An den vier Enden der Welt
An den vier Enden der Welt
Das Familienweingut Heinzl-Gettinger
in Niederösterreich: hochprämierte Qualität und Weine mit Lebensfreude aus einem kleinen Dorf im Weinviertel
Nicht ein großer berühmter Name, nein, zwei Familienweingüter aus dem kleinen Weindorf Deinzendorf haben bei der Niederösterreichischen Landesweinprämierung unter 920 teilgenommenen Weingütern mit über 6.000 Weinen den Titel errungen: Weingut des Jahres 2024.
Familie Gettinger ist urkundlich belegt seit 1680 in Deitzendorf ansässig. In dem damals üblichen landwirtschaftlichen Mischbetrieb wurde auch Wein angebaut. In den 1960er Jahren begannen Franz und Elfriede Gettinger, die Eltern von Elfriede Heinzl, den Betrieb auszubauen. Sepp Heinzl, der auch tief verwurzelt aus einer Weinbaufamilie in Kammersdorf stammt, begann mit seiner Frau Elfriede in Deinzendorf mit voller Leidenschaft den Wein in den Mittelpunkt zu stellen. Heute führen sie das Weingut mit tatkräftiger Hilfe ihres Sohns Martin, der die Weinbauschule in Klosterneuburg abgeschlossen hat. Der älteste Sohn Lucas lebt in Wien und springt gerne und jederzeit im Weingut ein.
Bereits 2016 wurde das Weingut im Rahmen der Retzer Weinwoche aus 130 Betrieben in einer Blindverkostung von 800 Weinen zum "Winzer des Jahres" gekürt. Der Grüner Veltliner DAC wurde Sortensieger und somit Weinviertel DAC Champion, eine Auszeichnung, die Familie Heinzl jetzt bereits dreimal vorzeigen kann neben etlichen weiteren Prämierungen ihrer Weine als Bundessieger, Landessieger und Sortensieger. 2018 wurde im Weingut vom Architektenbüro Tauber ein Bauwerk fertiggestellt, das nicht nur gut in die hügelige Landschaft, sondern auch zum Aufstieg in die Premiumränge passt: Ein neuer moderner Weinkeller mit feinster Technologie und angeschlossenem neuen Verkostungsraum.
Das Retzer Land ist allgemein bekannt für das milde und trockene Klima, in dem sich die Weinreben sehr wohl fühlen. Das malerische Tal der Pulkau, das zudem windgeschützt liegt, hat ein eigenes, wenn auch in manchen Jahren recht regenarmes Mikroklima: Die Sommer sind häufig heiß und trocken, doch die kühlen Nächte des Spätsommers und des Herbstes begeistern die Reben und bringen Frucht und Würze in die Trauben.
Das Weingut Heinzl-Gettinger bewirtschaftet rund 25 Hektar Rebfläche in Deinzendorf und Umgebung, unter anderem in der Riede Junge Bergen und der Subriede Steinviertel in Deinzendorf, in den Rieden Altenberg und Satzen in Zellerndorf, Mitterberg in Zellerndorf sowie Deinzendorf und Innere Bergen und Sechsvierteln in Schrattenthal. Angebaut werden überwiegend die weißen Sorten Grüner Veltliner, Sauvignon Blanc, Gelber Muskateller, Pinot Blanc, Riesling, Chardonnay, Welschriesling und Neuburger. Es werden aber auch Rotweine gekeltert aus den Sorten Zweigelt, Merlot, Pinot Noir und St. Laurent. Die Weine des Weinguts sind in keine festgelegten Linien eingestellt, hervorgehoben sind indes die Exclusiv-Weine und die Riedenweine.
Wir konnten zwölf Weine des Weinguts Heinz-Gettinger verkosten.
