An den vier Enden der Welt
An den vier Enden der Welt
Die Quinta da Plansel in Portugal:
mit Tradition und Frauenpower zu Spitzenweinen aus dem Alentejo
Eigentlich begann alles im pfälzischen Neustadt an der Weinstraße, wo der 1938 geborene Hans-Jörg Böhm in einer traditionellen Winzerfamilie aufwuchs. 1961 führte ihn eine Segeltour nach Portugal, die allerdings mit dem Kentern seiner Yacht „Prosper d`Etel“ im Hafen von Cascais bei Lissabon jäh endete. Nicht überliefert ist, ob er die Erinnerung an die Havarie spontan in portugiesischem Wein ertränkte, jedenfalls war das Ereignis der Beginn einer wunderbaren Liebe zum portugiesischen Wein, der für ihn so faszinierend anders war als in der Pfalz, insbesondere was die Rebsorten und die damalige Weinbereitung angingen.
Das kontinentale Klima wird durch den Atlantik und durch die Gebirgskette Monfurado beeinflusst und gestaltet ein einzigartiges Terroir. Im Sommer reicht die Temperaturamplitude von 48°C am Tag bis 18°C in der Nacht, was den Rebstöcken gefällt und die Aromatik der Trauben und das Säuregerüst stärkt. Hingegen kann es im Winter schon mal Frost bis –4°C geben.
Seine 1965 in der Pfalz geborene Tochter Dorina kam nach dem Abi 1987 nach Montemor-o-Novo und studierte dann Weinwirtschaft an der Hochschule Geisenheim mit einem Praktikum bei Deinhard. 1993 zog sie endgültig nach Portugal und baute zusammen mit ihrem Ehemann Thomas, der 2008 tragisch dem Krebs erlag, ihre eigene moderne Kellerei auf, die Adega Plansel. Aus ihr entstand 1997 das Weingut Quinta da Plansel, von „Plantas selecionadas“ abgeleitet, was sinngemäß „auserwählte Reben“ heißt und auf das von Hans-Jörg Böhm ausselektionierte Rebmaterial hindeutet. Es waren seine Selektionen und seine Mikrovinifikationen, die auch die Auswahl der Pflanzen für die seit 2004 neu angelegten Weinberge der Quinta da Plansel bestimmte. Auf dem Weingut von Dorina Lindemann arbeiteten am Anfang übrigens ausschließlich Frauen, weil es im erzkonservativen Portugal damals für männliche Arbeitskräfte nahezu undenkbar war, sich der Führung einer Frau unterzuordnen.
Die Quinta da Plansel hat nicht nur eine spannende Geschichte zu bieten, sondern sie hat maßgeblich den Aufschwung der portugiesischen Weinwirtschaft beeinflusst und den Weg von der Masse zur Klasse geebnet: Vollmundige Weine mit weichen Tanninen, mit einem komplexen Charakter und mit Frische, Frucht und Eleganz war die Zauberformel der Familien Böhm-Lindemann, die führend zur internationalen Anerkennung der Weine aus Portugal beitrug.
Heute bewirtschaftet die Quinta da Plansel rund 75 Hektar Rebfläche und füllt alljährlich eine halbe Million Flaschen ab, die in fünfzehn Länder exportiert werden. Die Weine sind in vier Linien aufgestellt: Marquês de Montemor, Plansel Selecta, Dorina Lindemann und Family Estate. Überwiegend werden Rotweine hergestellt: Die wichtigsten Rebsorten sind zu 30% Touriga Nacional, 20% Aragonez (Tempranillo), 15% Trincadeira, 15% Touriga Franca sowie Tinta Barroca und Castelão. Der Anteil der Weißweine liegt bei etwa 20%, vor allem aus den Rebsorten Verdelho, Arinto, Antão Vaz, Viosinho und Albarino. Daneben gibt es Rosé-Weine als Cuvés aus Aragonez und Alfrocheiro. Die Rebflächen liegen verteilt auf vier verschiedene Quintas rund um Montemor-o-Novo: Quinta de S. Jorge, Quinta de Sta. Margarida, Quinta da Adua und Monte da Fidalga. Wie es in Portugal vorgeschrieben ist, werden Quinta-Weine nur aus eigenen Reben ohne Zukäufe hergestellt.
