An den vier Enden der Welt
An den vier Enden der Welt
Das Weingut Scheiblhofer im Burgenland: The Winzer mit
Best of Burgenland und einer
Wein-Erlebniswelt der Superlative
Bei den Scheiblhofers ist alles mehrere Nummern größer als woanders – seien es die Bauten, die Events, die Innovationen vom Weinmachen bis zum Klimaschutz oder das clevere Marketing in amerikanischem Stil. Dennoch ist das Weingut Scheiblhofer ein Familienweingut geblieben, das mit jugendlichem Schwung smart und nachhaltig von der Großfamilie gemanagt wird. Vor allem aber ist es eine Referenz dafür, dass „think big“ nicht der Qualität des Produkts schaden muss, vielmehr ist es mit seinen Spitzenweinen längst zur Legende des Burgenlandes geworden.
Das Weingut Scheiblhofer befindet sich in Andau, dem östlichsten Weinbauort Österreichs, rund 3 km von der ungarischen Grenze entfernt. Hier steht die berühmte Andauer Brücke über den sogenannten Einserkanal, der den Neusiedler See entwässern sollte. Sie war 1956 für viele Flüchtlinge der letzte Weg in die Freiheit und wurde später von den Sowjets gesprengt, 1996 aber wieder aufgebaut. Die Region gehört zum burgenländischen Weinbaugebiet Neusiedler See und ist von der Slowakei im Norden, von Ungarn im Osten und von Slowenien im Süden umgeben. Andau gehört übrigens zu den wenigen Gebieten der Erde, in denen noch die Großtrappe lebt, die im April in Andau ankommt und den Sommer in den Weiten an der Grenze zu Ungarn verbringt. Sie ist nicht nur das Wappentier der Marktgemeinde, sondern schmückt auch fast alle Etiketten der Scheiblhofer-Weine.
Hatte schon Vater Johann die österreichische Weinszene geprägt und sich unzählige Goldmedaillen bei den verschiedensten Weinprämierungen abgeholt, so startete Sohn Erich gleich mit seinem ersten Jahrgang 2000 des Zweigelt Prädium als Landes- und Bundessieger. Schon mit dem nächsten Jahrgang schickte er den Batonnage hinterher. Die Wild Boys of Batonnage – Erich Scheiblhofer, Markus Altenburger, Florian Gayer, Gerhard Kracher und Christian Tschida – sorgten dafür, dass er sich zum Kultwein entwickelte und 14 Jahre später als erster österreichischer Rotwein die 100 Punkte-Bewertung beim Weinmagazin Falstaff erreichte.
Diese Entwicklung hat viel zu tun mit der stets positiven Begeisterung von Erich Scheiblhofer für seinen Beruf, seine Tätigkeit und für das Leben an sich. Wer über ihn als „Eric, the Viking“ redet, meint die rigorose Kompromisslosigkeit im Weingarten und im Keller und seine Leidenschaft für den Wein, die den eigenen Anspruch auf Perfektion emporschraubt und gnadenlos auf Qualitätsweine setzt, was regelmäßig mit höchsten Auszeichnungen belohnt wird. Dabei weiß Erich genau, dass sein Erfolg auf dem zuverlässigen Zusammenhalt der Familienmitglieder und dem unermüdlichen Engagement und der Mitsprache aller, die hier arbeiten, beruht. Seine amerikanischen und australischen Ausbildungswurzeln drücken sich in der Weinstilistik der Neuen Welt, aber auch in der englische Terminologie auf den Flaschenlabels aus – von The Chardonnay, The Merlot, The Shiraz oder The Cabernet Franc über The Great Bustard bis zu The Peak of Glory oder The Legends und natürlich Big John. Selbstverständlich musste auch eine Corporate Identity mit einer corporate colour her, so dass schwarz und rot als die Primärfarben und silber und gold als Sekundärfarben allgegenwärtig sind.
