An den vier Enden der Welt
An den vier Enden der Welt
Wo Alpengletscher mediterrane Täler umarmen: Die Kellerei Eisacktal in der Spitzenliga der Qualitätsweine aus Südtirol
Südtirol (Alto Adige) bildet mit rund 5.300 Hektar ein kleines, aber selbständiges italienisches Weinanbaugebiet in der Region Trentino. Rund 5.000 Betriebe bauen Reben an, etwa 160 Betriebe füllen alljährlich gut 40 Millionen Flaschen, von denen etwa ein Drittel exportiert wird. Über 98 Prozent der gesamten Fläche sind als DOC mit sieben Unterregionen für bestimmte Weintypen klassifiziert. Rund 70 % des Weins werden in 15 Kellerei-Genossenschaften erzeugt, die hier eine lange Tradition im Weinbau haben und zusammen mit 10 Molkerei- und 25 Obstgenossenschaften über 3.500 Arbeitsplätze in der Südtiroler Landwirtschaft sichern. Wer sich bei uns lauthals über Genossenschaftsweine pikiert, muss wissen, dass Genossenschaftskellereien in Südtirol Tradition haben und schon lange keine Massenweine, sondern höchste Spitzenqualitäten herstellen.
Hier wurde seit Jahrhunderten Weinbau betrieben, vorwiegend von den Klöstern. Schon der Minnesänger Walther von der Vogelweide pries die Weine aus dem Gebiet um Klausen und Brixen. Ein Neubeginn des in den Jahrzehnten davor stark vernachlässigten Weinbaus erfolgte 1961 mit der Gründung der Kellerei Eisacktal als jüngste südtiroler Genossenschaft mit Sitz am Reintalherhof. Als das historische Gebäude ein Jahr später abbrannte, kaufte die Genossenschaft die Ruine und errichtete einen modernen Produktionsbetrieb. Viele Weinbauern arbeiteten damals nur im Nebenerwerb und erkannten, dass ein Zusammenschluss sowohl Produktion als auch Absatz fördert. Nach dem Zusammenbruch der Lagerhalle durch eine Neuschneedecke zog die Kellerei 1978/79 um und vergrößerte die Betriebsanlagen an den Spitalwiesen in Klausen zwischen Brennerstaatsstraße und Fluss. 2006 wurde der gesamte Komplex modernisiert. Zum 60-jährigen Jubiläum 2021 designte man die Flaschen und den Internetauftritt komplett neu.
Den Grundstein für die Hochwertigkeit und den Charakter der Weine der Kellerei legt das einzigartige Terroir des Eisacktals. Die Weingärten schauen in alle Himmelsrichtungen, mit Böden, die sich das Beste aus der Geologie ausgesucht haben, und die ein Mikroklima genießen, das jede Lage individuell verwöhnt. Die Rebstöcke stehen in den Weingärten der Mitglieder in schroffen, teils abenteuerlich steilen Hügel- und Steillagen. Dabei klettern die Rebanlagen von 250 bis auf 1.000 Meter Meereshöhe. Diese Tophöhe war früher in Europa eine grenzwertige Höhenlage für den Weinanbau, die sich in Zeiten der Klimaveränderung indes zum Vorteil entwickelt, zumal die Reben hier langsam wachsen und in Ruhe die begehrte lebendige und spannungsreiche cool climate Aromatik aufbauen können, bis sie nach sonnig-warmen Herbsttagen spät geerntet werden. Die Reben schmiegen sich an die ortsüblichen Pergel-Drahtrahmen und wachsen im Angesicht von eisigen Bergwinden und späten Nachtfrösten trotzig der stundenlang scheinenden Sonne entgegen, während sie die Wurzeln in die Tiefe schicken, um Wasser und Mineralien zu tanken, mit denen sie die Aromatik der Trauben anreichern.
Klimatisch bietet das Eisacktal den Reben beste Voraussetzungen für eine stressfreie Entwicklung der Aromen und des wichtigen Säureniveaus. An außergewöhnlich vielen Tagen im Jahr strahlt die Sonne, während die Niederschlagsmengen gering ausfallen und die Rebstöcke von kühlen alpinen Brisen trocken gehalten werden, was Pilzbefall inklusive Botrytis verhindert. Die Abkühlung in der Nacht durch die Luftströmungen von den umliegenden Bergen fördert noch einmal die Konzentration der Aromen in den Trauben.
