Weinberg und im Keller, um mit einem Sauvignon Blanc nicht nur auf dem Hype eines Allerweltsweins mitzuschwimmen, sondern ihm eine terroirbezogene hohe Qualität mit Charakter abzugewinnen. Das ist der Kellerei Kaltern mit dem Stern Sauvignon aus der Linie Selektion ausgezeichnet gelungen.
Dieser Wein ist eine Offenbarung für Liebhaber der Sauvignon-Fruchtigkeit. Aus dem Glas duftet es rebsortenrein nach Holunderblüten, exotischen Früchten, Stachelbeeren und Cassis, aber auch nach frischen Kräutern und grüner Paprika mit einem Hauch von Gras. Eine herb-saftige Fruchtigkeit mit reifen Stachelbeeren, Äpfeln und Zitrus in einer zarten, gleichwohl dichten und cremigen Textur breitet sich über den Gaumen aus. Eine pikante Richtung von würzig-frischen Kräuternoten macht die Sauvignon-Frucht so richtig lebendig. Das gilt auch für die Säure, die mit salzig-mineralischen Komponenten ordentlich eingebunden ist. Das alles bringt Saft und Frische in das Geschmackserlebnis und unterstützt einen attraktiven fruchtbetonten Abgang mit guter Länge und einer spannungsreichen Tiefe. Das ist ein herrlicher Trinkwein und gleichzeitig ein komplexer Stoff mit elegantem Auftritt. Reichen Sie ihn zu einer Lachsforelle aus der Pfanne oder zu einem Kaninchenragout. Vergessen Sie aber nicht, einige Flaschen für die Spargelsaison bereit zu halten – es muss nicht immer nur Silvaner und Weißburgunder sein. Nicht nur in Südtirol kann der Sauvignon ein perfekter Spargelwein sein.
2022 Quintessenz Sauvignon Südtirol DOC
Im Glas leuchtet ein goldgelber Wein, der grünlich schimmert. Die Nase wird gestürmt von vielfältigen Fruchtaromen, allen voraus Äpfel, weiße Pfirsiche und Zitrus in Richtung Limette sowie ein Touch frisch geschnittenen Grases. Es folgen Holunderblüten und Bergkräuter, einige schüchterne Röstaromen und ein winziges Stückchen Feuerstein. Auch reife Stachelbeeren tauchen auf, dominieren aber nicht die duftige Szenerie. Im Mund streift der Wein saftig und cremig über die Zunge. Sein fruchtbetonter Körper ist bewundernswert gut ausbalanciert. Eine vibrierende Säure gibt ihm einen gewissen Grip, was von seiner Dichte noch unterstützt wird. Säure und Dichte generieren mit den deutlichen, modern salzigen mineralischen Anklängen eine schöne trockene Struktur und eine herrlich fruchtige Frische. Diese Frische wie aus einer Bergquelle bleibt auch nach dem langen saftigen, dank des Holzausbaus auch würzig-schmelzigen Abgang noch in bester Erinnerung. Servieren Sie ihn als Apero, wenn Sie schon immer einmal wissen wollten, wie die Alpen in Weiß schmecken. Er begleitet aber auch gerne die üblichen Sauvignon-Verdächtigen wie Spargel und Meeresfrüchte.