Die meisten Weingärten und dementsprechend die Weine profitieren vom pannonischen, subkontinentalen Klima im östlichsten Teil Österreichs mit den Einflüssen des Mittelmeeres und des Schwarzen Meeres. Sie bringen trockenwarme, oftmals heiße Sommer und überwiegend mäßig kalte, schneearme Winter. Der Herbst ist lang und mild, was die Reben besonders mögen. Die Gegend hat die meisten Sonnenstunden und die höchsten Temperaturspitzen in ganz Österreich. Die Bezeichnung pannonisch wird übrigens zurückgeführt auf die Römer. Pannonia hieß von 9 bis 433 n. Chr. die Provinz des Römischen Reichs, wo das Volk der Pannonier lebte und zu der unter anderem das heutige Burgenland gehörte. Nach den Römern kamen übrigens die Hunnen und dann die Langobarden.
Im Keller werden die Weißweine überwiegend temperaturgesteuert im Edelstahl, teilweise aber auch im Holz bis hin zum Barrique ausgebaut. Bei der Barrique-Auswahl für die Rotweine wird mit der Entscheidung zwischen französischer Allier- oder amerikanischer Eiche oftmals der Unterschied zwischen mehr Vanille- oder mehr Karamelltönen vorgegeben. Die meisten Rotweine machen die malolaktische Gärung durch. Bei der Flaschenabfüllung wurde der Diam-Korken zur Verschlusssache gemacht: Durch eine patentierte Kork-„Dearomatisierung“ wird rund 10 Jahre lang eine sensorische Neutralität und damit eine geordnete „interne“ Alterung erreicht. Durch verschiedene Aufdrucke auf den Korken werden obendrein Begehrlichkeiten von Korkensammlern geweckt.
Erich Scheiblhofer hat sich die gehobenen Positionen in der Weinwelt über die Jahre hart erarbeitet und wird regelmäßig von allen Fachpublikationen mit Auszeichnungen in höchsten Kategorien begleitet. Dazu passt, dass das Weingut im Rahmen der Weinprämierung 2019 »Best of Burgenland« der Landwirtschaftskammer Burgenland zum »Weingut des Jahres« gekürt wurde und das Genuss-Magazin Falstaff Erich den Titel „Winzer des Jahres 2021“ verlieh. Bei der weltweit größten Weinbewertung „Austrian Wine Challenge“ ging der Titel „Winery of the Year“ in 7 von 9 Jahren ans Weingut Scheiblhofer.
Nicht weit vom Weingut lässt sich durch den Baumlehrpfad und den Bergweingarten des Andreasbergs flanieren. Am offiziell klassifizierten Bergweinberg kann man zudem tausende von Rebstöcken begutachten. Hier war einst eine Sandgrube, die auf Veranlassung des Namensgebers Andreas Nakovitz aufgefüllt und seit rund 15 Jahren von Familie Scheiblhofer im Rahmen eines Pachtverhältnisses weiter aufgetragen wurde bis ein Berg entstand, der als höchste Erhebung weit und breit von einem Riesenmammutbaum und einem Aussichtshochstand gekrönt wird und von dem man weit über den Neusiedler See oder tief nach Ungarn hinein blicken kann.
Wir konnten sechs Weine des Weinguts Scheiblhofer verkosten.
Man weiß heute, dass Sauvignon Blanc eine natürliche Kreuzung aus Traminer und Chenin Blanc ist. Der vollständig im Edelstahltank ausgebaute Sauvignon Blanc aus der Classic-Linie ist die feinfruchtige Variante des Burgenlandes, die von der Stilistik her an den Typ Neuseeland Südinsel angelehnt ist.