Die Arbeit auf den Terrassen in den Weingärten ist fast immer Handarbeit, gelesen wird ausschließlich von Hand. Viele Genossenschaftsmitglieder richten den Anbau zunehmend nach ökologischen Regeln aus, weil sie erkannt haben, dass es gilt, die Natur auch für nachfolgende Generationen noch genießbar und nutzbar zu hinterlassen. In der Produktion wird auf die Schonung der Ressourcen geachtet, insbesondere was den Wasserverbrauch und die Stromerzeugung durch Photovoltaik angehen. Obendrein wurde die Leichtglasflasche eingeführt, was jährlich 67,5 Tonnen CO2 einspart und die Umweltbilanz deutlich verbessert.
Die Kellerei hat ihre Weine in abgestufte Kategorien eingestellt: Ganz oben rangieren als absolute Spitzenweine die limitierte Premium Cuvée Adamantis aus Sylvaner, Grüner Veltliner, Pinot Grigio und Kerner sowie die ebenfalls limitierte Linie Sabonia mit einem Silvaner und einem Kerner aus den Toplagen der Dioritfelsen rund um das Kloster Säben. Es folgt die Selektions-Linie mit den sortentypisch vinifizierten Aristos-Weinen mit neun weißen und einer roten Rebsorte plus einem Schaumwein. Klassisch Weiß und Klassisch Rot präsentiert zehn frische, fruchtige und mineralische weiße und vier ausgesuchte erstklassige Rotweine. Dazu kommt die Linie Isaras mit drei Aperitifweinen – von jeder Farbe einer. Der Dessertwein Nectaris ist ein Passito aus selektierten, getrockneten Kerner-Trauben. Die meisten Weine tragen die Herkunftsbezeichnungen DOC-Eisacktaler oder DOC Südtiroler.
Wir konnten acht Weine der Kellerei Eisacktal aus der ARISTOS-Linie verkosten.
2023 Aristos Kerner
Aus dem strohgelb mit grünlichen Reflexen beleuchteten Glas drängen sich feinfruchtige Aromen. Charente-Melone, Passionsfrucht, Honigtau und viel Muskat mit einigen weißen Pfirsichen und einer gewissen pikanten Kräuterwürze sind die Richtungen, mit denen man sensorisch auf einer üppigen Blumenwiese sitzt: Hier blühen Geißblatt, dort weiße Rosen und Akazien, irgendwo liegen ein paar Steine herum. Man kann gar nicht aufhören, zu schnüffeln. Wer nun einen süßlichen Blumenwein erwartet, wird überrascht. Schon der erste Schluck schafft Klarheit im wahrsten Sinne des Wortes: ein trockener Wein, transparent, gradlinig, vollmundig und frisch. Wir genießen ein Potpourri an Früchten: rote und grüne Äpfel, Honigmelonen, reife Reineclauden, weiße Pfirsiche, eine winzige Spur dunkler Beeren und Limette. Dazu melden sich auch am Gaumen dezente Muskatnoten. Eine rassige, fröhliche und gut integrierte Säure versorgt den runden Körper und das starke Aroma mit herrlicher Frische und Saftigkeit, was dem würzigen Finale noch einmal ordentlich Schwung und Coolness verschafft. Es ist ein intensiver, charaktervoller, von einer subtilen Mineralik begleiteter Wein mit einer guten Struktur und imponierender Ausdrucksstärke. Der Kerner Aristos ist der Weiße, der auf dem Tisch steht, wenn die erwachsenen Kinder oder Großvater kommen, wenn im Spa oder am Strand das Glas gefüllt wird oder wenn man das ganze Jahr über Lust auf Sommer haben will.
2023 Aristos Silvaner
Die Trauben für diesen Sylvaner stammen aus den sonnendurchfluteten Weinbergen rund um das Kloster Säben. Hier stehen die Rebstöcke auf flachgründigen, kargen und steinigen Diorit- und Quarzphyllit-Verwitterungsböden. Die Trauben wurden streng selektioniert von Hand gelesen und bekamen eine kurze Maischestandzeit, bevor schonend abgepresst und der Most im Edelstahl vergoren wurde. Der Wein reifte für 7 Monate auf der Feinhefe, teils im Edelstahltank, teils im großen Akazienholzfass.