2023 Saleit Chardonnay Südtirol DOC
Das Bukett liefert die klassischen, exotischen, fruchtbetonten Aromen mit Ananas, Maracuja und roten Äpfeln nebst einigen Nüssen, alles abgerundet von einem angenehmen Lüftchen Vanille vom Holz. Zu der exotischen Aromatik kommen zwar dezente Noten von Bananen und Butter hinzu, drängen den Wein in der Nase aber nicht in Richtung der brioche- und alkohollastigen Holzkeule aus dem internationalen Weinreich. Die Bukettaromen treffen am Gaumen auf eine überaus harmonische, vollmundige Textur, die durch weitere Nuancen von Zitrus und einige feine karamellige Röstaromen unterstützt werden. Dieser Chardonnay tritt frank und frei auf, mit intensiver Frucht, aktiver, aber gut gezähmter Säure, energischer Eleganz und vibrierender Frische, ein ganz klein wenig Chablis schmult aus dem Glas. Im angemessen cremigen Finish grüßt er noch lange mit einer adretten kleinen Fruchtsüße und der terroirbezogenen feinsalzigen Mineralik. Der Saleit ist ein facettenreicher und eleganter Wein, der sowohl durch seine Frische als auch durch seine Vielschichtigkeit besticht und anspruchsvolle Gaumen in jeder Hinsicht zufriedenstellt. Es ist ein Wein, der es sich nicht nehmen lässt, individuell seine südtiroler Herkunft und die Eigenart der Rebsorte zu zeigen – wohl eines der besten Komplimente, die man einem Wein machen kann. Begleiten Sie mit ihm einen Red Snapper aus der Pfanne oder ein Rebhuhn-Gericht. Ach ja, servieren Sie diesen Chardonnay bitte nicht direkt aus dem Kühlschrank. 12° C begünstigen es, alles wahrzunehmen, was dieser Wein zu bieten hat.
2020 Quintessenz Passito Moscato Giallo Südtirol DOC
Die 30 Jahre alten Reben dieses Quintessenz-Weins wachsen auf einer nach Südwesten geneigten Hanglage in der kürzlich offiziell anerkannten Einzellage Feld nördlich des Kalterer Sees auf 280 bis 300 m Meereshöhe. Die Seewinde ermöglichen in dieser Höhe den Anbau des Goldmuskatellers ohne Botrytis. Der Boden besteht aus wasserdurchlässigem sandigen Kalkschotter. Die Trauben wurden vollreif geerntet und in Kisten getrocknet. Im März 2021 wurden sie gepresst. Dabei erhielt man aus 100 kg getrockneter Trauben lediglich 18 Liter Most. Er vergärte über mehrere Wochen, der Wein reifte dann noch zwei Jahre auf der Feinhefe im Tonneau.
Ein betörender Wein für sommerliche Lust und Laune kündigt sich in funkelndem Bernsteinton mit expressiver Exotik an. Die typische, leicht blumige Muskateller-Aromatik rund um die Muskatblüte wird hier ausgefüllt mit Noten von Waldhonig und Tönen von kandierter Orange, Mandarine, reifem gelben Pfirsich, reifer Mango und gerösteten Nüssen. Alles erfreut die Nase und macht Appetit auf den ersten Schluck. Der löst einen ungeahnten Hang zur Sucht nach immer noch einem Glas aus, so süßfruchtig, würzig, exotisch schmeckt der Wein. Im breit angelegten Fruchtspektrum nehmen wir unter anderem Mangos, Honigmelone, gelbe Pfirsiche, Renekloden, Orangenschale und kandierte Ananas wahr plus einige Kräuter und Akazienblüten. Alles steigert sich mit beschwingter Leichtigkeit zu einem langen, wahrhaft süffig-saftigen und schmelzigen Finish mit einer geschickt harmonisierten, doch erstaunlich spritzigen und straffen Säure wie man sie besten Eisweinen wünscht. Ein vollmundiger und komplexer Edelsüßer mit Kraft und Eleganz. Er bietet Genuss pur, zu schade, um sich ablenken zu lassen von den üblichen Blauschimmel- und Apfeltarte-Orgien. Lassen Sie sich lieber an einem Open-End-Abend Schluck für Schluck süchtig machen.