Aus dem in einem hellen grünlichen Strohgelb funkelnden Glas duftet es rebsortenrein und zärtlich nach Holunderblüten, Stachelbeeren, Birnen und grüner Paprika. Im Mund breitet sich eine fast süffige, herb-saftige Fruchtigkeit in einer frischen, dichten Textur aus. Pikante Züge von schwarzem Pfeffer erreichen das Level eines Hauchs und vermitteln einen Eindruck von Würze. Ab und an taucht als angenehmer Überraschungsgast eine Ahnung von Cassis auf, wie man es sonst eher von bestimmten Rieslingen kennt. Die aktive Säure dieses Sauvignon ist ordentlich eingebunden und vermittelt eine quicklebendige Spritzigkeit. Ein schöner, flüssiger, knackiger Trinkwein. Servieren Sie ihn nicht nur im Sommer auf der Terrasse für unbeschwerte Stunden, sondern auch zu den üblichen Sauvignon-Verdächtigen wie Spargel und Meeresfrüchte.
2020 The Chardonnay
Im Glas zeigt er sich in einem leuchtenden Weißgold mit silbrig-grünlichen Reflexen. Er sendet ein fruchtig-exotisches Bukett aus mit leichten Tönen von Ananas, gelben Birnen, Honigmelonen, überreifen gelben Pflaumen, Anklängen von Orangen und Mangos nebst einer sanfte Brise von vanilligen Röstaromen. Die Zunge umschmeicheln saftige Früchte wie Melonen und Papaya, dazu etliche kleine Tonlagen von Mirabellen, Nüssen, Butter, Akazienhonig, Vanille und Karamell. Der Abgang ist schön cremig, zeigt eine gewisse mineralische Seite und lässt einen noch lange auf der angenehmen Fruchtsüße herumschmatzen. Ein körperstarker, extraktreicher, jugendlich strukturierter und doch recht eleganter Frische-Frucht-Chardonnay, der Tiefe ausstrahlt und die zarten Holztöne, aber auch die inspirierende Säure gut integriert hat. Er gehört zu den modernen Chardonnay-Typen, die mehr reifen Extrakt in einem attraktiven Fruchtrahmen bieten und weniger briochelastig, buttrig daherkommen. Er ist ein sehr vielseitiger Speisebegleiter und macht sich daher auch gut zu einem Prager Schinken in Brotteig.
2020 Heideboden Zweigelt Selection
Er strahlt uns in einem dunkelschwarzen Granatrot an und offeriert freigiebig intensive Düfte von reifen süßen Hedelfinder Kirschen und Morellenfeuer-Sauerkirschen. Dahinter stellen sich brav feine Nuancen an von Waldbeeren, Zwetschgen, Orangen und Gewürzen. Im Geschmack imponieren die feinsüßliche Fruchtigkeit, die feinröstigen Vanillenoten vom Holz und der schöne kleine Touch von Schokolade. Selbst im langen, herrlich schmelzigen, schlanken und fruchtigen Abgang bleiben die Tannine seidig und sanft und geben dem Wein zusammen mit der gekonnt eingebundenen Säure das beim Zweigelt gar nicht mal so selbstverständliche stabile Gerüst. Ein solider, fruchtbetonter, runder Zweigelt, der eine trinkfreudige Fröhlichkeit herauslässt. Erfreuen Sie ihn und sich mit einem krossen Entenbraten oder einem Perlhuhn aus dem Ofen.