Im Weinberg wird wegen des trockenen Klimas im Alentejo oft bewässert. Das geschieht teilweise mit der international üblichen modernen Tropfbewässerung, die aber den Nachteil hat, dass die Wurzeln der Rebstöcke bald nur noch relativ oberflächlich wachsen. Daher überflutet Dorina Lindemann die Rebzeilen auch gerne mal mit großen Wassermengen, damit der Boden viel aufnimmt und es tief eindringt. Sie sieht darin eine Möglichkeit, die Reben zu veranlassen, mit den Wurzeln weit in den Boden einzudringen und Aromen und Mineralität in die Trauben zu transportieren.
Die Quinta da Plansel ist nicht nur ein Ort des Weins, sondern bietet auch eine große Sammlung zeitgenössischer Kunst mit vielen Originalen von Beuys, Immendorf, Richter, Hundertwasser oder Lüpertz und eine der umfangreichsten Antiquariate portugiesischer Weingeschichte. Zwei neue Luxusappartments mit Pool, mitten im Weinberg neben einer alten Kapelle aus dem 15. Jh. mit Blick auf das Weingut und die mittelalterliche Burg von Montemor-o-Novo gelegen bieten eine komfortabel ausgestattete Unterkunft für jeweils vier Personen Sie liegen nur wenige Gehminuten vom Weingut entfernt. Um die Appartements und die Kapelle herum ist viel Platz, so dass auch Stellplätze für Zelte, Wohnwagen und Karavane angeboten werden.
Wir konnten acht Weine der Quinta da Plansel verkosten.
2022 Reserva Branco IG Alentejano
Im Glas leuchtet der Reserva Branco in einem kräftigen Strohgelb. Er verströmt extrovertiert ein frisches und lebendiges Fruchtspektrum mit exotischen Nuancen von Ananas und reifer Papaya über Aprikose und Zitrus bis zu einheimischen Stachelbeeren. Am Gaumen genießen wir die Folgen des Aufenthalts im Barrique: Reife Bananen, würziger Waldhonig, einige Nüsse, sanfte Vanille und eine leise Ahnung von Brioche. Gleichwohl sind die Frische und der große exotische Fruchteindruck nicht abhanden gekommen, er beeindruckt in einem feinen Säurespiel und einem herrlichen Schmelz im langen Abgang. Das ist ein lebendiger und eleganter Weißwein mit Harmonie und Finesse. Servieren Sie ihn zu einer Vorspeisenplatte mit geräuchertem Schinken und Salami, zu einem Zwiebelkuchen oder zu Lachs vom Grill.
2023 Verdelho Parcela Especial IG
Keinesfalls ist die Verdelho verwandt, geschweige denn identisch mit der spanischen Verdejo oder der italienischen Verdello, nicht einmal die rote Verdelho Tinto stimmt mit ihr genetisch überein. Das gilt auch, soweit die Malvasia Fina Rebe unter diversen Verdelho-Bezeichnungen kursiert. Aufgrund morphologischer Übereinstimmungen wird die Verdelho manchmal mit der Gouveio oder der Chenin Blanc oder der Doçal Tinto verwechselt. All das bringt selbst die Fachwelt notorisch durcheinander, nur Hans-Jörg Böhm hat das alles am besten gewusst.
Der 2023 Verdelho Parcela Especial ist ein 100%er Verdelho, dessen Trauben auf den ortstypischen verwitterten Granit- und metamorphen Sedimentböden gewachsen sind. Sie wurden handverlesen vorsichtig in 25kg-Kisten transportiert und per Ganztraubenpressung entmostet. Der über 24 Stunden bei 5°C gekühlte Most wurde vorgeklärt und mit Reinzuchthefen angesetzt. Das Besondere ist allerdings, dass er mit weniger als 14°C zur Hälfte in Edelstahltanks und in französischen Barriques vergoren wurde, um das oftmals neutral erscheinende Aroma der Rebsorte deutlich anzuheben.
Im Glas haben wir einen zitronengelben Wein, dessen Aromen leicht blumig und sehr tropisch emporsteigen, dabei sind etwas Aloe Vera und Ingwer. Dazu weht eine markante Zitrusnote herum. Am Gaumen schätzen wir die der genialen Ausbaumethodik zu verdankende schmelzige Würze und seine sommerliche Zitrus- und Steinobst-Aromatik in Richtung Aprikosen. Die sortentypisch animierende Säure ist nicht nur durch die Vollreife der Trauben abgemildert und den Barriqueausbau abgepuffert, sondern mit dem feinen Restzucker und der dezenten, leicht salzigen Mineralität gut ausbalanciert. Die Mineralität tritt im cremigen, dichten Abgang noch einmal schön hervor. Reichen Sie den Wein ganz klassisch zu Linguini mit Meeresfrüchten oder im Käsegang zu weißem Weichkäse oder auch ganz mutig zu einem weiße Bohnen-Eintopf.