2023 Quintessenz Kalterersee Classico Superiore Südtirol Katerere See DOC
Die Bezeichnung Kalterersee Classico Superiore darf nur ein Vernatsch aus dem Anbaugebiet rund um den Kalterer See tragen. Vernatsch ist eine der drei autochthonen Rebsorten in Südtirol. Vernatsch – lateinisch vernaculus, der Einheimische, italienisch Schiava – wurde einst als Massenwein verbreitet und stand hierzulande bis in die 70er Jahre hinein in Liter- und 1,5-Literflaschen in den Regalen der Supermärkte. Dann galt er plötzlich als altmodisch, softig und uncool, wurde erst in die Nische der Regionalität gedrängt und sollte dann im Zuge des Globalisierungswahns zugunsten internationaler Rebsorten mit geschmacklicher Uniformität ganz aus dem südtiroler Rebsortenspiegel verschwinden, was selbst der Gambero Rosso propagierte. Erst die Gegenbewegung zur globalisierten und egalisierten Welt der Parker-Knaller löste die Sehnsucht aus nach weniger Krach im Glas und der Betonung des regionalen Charakters und der lokalen Eigenart im Wein. Man erinnerte sich an den Vernatsch und lenkte ihn in Richtung Leichtigkeit und Trinkfreude mit hoher Qualität, damit er stolz seinen heimatverbunden Charakter vorzuzeigen kann. „Vernatsch mich einfach!“ hieß es jetzt und „What happens in Südtirol, stays in Südtirol!“ Heute sind rund 15 % der gesamten Weinbaufläche Südtirols mit Vernatsch bestockt.
Die 30 bis 70 Jahre alten Rebstöcke für diesen Wein stehen auf 230 bis 350 m Meereshöhe am West- und Nordufer des Kalterer Sees bei St. Josef am See rund 6 km südlich von Kaltern. Die Böden bestehen aus lehmigem Kalkschotter mit sandiger Auflage. Im Keller lagen die Trauben zur Gärung zehn Tage bei 25° C auf der Maische, der Wein reifte über sechs Monate auf der Feinhefe im Betonfass und großem Holzfass mit malolaktischer Gärung, dem biologischen Säureabbau.
Der Quintessenz Kalterersee Classico Superiore zeigt sich im Glas in einem kraftvollen Rubinrot mit violetten Reflexen und erinnert an die reifen Vernatsch-Trauben, die am Stock mit eben solchem leuchtenden Rubinrot auf sich aufmerksam machen. Er duftet sortentypisch nach reifen Kirschen, Himbeeren, Erdbeeren, roten Johannisbeeren und jungen blauen Victoriapflaumen. Immer wieder drängeln sich Lüftchen von blauen Veilchen, orientalischen Gewürzen, Marzipan und einem Anklang an Zeder dazwischen. Am Gaumen zeigt er sich keinesfalls als flüchtiger Leichtfuß, sondern imponiert mit dezenten gut integrierten, feinkörnigen Tanninen und einer durchaus druckvollen Textur. Die lebendige Säure, einige pikante Würznoten und die Fruchtigkeit von Kirschen, Himbeeren, Brombeeren und Zwetschgen geben ihm einen samtigen, frischen und lebendigen Körper mit. Feine nussige Röstaromen erinnern an seinen Aufenthalt im Holz, dezente Anmutungen an eine salzige Mineralik aus dem Boden seiner Weingärten. Im langen Finale zeigt er stolz und distinguiert seine sortentypische Bittermandelaromatik und seine kirschige Fruchtsüße vor. Ein klassischer, ausgewogener und charakterstarker Vernatsch mit eleganter Finesse und moderner Stilistik aus nordburgundischen Wurzeln. Die gelungene Komposition aus mediterranem und alpinem Charakter mit südtiroler Lebensgefühl beeindruckt – immer moderat gekühlt auf etwa 13° C – nicht nur schnöde eine Pizza Margherita sondern eine ganze Grillparty, begleitet aber auch gerne eine Vesperplatte mit Südtiroler Speck.