Wenn Sie den Wein im grünlich-hellgelb strahlenden Glas einige Minuten atmen lassen, bedankt er sich mit einer eindrucksvoll stürmischen Nase: Alle wollen die ersten sein – die grünen Äpfel, die kleinen gelben Pflaumen, reife Birnen, Pfirsiche, einige frische Kräuter und eine Anmutung von Nüssen. Im Hintergrund schweben fein-vegetabile Richtungen. Am Gaumen korrespondiert die Fruchtigkeit harmonisch mit der deutlichen Mineralik und dem angemessenen Säuregerüst. Er tritt gradlinig, klar und frisch mit einer eleganten Tiefe auf. Im ausgiebigen Finish verbündet sich die straffe Säure innig mit der Frucht und der Mineralik. Ein griffiger Wein, der saftig und animierend ein kühles, frisches Mundgefühl vermittelt. Er beeindruckt einen Kalbsrücken mit Rahmsoße ebenso wie ein Perlhuhn aus dem Rohr.
2023 Aristos Pinot Grigio
Schon im Bukett hebt er sich deutlich ab von den schnöden Pinot-Gridjio-Typen aus dem Trinkernahverkehr. Er lockt nicht nur mit Fruchtnuancen von reifen gelben Äpfeln, Williamsbirnen und Mirabellen, sondern auch mit Noten von Macadamia Nüssen und mit vegetabilen Lüftchen. Im Mund trifft sich dieses schöne Aroma-Ensemble wieder, hinzu kommen Spuren von dunklen Beeren, Ananas, Mandeln und würzigen Kräutern. Die Kühle der Frucht und die Präzision der lebendigen Säure sind bemerkenswert. Dank geht an den wärmenden Lehm, der obendrein durch sein Wasserhaltevermögen für ein verlässliches Wachstum der Reben sorgt und den Trauben die sonst oftmals schwächelnde Säurestruktur erhält, was sich durch rechtzeitige Ernte noch absichern lässt. Im Mund geht der Wein über in einen kühlen, fast schmelzigen Abgang mit saftiger Kraft und Frische, die sich nicht in belangloser Lieblichkeit verlieren. Dieser vollmundige Pinot Grigio steht richtig auf dem Tisch für ein Lachsfilet mit weißem Spargel.
2023 Aristos Gewürztraminer
Kaum ist der Gewürztraminer im Glas, schon explodieren die Aromen: Ein Strauß Rosen und edle Muskat-Gewürze, dazu ein Korb heimischer und exotischer Früchte mit Aprikosen, Maracujas und Zitruszesten aber auch ein Hauch von Nelken, Marzipan und Vanille. Alles aber auf der kühlen Ebene, ohne aggressiv zu wirken. Das Aromengemälde setzt sich am Gaumen fort, niemand will der Erste sein, der diesen hochkomplexen Wein aus dem Mund entlässt. Ein Touch dunkler Beeren, ein Hauch von vegetabilen Eindrücken und Spuren von Mineralik runden das Geschmacksbild ab. Er ist konzentriert rein-fruchtig, intensiv, aber auf keinen Fall wuchtig oder übersatt, obgleich der merkliche, aber nicht übertriebene Alkoholgehalt von 14 % bei Weißweinen nahe an der no-go-Area liegt. Mit nachhaltiger aromatischer Intensität tritt er zusammen mit der sortentypisch milden Säure in einem langen Finish mit dezenten mineralischen Anklängen ab – getragen von einer aromatischen Würze und einer üppigen Fruchtigkeit. Der Wein ist ein flüssiger Berater im entspannten Gespräch, aber auch der galante Begleiter einer Gänseleberpastete oder einer großen Platte mit betont würzigen Käsesorten.
2023 Aristos Sauvignon
Der Sauvignon schaut uns aus dem Glas in einem hellen Grüngelb an. In der Nase outet er sich als der Stachelbeer-Gras-Brennnessel-Typ, der dieses grüne Aromenspektrum intensiv, vollfruchtig und lustvoll rüberbringt und zurückhaltend durch gelbe Töne von Zitrus und Litschis mit einem Touch Mandeln ergänzt wird. Am Gaumen münden die Bukettaromen zusammen mit dezenten Limettennoten und etwas Paprika und Kräuter in einer herrlichen Kraft mit einer lebendigen Säure und einer bodenbezogenen dezenten Mineralik, was den leicht schmelzigen Abgang dann anhaltend ausfüllt. Das ist ein vollmundiger Wein, der Energie spendet – ein saftig-fruchtiger Frischling mit einer schlanken, kernigen Struktur. Er brilliert völlig risikofrei zu weißem Spargel mit Kartoffel-Drillingen oder zu Meeresfrüchte-Pasta oder als kleine Apéro-Überraschung mit einem Ziegenkäse-Dip.