2019 The Zweigelt Ried Prädium
Im Glas verspricht das tintenschwarze Violett mit den aufblitzenden Granattönen Power und Wärme. In der Nase kreisen imposante Aromanoten von Weichselkirschen, Brombeeren und roten Beeren. Dazu gibt es einen üppigen Kick Zimt und einen Hauch Mokka. Am Gaumen kommt der Wein erstaunlich muskulös und stoffig an, ein Harmoniewunder mit der Gutmütigkeit eines Riesen. Herrlich, wie sich die Weichselkirschen hervordrängeln und sich von Heidelbeeren und einigen überreifen Zwetschgen begleiten lassen. Das Fruchtpanorama wirkt eng zusammen mit einer ordentlichen Prise Zimt und feinen Anklängen von Gewürzen, Süßholz und dunkler Schokolade. Die karamellig-röstigen Holznoten sind nicht schamhaft verborgen, sondern passen gut zu den dichten, feinkörnigen Tanninen. Dazu setzen einige Minerale kleine Akzente und stützen einen saftigen, würzigen und kernigen Abgang mit der angenehmen feinen Süßlichkeit aus dem kräftigen Extrakt. Es ist ein fülliger Wein voller Spannung, der schon jetzt auf dem besten Weg zu einem besonders feinen, eleganten und vielschichtigen Zweigelt ist. Einer, der weit wegführt von den einseitig primärfruchtigen Zweigelts aus Österreichs Mengenproduktion. Genießen Sie ihn nach dem Dekantieren als Solisten zum Tagesausklang oder zeigen Sie ihm ein dry aged Rib Eye vom Grill, medium rare.
2019 The Legends
Im Glas schimmert der Wein in einem tiefdunklen Brombeerrot mit purpurnen Reflexen. Es duftet wild nach schwarzen Johannisbeeren, roten Kirschen, Pflaumen und Blaubeeren. Auch feine Gewürze aus der Weihnachtsbäckerei machen sich bemerkbar – alles von einem Touch Orangenzesten, Tabak und zarten Röstaromen unterlegt. Der Mund wird prall, saftig und extrovertiert ausgekleidet von einer enormen Fruchtdichte und einem süßlichen, würzigen Extrakt von dunklen Beeren, Schwarzkirschen und reifen Zwetschgen. Das französische Holz gibt einen schönen vanillig-röstigen Eichenakzent hinzu. Die vom Cabernet her kräftigen, gut eingebundenen, griffigen Tannine, die dezente Mineralität und die saftige Säure sind innig verwoben. Der mächtige Körper entfaltet im kraftvollen Finale eine überraschend seidige Opulenz und elegante Pracht. Eine moderne burgenländische Bordeaux-Symphonie in vielen Tonlagen, die besonders gut schallen, wenn Sie den Wein zwei Stunden vor dem Genuss dekantieren. Er steht gerne auf dem festlich gedeckten Tisch neben der Weihnachtsgans.
Das ist die legendäre Cuvée aus Zweigelt, Cabernet Sauvignon und Pinot Noir, ein Kult- und Markenwein, der das Weingut Scheiblhofer weit über Österreichs Grenzen hinaus berühmt gemacht hat. Mit diesem Wein siegte Johann Scheiblhofer mehrfach bei der Weinprämierung „Best of Burgenland“ und gewann zehnmal bei der AWC Vienna den Titel „Erzeuger des Jahres“. Der Jahrgang 2019 ist 12 Monate in neuen amerikanischen Barriques ausgebaut.
In der Nase bietet er sich voluminös an mit intensiven Aromen von dunklen Kirschen und Waldbeeren, zeigt aber auch sogleich deutliche und vielschichtige karamellige Röstaromen vom Holz. Schon der erste Schluck tritt im Mund üppig und fruchtbetont auf. Satte Tannine und eine sanfte Säure umrahmen eine Holznote, die Reflexe von Karamell, Nougat und süßem Tabak aufbaut. Ein üppiges Potpourri von dunklen Früchten, Kräutern und pikanten Gewürzen entfaltet sich, alles very berry. Der Wein ist komplex und hoch konzentriert, er gleitet anschmiegsam in einen energischen, aber unaggressiven, sehr eleganten Abgang. Schluck für Schluck umhüllt der charaktervolle Big John den Gaumen noch lange dicht und mächtig. Öffnen Sie die Flasche zwei bis drei Stunden vorher und genießen Sie ihn als Solisten an einem schönen Abend oder servieren Sie ihn zu einem klassischen, gespickten Rehrücken aus dem Ofen oder zu einem gigantischen Porterhouse Steak.
29. Dezember 2021
Alle Fotos © Weingut Scheiblhofer