2021 Feld Merlot-Cabernet Riserva
Im Glas zeigt er sich in einem dichten purpurbetonten Granatrot und lockt mit opulenten fruchtigen Aromen von schwarzen Kirschen, Brombeeren, Heidelbeeren, schwarzen Johannisbeeren und reifen Zwetschgen. Dazu offeriert er edle Düfte von gerösteten Kakaobohnen, Zedernholz, gerösteten Haselnüssen, feinem Leder und Anklänge an Vanille, Sternanis und Zimt mit einem winzigen Hauch von schwarzem Pfeffer. Die aromatische Komplexität ist von beeindruckender Tiefe und prägt auch den Geschmack. Am Gaumen tritt der Wein nicht nur mit der erwarteten Vollmundigkeit und Energie auf, sondern auch mit einer überraschend vibrierenden Frische. Die feinsüßliche Frucht hat Vorrang vor dem Eichenholz und spielt mit den geschmeidigen Tanninen und einem raffinierten pikanten Touch von schwarzem Pfeffer. Der Mund wird prall und extrovertiert ausgekleidet von einer enormen Fruchtdichte und einem süßlichen, würzigen Extrakt von schwarzen Beeren, dunkler Schokolade, Menthol und Süßholz und einer feinen Prise Tabak. Die kräftigen, gut eingebundenen, weichen Tannine, die dezente Mineralität und die saftige Säure sind innig verwoben und entfalten als Höhepunkt der fruchtigen Fülle des Merlot und der Tiefe und Frische des Cabernet im Finale seidige Opulenz und elegante Pracht. Ein großer Wein aus der Tradition der Kellerei Kaltern, der mit jedem Schluck auffordert zu einer Reise durch die Zeiten – hin zu den schönen Erinnerungen an Südtirol.
2021 Quintessenz Cabernet Sauvignon Riserva
Im Glas tritt der Wein mit einem kräftigen Rubinrot und leuchtenden karminroten Reflexen auf. Nach etwas Belüftung duftet der Cabernet Sauvignon Riserva ansprechend und fruchtig nach reifen Brombeeren, nach Himbeeren und Erdbeeren aus dem Wald, nach schwarzer Johannisbeere, reifen Zwetschgen und einigen Veilchen, etwas Minze und Unterholz. Er sendet feine Röstaromen mit Vanille, Schokolade, Zimt und Tabak aus dem Holz, von dem er zum Glück nicht erschlagen wurde. Ab und an winken noch liebliche Gewürze aus der Weihnachtsbäckerei. Am Gaumen kommt eine stilistisch perfekte Balance aus Fruchtigkeit und Würze an, dicht, komplex und körperreich: Tabak- und Lakritznoten treffen sich mit Schwarzkirschen, Pflaumen und einer winzigen Spur Eukalyptus. Der Barriqueausbau hat dem Wein Finesse mitgegeben und Gerbstoffe besänftigt. Die noch präsente Säure und die robusten, jedoch feinkörnigen Tannine stützen einen langen schmelzigen und durchaus druckvollen Abgang, der als Farewell aus dem Barrique von herrlich leichter Vanilligkeit und dezentem Holztoast begleitet wird. Ein eindrucksvoller, eleganter und gleichzeitig hochlebendiger Cabernet Sauvignon, der perfekt ein scharf gegrilltes T-Bone-Steak oder ein gutbürgerliches Côte de Boeuf begleitet.
2021 Lareith Lagrein Riserva
Lagrein ist eine der drei autochtonen Rebsorten in Südtirol und wurde erstmals 1379 urkundlich erwähnt. Bis in die siebziger Jahre hinein wurden die Lagrein-Trauben fast nur für Rosé-Weine oder als kraftstrotzender Deckwein zum Verschneiden von Vernatsch verwendet. Heute werden aus Lagrein einzigartige und hochwertige Rotweine kreiert, die es so nur in Südtirol gibt. Während früher in den Weingärten die Lagrein-Rebe in der regionaltypischen Pergel-Erziehung wuchs, also mit horizontalem Laubdach, ist man inzwischen dazu übergegangen, im international verbreiteten Guyot-System mit einer vertikalen Laubwand auf niedrigen Drahtspalieren zu erziehen.