2022 Reserva Tinto IG Alentejano
Wir haben eine geradezu klassische Plansel-Cuvée vor uns, die einer der Top-Seller des Weinguts ist und dessen Cuvée-Sorten in den letzen Jahren immer mal wieder verändert worden sind. Der Jahrgang 2022 ist assembliert aus 50% Aragonez und 50% Tinta Barroca. Die Rebstöcke stehen in den verschiedenen Weinbergen auf stark eisenhaltigen Böden aus Sand, rotem Lehm, Ton, Kalk und Schiefer. Dort, wohin sich die Wurzeln der älteren Rebstöcke strecken, treffen sie auch auf Granit.
Im Glas strahlt der 2022 Reserva Tinto in einem intensiven Granatrot mit violetten Reflexen. Wir erschnüffeln betörend süßliche Aromen für Naschkätzchen: dunkle, reife Pflaumen, einige Maraschino-Kirschen, Nougat, Marzipan, dunkle Schokolade und vielversprechende karamellige Töne aus der Holzbehandlung. Die Süßlichkeit ist geschickt eingebunden in eine pikante Würze mit floralen Noten. Schon der erste Schluck weist den Wein als schmackhaften und universellen Begeisterungswein aus, der durch seine kraftvolle Vollmundigkeit und die weiche, fruchtige Aromatik der perfekte Begleiter für jeden Anlass ist. Nach einer halben oder einer Stunde wird die Aromafülle im Geschmack noch eindrucksvoller. Den Gaumen erreicht ein saftiger, dichter Wein mit schmackhaften Impressionen von Kirschen und dunklen Beerenfrüchten, insbesondere Brombeeren. Die kräftige und fruchtige Würze wird weder von der verhaltenen Säure noch den weichen Tanninen überlagert. Im langen, fruchtigen Abgang mit feinen Holzaromen zeigt sich der Wein facettenreich, harmonisch, saftig und elegant mit großer Komplexität. Er passt hervorragend zu einem Borrego de Montemoro-Novo, aber auch zu einem auswärtigen Rindersaftbraten aus dem Ofenrohr.
2023 Trincadeira Homenagem ao Thomas IG Alentejano
Im Glas fällt die leuchtende rubinrote Farbe auf, die manchmal violette Reflexe durchlässt. Das intensive Bukett ist vor allem geprägt von schwarzen Johannisbeeren, aber auch Zwetschgen mit subtilen Anklängen dunkler Kirschen. Daneben behaupten sich gut die würzigen Töne Richtung Rosmarin, Thymian und Lorbeer sowie einige Kräuter, aber auch deutliche Trüffelaromen. Ab und an weht ein winziger Hauch Vanille und Veilchen aus dem Glas. Am Gaumen kommt der Wein saftig und vollfruchtig an: reife rote und schwarze Beeren aus dem Wald, dazu ordentliche Würze und Anmutungen von Rosen und Veilchen im Hintergrund – alles mit durchaus herber Kraft und dezenter Tanninstruktur. Die gut integrierte aktive Säure verleiht dem Wein eine bemerkenswerte Frische. Im intensiv fruchtigen Abgang bleibt dieses harmonische Zusammenspiel noch lange lebendig und begleitet einen animierenden, herbfrischen Trinkfluss. Ein unverwechselbarer reichhaltiger, saftig-frischer und ausgewogener Trincadeira mit einer interessanten Komplexität. Er gesellt sich gerne zu einer Lammkeule aus dem Rohr, zu deftigen Pilzgerichten oder zu reifem Käse. Dank der Struktur und Tiefe ist dieser Wein auch eine ausgezeichnete Wahl für festliche Anlässe. Er kann sogar auf einer Party mit gegrilltem Fleisch und würzigen Saucen einen perfekten Kontrast bilden.