2023 Rosé vom Zweigelt Classic
Der Rosé vom Zweigelt füllt das Glas mit einem prägnanten Lachs-Rosa. Es duftet nach Himbeeren, Erdbeeren, Kirschen und einem Hauch Brombeeren. Alles ist umrahmt vom Eindruck einer feinen Würze. Im Geschmack erscheinen zuverlässig die roten Früchte aus dem Bukett und bringen eine enorme Fruchtigkeit in den Vordergrund. Zu den Erdbeeren und Himbeeren kommen Cranberrys und rote Johannisbeeren dazu. Er strömt nur so dahin mit seiner Frische, einigen zarten Tanninen und einer dezenten Säure bis ins lange saftige und sehr harmonische Finish. Der Wein macht sich hervorragend zu einem italienischen Pasta-Teller mit verschiedenen Sorten frisch geriebenen Hartkäses. Vor allem aber ist es der kecke und fruchtige Wein, für den der Sommer gemacht ist, der gerne auch zwölf Monate dauern darf.
2023 Grüner Veltliner Classic Weinviertel DAC
Im Glas sehen wir einen goldgrünen Wein mit hellgrünen Reflexen schimmern. Er hat eine sortentypisch würzige Nase vom Typ Wiese im Morgentau. Intensive Duftnoten von gelben und grünen Äpfeln drängeln sich vor, ein Touch von Mangos und eine Anmutung von Orangen schließen sich an. Am Gaumen treffen sich feine Früchte und verbünden sich zu Finesse und frischer Saftigkeit. Die dezente Mineralik hat diese kleine, aber nachgefragte Salzigkeit, die sich wunderbar mit der feinen leicht pfeffrigen Würze, der präsenten Säure und einer nachklingenden kleinen Restsüße verträgt. Der reife Fruchtschmelz und die tiefgründige Struktur garantieren einen langen, dichten Abgang mit pikanten Spitzen. Ein harmonischer, eleganter Wein, weich und vollmundig. Er ziert jeden klassischen Schweinsbraten, viele Schnitzelvarianten und hält sogar einem Lammfilet-Ragout stand.
2023 Cabernet Blanc
2023 Riesling Exclusiv
Der Wein leuchtet gelbgrün aus dem Glas. Typischerweise schlagen die Rieslinge aus dem Weinviertel eine andere Bukett-Richtung als Mosel-Rhein-Rieslinge ein. So brilliert dieser Riesling in der Nase präzise und intensiv mit der Fruchtigkeit von Passionsfrüchten, Mangos und Charente-Melonen plus einem Hauch von kandierten Orangen. Dazu kommen Düfte von weißen Pfirsichen, Aprikosen und reifer Ananas. Im Mund fasziniert die perfekt integrierte Säurestruktur, die der üppigen, aber differenzierten Fruchtsüße ein tolles, gradliniges und kristallklares Gerüst verschafft. Eine fantastisch saftige Kraft ohne Schwere mit einem langen Ausklang. Ein Wein, der mit seiner komplexen Aromatik und Dynamik fesselnd animierend wirkt. Er ist ein galanter Begleiter, wenn Sie ihn ganz einfach mal einem Backhendl mit Kartoffelsalat aufdrängen.
2023 Gelber Muskateller Exclusiv
Die Muskateller ist eine der ältesten Kulturreben der Welt und wird auch als Gelbe Muskateller bezeichnet. Sie braucht im Weinberg neben dem Frostschutz gute Bedingungen: Sie darf nicht zur Unzeit von Regen erwischt werden und sie muss geerntet werden, bevor sich Botrytis breit macht. Im Keller kann man mit einer angemessenen Maischestandzeit wahre Wunderweine zaubern, die vor Aromen nur so strotzen.
Im Glas haben wir einen goldgelb-grünlichen Wein und verwöhnen unsere Nase mit dem intensiven, süßlichen Aromenspektrum rund um den zentralen, kräftigen Muskatton und die exotischen Fruchtakzente: Holunderblüte, Orange, Litschi, Mandarine plus Spuren von Anis und Fenchel. Wir schmecken das feinwürzige Muskataroma nach, dazu kommen ein kräftiger Touch von Weintrauben und ein winziger Grapefruit-Spot. Irgendwo meldet sich auch ein Hauch von Zitrus. Wir schmatzen lange auf dem Wein herum. Die feine Restsüße betört den Gaumen, die Aromenvielfalt macht ganz einfach Spaß. Er ist leichtfüßig und zugleich kernig-energisch und hat die nötige Säure, um die Aromen lebendig im knackig-kurzen, fruchtig-süffigen Finish zu halten, das wieder von Muskatrichtungen getragen wird. Mit diesem Wein steigt man in jedes nette Gespräch ein. Doch machen Sie es mal ganz anders und schräger als alle anderen: Stellen Sie den 2023 Gelber Muskateller Exclusiv zu einer Platte luftgetrockneten San Daniele Schinkens hin, dazu getoastetes Bauernbaguette.