Im Glas schimmert der Lareith tiefdunkel granatrot bis purpurviolett, fast schwarz, nahezu undurchschaubar. Reichhaltige Aromen klettern verführerisch in die Nase, viel Frucht und viel Würze: reife Brombeeren, schwarze Johannisbeeren, echte Wald-Heidelbeeren und einige Schwarzkirschen und Pflaumen. Zu den zarten Röstnoten und den dezenten Würzaromen aus der Weihnachtsbäckerei, also Nelken, Zimt, Kardamom, Vanille und Schokolade, gesellen sich eine winzige Prise weißer Pfeffer, ein Touch Mocca und ein Hauch Veilchen hinzu. Am Gaumen hat der Wein einen charakterstarken Auftritt mit einem dichten, energiegeladenen Band von fülligen Lagreineindrücken. Er wirkt kraftvoll und elegant zugleich. Die reifen Schwarzkirschen, dunklen Pflaumen und Brombeeren führen die Fruchtnoten an und sind zusammen mit der feinen, manchmal pikanten Würze und den Anklängen von Schokolade, Kaffee, Bittermandel und Tabak die Grundlage für Fülle und Energie im Mund. Er öffnet sich immer weiter mit erstaunlich samtigen, feinkörnigen Tanninen und einem gut dosierten feingliedrigen Säurespiel. Beides wächst im langen cremigen Abgang mit feiner Extraktsüße weich und harmonisch abgerundet zusammen. Ein komplexer Spitzen-Lagrein mit ausdrucksstarker Struktur und eleganter Finesse. Er empfängt einen mit offenen Armen, zeigt Kraft und Energie, tobt wild und manchmal rau herum und hinterlässt mit seiner samtigen Textur, seiner Harmonie und zärtlichen Fülle die Sehnsucht nach dem nächsten Glas. Der Lareith-Lagrein ist bei jeder wertvollen Gelegenheit gerne als feiner Solist dabei, bringt aber auch eine elegante Reputation zu einer geschmorten Hirschkeule mit.
2019 Brut Nature Südtiroler Sekt DOC
Der Sekt imponiert im Glas in einer strohgelben Umgebung an goldenen Reflexen mit einer feinen weißgoldenen Perlage voll lange anhaltender Bläschen. Die Nase wird belebt von grünen Äpfeln, Orangen, gelben Birnen und etwas Zitrus mit Grapefruit, dazu frisch gebackene Brioche, etwas geröstetes Weißbrot und ein Hauch von weißblumiger Wiese im Morgentau. Auch eine kleine Brise Ozean-Mineralik weht aus dem Glas. Am Gaumen entzünden das komplexe Zusammenspiel der Aromen mit der quicklebendigen Perlage und der aktiven und gut austarierten Säure ein mundfüllendes grandioses und überaus harmonisches und erfrischendes Sensorik-Feuerwerk. Dazu faszinieren die winzig kleinen dezent-vanilligen Holznoten, die markanten Töne von leicht salziger Mineralik und die gut versteckten Anklänge von Gerbstoffen im Hintergrund. Alles zusammen verbreitet druckvoll vibrierende Coolness und Frische. Er perlt cremig und weich über die Zunge, einem straffen, saftig-herben Abgang entgegen. Die Cuvée bedient gerne und äußerst hochwertig den puristischen Geschmack, gradlinig und ohne Schnörkel. Ein Brut Nature mit der handwerklichen Exzellenz der Kellerei Kaltern. Er wurde vom renommierten italienischen Weinführer Vini Buoni d'Italia in der höchsten Kategorie mit der „Corona" (Krone) ausgezeichnet. Servieren Sie ihn in einem großen Weißweinglas, damit er seine Eigenarten freigiebig entfalten kann. Er spielt am besten eine Hauptrolle als Solist, begleitet aber auch gerne ein Räucherlachs-Sashimi oder ein Carpaccio vom Rind.
12.11.2024
Fotos: © Kellerei Kaltern,
Kellereigebäude und Keller © Alex Filz