2022 Tinta Barroca Colheita Selecionada IG Alentejano
Der Wein, dessen Flaschen in limitierter Auflage nummeriert sind, fällt schon im Glas durch ein tiefschwarzes Granatrot auf. Er offeriert spontan vielschichtige Aromen von dunklen Beerenfrüchten, von Morellenfeuer-Kirschen, getrockneten Dörrpflaumen, von Mokka und Cassis und setzt einen Hauch feiner von Zeder und Lärche obendrauf. Den Mund füllt dann plötzlich eine unbändige Kraft und wuchtige Energie: schwarze Beeren, kompakte Fruchteindrücke und dichter Extrakt. Gleichwohl wird die herrliche Fruchtigkeit des Weins nicht erschlagen. Sie ist vielmehr in die aktiven, feinkörnigen Tannine und die lebendige Säure und die feinen Röstaromen harmonisch eingebunden. Das stützt zusammen mit einer gewissen Süßlichkeit und einem Hauch Karamell ein langes, opulentes, fruchtiges und durchaus tanninbetontes Finish. Reichen Sie diesen edlen Wein als Rarität zu einem rustikalen Wildschweinbraten à la Obelix oder etwas abgedrehter zu einem angewärmten, reifen Camembert.
2022 Touriga Franca Colheita Selecionada IG Alentejano
Im Glas sehen wir ein tiefdunkles Granatrot mit einem violetten bis dunkelblauen Schimmer. Wir können kaum aufhören, am Wein zu schnüffeln: tiefaromatische Fruchttöne von Brombeeren, Pflaume, Cassis, Feigen, Schokolade, Vanille und Veilchen empfangen uns. Dazwischen wehen leichte Düfte von Gewürzen aus dem Glas. Die komplexe Aromatik fördert die Lust auf den ersten Schluck. Da werden dann explosionsartig Rotweinträume wahr: schwarze Beeren und schwarze Kirschen, also Schwarze Johannisbeeren, Heidelbeeren, Brombeeren und die Hedelfinger Knorpelkirsche kurz vor der Überreife. Immer wieder drängeln sich Noten von Süßholz, Zeder und Schokolade und ein geheimnisvolles Gewürzspektrum mit Zimt und Nelken dazwischen. Die präsenten Tannine sind reif und rund. Der Wein kokettiert mit einem üppigen Körper und ungefilterter Energie. Im langen Abgang kommen kühle Finesse und Eleganz auf, begleitet von der Freude über das geschmacklich begeisternde Ergebnis einer exquisiten Rebsorte. Ein Wein mit starken Konturen und einer vielseitigen Identität, der mit jedem Schluck mehr von seinen Geheimnissen Preis gibt. Er hat zudem ein enormes Alterungspotenzial. Genießen Sie ihn als Entdeckerwein, vor allem verschrecken Sie ihn nicht mit einem profanen Pastagericht, sondern knallen Sie ihm ein gigantisches, saftiges, gut gegartes Entrecôte vom Grill mit Rosmarinkartoffeln hin.
2022 Touriga Nacional Colheita Selecionada IG Alentejano
Er sendet süßliche, konzentrierte Aromen in die Nase, ein echtes Boah-Erlebnis: blaue Pflaumen, spätreife Feigen, reife Brombeeren, Heidelbeeren und Schwarze Johannisbeeren, ein wenig Süßholz, ein wenig Vanille, winzige Spuren von Eukalyptus und ein anhaltender Duft von Orangenblüten, blauen Veilchen und eine Spur Bergamotte. Am Gaumen bietet er opulente Geschmackseindrücke in einem Fruchtreigen aus den erschnüffelten Aromen, wobei die Brombeeren, Heidelbeeren und Schwarzen Johannisbeeren in der ersten Reihe Platz nehmen vor Schokolade, Mokka, Karamell und einer Spur Minze. Die Säure ist lebendig, aber ebenso wie die 15 % Alkohol und die markanten Tannine extrem gut ausbalanciert und sendet zusammen mit der saftigen dezenten Restsüße einen Eindruck besonderer Vielschichtigkeit. Alles zusammen garantiert einen langen, üppig-fruchtigen und weichen Abgang, in dem sogar die präsenten Tannine angenehm samtig dahingleiten. Ein majestätischer, verführerisch eleganter Wein, der in jedem Jahrgang Medaillen, Sterne und Urkunden einbringt. Das ist der Wein, der ein Côte de Boeuf aus dem Ofen eskortiert, gerne auch mit Rotkohl und Klößen. Genießen Sie ihn aber auch aus einer angemessen edlen Karaffe als Solisten.