2023 Grüner Veltliner Exclusiv Deinzendorfer Ried Steinviertel
Im Glas glänzt der Wein deutlich goldgelb mit grünlichen Reflexen. Er duftet animierend nach reifen Aprikosen, gelben Birnen, gelben Äpfeln und Quitten. Die Fruchtnoten sind umhüllt von einer feinen Veltliner-Würze mit dem sortentypischen Pfefferspiel. Am Gaumen breitet sich eine dichte Stoffigkeit aus. Zu der reifen, gelben Fruchtigkeit kommen würzige Töne von Wald- und Wiesenkräutern hinzu, die unterlegt sind von einer schönen Mineralität. Wir haben keinen überdreht opulenten Wein vor uns, denn die lebendige Säure lockert die Dichte auf und leitet die druckvolle Struktur in einen saftigen Abgang über. Das ist ein Grüner Veltliner mit selbstbewusstem Charakter, der nicht nur Energie, Frische und einen flotten Trinkfluss, sondern auch eine gehörige Eleganz vorzeigt. Natürlich passt dieser Wein zu den üblichen Verdächtigen, also weißer Spargel, schnelle Schnitzel und kostspielige Krustentierchen. Sie können ihn aber auch mutig zu einer Gebirgsforelle aus der Pfanne oder einer Brettljause mit Schinken, Speck und Schweinsbraten. reichen.
2023 Sauvignon Blanc Deinzendorfer Ried Junge Bergen
Der Wein funkelt uns im Glas weißgoldig mit grünlichen Reflexen an. Schon in der Nase hat er einen markant offensiven, tiefgründigen Auftritt, der ihn grundsätzlich als kraftvollen Stachelbeer-Johannisbeer-Typ nach französischer Klassik verorten lässt, der aber mit floralen Richtungen gen Holunder- und Jasminblüte abgefedert ist. Am Gaumen geht er noch weit darüber hinaus. Neben den Stachelbeeren treten Aromen von Holunderblüten, Trauben und Kräuter hervor, dazu ein Touch Zitrus, rosa Grapefruit und ein winziger Hauch Cassis. Die aktive Säure und eine leichte Mineralik halten die schmackhafte Aromatik in einem langen Finish fest, das noch einmal den intensiven Gesamteindruck eines fruchtbetonten Weins mit Biss unterstreicht. Ein eleganter, äußerst harmonischer Lagen-Sauvignon mit höchstem Qualitätsbewusstsein. Er hat es verdient, wenn Sie ihm Scallops aus der Pfanne oder eine große französische Käseplatte servieren.
Weißburgunder dürfte in den zumeist nach Nordosten ausgerichteten Weingärten der Ried Junge Bergen auf den ersten Blick ein Risiko sein, liebt die Sorte doch Südhanglagen. Das ist in Zeiten des Klimawandels jedoch relativ, zumal sich die Reben an dem kalkigen, fruchtbaren und warmen Boden der Riede erfreuen dürften. Zuviel Wärme verdrängt bei dieser Rebsorte ohnehin leicht die Säure und bewirkt ausdrucksschwache Weine.
Schon mit seiner Aromatik tritt der Wein extrovertiert, klar und deutlich auf. Es duften reife Fruchtaromen, die weder in getrocknete Zustände noch in Kompott- oder kandierte Formate abdriften. Das gilt für Birnen, Äpfel und Mirabellen gleichermaßen. Dazwischen melden sich nussige Noten und florale Spuren von weißen Blüten. Im Mund imponiert spontan der dichte Extrakt, dennoch bleibt der Wein schlank, rank und kühl. Dabei spielen Fruchtaromen von Mirabellen, weißen Nektarinen und gelben Äpfeln mit, die von kräuterigen Richtungen, Noten von Nüssen und Mandeln und Anklängen an Rosen und einer zarten Mineralik umrahmt werden. Die aktive, gut integrierte Säure eskortiert einen langen cremigen Abgang, in dem eine ganz dezente Süßlichkeit überrascht und noch lange sehnsüchtig herumschmatzen lässt. Genießen Sie diesen Weißburgunder als Solisten und entdecken seine vielfältige Stilistik oder bewahren Sie seine geschmacklichen Nuancen bei einem gutbürgerlichen Hühnerfrikassee.