2023 Aristos Grüner Veltliner
Hellgelb schimmert er im Glas und lässt bisweilen einen grünen Reflex aufblitzen. In der Nase tritt er mit einem interessanten floralen und pikant-kräutrigen Aroma an, das eine eigene alpine Frische ankündigt. Eher schüchtern wollen auch Früchte wie grüne Äpfel, Birnen, weiße Johannisbeeren und einige weiße Pfirsiche mitmachen. Die alpine Frische breitet sich im Mund, gestützt durch die elegante Säure, nachhaltig aus. Eine pikante Würze betont seine klassische Fruchtigkeit. Ein energieverbreitender dezent cremiger Abgang mit deutlicher Saftigkeit hält das gut ausbalancierte Frischeerlebnis noch lange und aromatisch auf der Zunge. Ein ausdrucksstarker, sauberer und aromatischer Wein mit spannender Finesse. Was das Speisepairing angeht, so begleitet dieser außergewöhnliche Grüne Veltliner gerne ein Spargelrisotto oder im Vorspeisengang einen Salat Niçoise oder eine gigantische Platte mit heimatlichem Südtiroler Speck von verschiedenen Metzgereien.
2023 Aristos Weissburgunder
Obgleich die meisten Weißburgunder sich im Bukett eher zurückhalten, verströmt dieser hier nach einiger Belüftung ein frühlingshaftes Flair von grünen Äpfeln, gelben Birnen, Aprikosen und viele weißen Blüten, dazu einige Nüsse und eine kleine Würze, alles umweht von einem Hauch Mineralik. Am Gaumen dann eine hohe Eleganz ohne Schwere oder aufdringliche Opulenz. Das ist trotz des Besuchs des Holzfasses keiner der Brioche-Typen, sondern ein frisch-saftiger Wein mit leichter Nussigkeit – alles gekonnt eingebunden in eine wohldosierte Säure und eine salzig-mineralische Note. Auch im langen Finale zeigt er sich trotz seiner trockenen Stilistik von einer überzeugend charmanten Seite mit spannungsvoller Eleganz und kühler Frische in einem fröhlichen Mundgefühl. Auch wenn der Spargel zu den üblichen Verdächtigen gehört – dieser Weißburgunder ist seine perfekte Eskorte. Er ist aber auch der distinguierte Begleiter aller Ereignisse auf der Terrasse und darf dort gerne Kalbfleisch-Rouladen mit Penne und Rucola aufwerten.
2022 Aristos Pinot Noir Riserva
Er leuchtet das Glas einladend sortengerecht in einem hellen Rubinrot aus. In der Nase geht es zärtlich vertraulich zu: samtig-fruchtige Aromen entfalten sich mit dem Duft nach reifen Sauerkirschen, Himbeeren, Walderdbeeren und Waldheidelbeeren, nach Trockenkräutern, Süßholz, Zimt und Veilchen, alles umrahmt von einer zarten Karamell- und Mokka-Note. Am Gaumen tauchen zu den Bukettaromen auch Töne von Cassis, herben Kräutern, etwas Süßholz und ein runder Touch von Röstaromen auf. Wir schätzen die samtige Würze mit den feinsandigen, jugendlichen Tanninen und der gebändigten, aber belebenden Säure. Noch lange erinnern wir den von herber Fruchtigkeit, Würze, Mineralik und Holz gestützten gehaltvollen und fein strukturierten Abgang. Ein komplexer, trockener Blauburgunder: Reif, körperreich, fruchtig und elegant. Mit diesem Wein können Sie in die Küche mit einem riesigen Stück Wild einziehen oder Sie verwöhnen sich und diesen Pinot Noir mit einer Lammkeule in einer kräftigen Fleischsoße mit Kartoffelklößen. Sie können ihn auch noch gut und gerne acht bis zehn Jahre lagern und Jahr für Jahr die Entwicklung zu vollendeter Harmonie genießen.
15.05.2025
Fotos: © Helmut Moling/Kellerei Eisacktal
Flaschenfotos: © Kellerei Eisacktal