2019 Grande Escolha IG Alentejano
Aus dem in einem tiefdunklen Rubin- bis Granatrot funkelnden Glas drängeln sich komplexe Aromen, von denen schwarze und rote Waldbeeren wie Brombeeren, Heidelbeeren, schwarze und rote Johannisbeeren es als erste in die Nase schaffen, gefolgt von einer tiefen Würze, etwas Schokolade und subtilen floralen Komponenten von Veilchen und Rosen. Dazu unternimmt die Nase einem kurzen Ausflug in die feine Welt der Barriques und erschnüffelt dezente Spuren von Vanille, Süßholz und Röstaromen. Am Gaumen entfaltet sich ein elegantes Mundgefühl und vermittelt eine herrlich kühle Fruchtigkeit. Die Fruchtnoten sind dunkel und dicht – Schwarzkirschen, Walderdbeeren und einige Heidelbeeren. Die Holztöne kommen mit einer betörenden feinen Süßlichkeit plus etwas Schokolade und Zimt herüber. Das Holz drängt sich aber nicht in den Vordergrund, sondern ist ordentlich eingebunden. Die Säure ist lebendig und gefällig, die Mineralik erfrischend, die Tannine greifen nicht an, sondern legen sich weich und süßlich an den Gaumen. Alles zusammen gestaltet einen langen, dichten, teilweise energisch-herben, aber immer seidigen Abgang. Das ist ein vollmundiger Spitzenwein mit Energie und Eleganz, den jeder Rotweintrinker bejubeln wird. GenießenSie den Grande Escolha als kostbaren Solisten zu einem ganz besonderen Anlass, der auch im Öffnen einer Flasche bestehen kann. Und relativieren Sie diesen ganz besonderen Augenblick nicht mit den üblichen Verdächtigen aus der Küche.
Das Alentejo
Alentejo, das „Land jenseits des Tejo“, nennen die Portugiesen das Gebiet, das im Norden von dem bei Lissabon träge ins Meer fließenden Rio Tejo, im Süden von der Algarve, im Osten von Spanien und im Westen vom Atlantik begrenzt wird: Eine weite, nahezu riesige Region, die knapp ein Drittel der portugiesischen Festlandsfläche umfasst, aber fast überall nur dünn besiedelt ist. Man kann stundenlang durch die sonnenverwöhnte Landschaft fahren, ohne jemals einem Menschen zu begegnen: nur Korkeichen-Wälder, grün- gräulich schimmernden Olivenhaine und zart duftende Lavendel-Felder, dazu die gelben Farbtupfer von Weizen, Mais und Sonnenblumen. Man durchquert die Dörfer mit ihren kleinen, strahlend weiß gekalkten Häusern, wo im Hochsommer das Leben wegen der Hitze erst am Abend erwacht. Und an und an tauchen als grüne Spots auch Weinberge auf.
Nur fünf Prozent des Alentejo sind mit Wein bepflanzt, insgesamt knapp 22.000 Hektar. Die größten zusammenhängenden Flächen liegen um die Städte Évora, Borba, Reguengos und Estremoz herum. Es gibt Granit-, Schiefer- und Kalkböden, wobei es meistens mit dem ortstypischen roten Lehm angereicherte Verwitterungsböden sind. Das Klima im Alentejo ist in Richtung Atlantik maritim ausgeprägt, in Richtung spanischer Grenze eher kontinental, das heißt in der Regel heiß und regenarm.
Wie es auch in anderen Regionen Portugals üblich ist, hat die DOC (Alentejo) mit den acht Teilgebieten keine besondere Bedeutung für das Prestige und schon gar nicht für die Qualität der Weine. Den Winzern ist die Individualität ihrer Kreationen wichtiger als die Einengung durch die strengen DOC-Regeln. Ähnlich wie in Italien zieht man es vor, die Weine als Vinho Regional Alentejano zu klassifizieren, um die größeren Spielräume der VR-Bestimmungen, insbesondere bei den Rebsorten zu nutzen. Die neue Bezeichnung im Rahmen der EU-weiten Vereinheitlichung lautet übrigens Indicação Geográfica Protegida (IGP), was sich im allgemeinen Sprachgebrauch bislang aber noch nicht durchgesetzt hat. Gerade die qualitativ hochwertigsten Weine verstecken sich als Vinho Regional. Vorwiegend ist das Alentejo bekannt für reife, eher unkomplizierte, fruchtige Rotweine.
Das Alentejo ist eine Region, die sich jedem Klischee widersetzt. Eine großartige Landschaft mit gastfreundlichen, hilfsbereiten Bewohnern, mit faszinierenden Gegensätzen und unzähligen Höhepunkten. Der Alentejo ist ein Ziel für Genießer und anspruchsvolle Individualisten, die bereit sind, das wohl ursprünglichste Stück Portugal für sich zu entdecken, auch in seinen Weinen.
05.02.2025
Fotos: © Quinta da Plansel