2021 Merlot gereift im kleinen Eichenfass
Wir schnüffeln in einer Art Gewürz-Basar herum, aber nicht etwa spicy, sondern getrocknete Früchte, Safran, Schokolade, Cassis, Mokka und Vanille. Im Mund spült ein harmonischer, körperreicher Wein über die Zunge mit unaufdringlicher Extraktsüße und authentisch saftig: Rote Beeren, etwas Sauerkirsche, einige Himbeeren. Die Säure und die feinkörnigen Tannine machen Druck, aber schnüren den Gaumen nicht ein. Das Barrique hat dem Wein eine internationale Eleganz angezogen. Was liegt da näher als ihm ein dry-aged T-Bone-Steak vom Grill hinzuknallen, aber bitte medium-rare und vorher nur salzen.
2023 Zweigelt Exclusiv Alte Reben
Der Wein imponiert im Glas durch seine glanzvolle, tiefrote Farbe mit violetten Randreflexen. Er kündigt sich mit einem herrlich süßlich-würzigen Bukett an voller dunkler Beerenfrüchte, Schwarzkirschen, Backpflaumen und etwas Mokka. Dazu gibt es verhaltene Düftchen aus dem Gewürzschränkchen. Am Gaumen führt er Fülle und Frucht mit einer druckvollen Lebendigkeit zusammen. Das nuanciert wahrnehmbare Bukett-Spektrum wird geschmacklich noch verfeinert durch eine dezente Verbindung leiser Töne von dunklen Früchten. Samtige Tannine ohne jede Aggression begleiten einen saftigen Abgang. Ein jahrgangsmäßig noch junger Wein, der schon jetzt durch die wunderbare Verbindung von dichter Struktur und Finesse beeindruckt, aber auch noch eine spannende Zukunft vor sich hat. Geben Sie ihm beim Genuss Zeit und Luft, dann bedankt er sich mit einem magischen Zweigelt-Erlebnis. Wenn es unbedingt ein Speisenpairing sein muss, dann erfreuen Sie sich und ihn mit einem pikant-süßlich gewürzten Lammbraten aus dem Ofen.
2021 Sankt Laurent Schrattenthaler Ried Innere Bergen
Die Ried Innere Bergen gehört zur Stadtgemeinde Schrattenthal nördlich von Deinzendorf. Die Böden sind karg und steinig und fast überall von starken Lössschichten über Kalksandstein bedeckt. Die Rebanlagen sind zumeist nach Süden und Südwesten ausgerichtet. Der Wein reifte im Weingut Heinz-Gettinger im kleinen Eichefass. Er wurde bei der niederösterreichischen Landesweinprämierung in der Kategorie Burgunder Rot als Landessieger 2024 ausgezeichnet.
Im Glas sehen wir einen granat- bis rubinrot schimmernden, dichten Wein. Er entwickelt in der Nase kraftvolle Aromen von Brombeeren, Morellenfeuer-Kirschen, Roten und Schwarzen Johannisbeeren und einigen frühreifen Zwetschgen. Eine feine röstig-toastige Würze vom Holzausbau mit einladenden Anklängen an Nougat schwebt herum. Am Gaumen präsentiert der Wein sich betont vollfruchtig mit herzhafter Würze und einer fülligen, fast schon cremig-dichten Struktur, die im Finale von abgerundeten süßlichen Tanninen, mineralischen Anklängen und einer passenden Säure umrahmt wird. Das Holz ist angemessen dezent vertreten und hat dem Wein eine schöne Eleganz und Trinkreife verschafft. Ein vollmundiger Wein, der Spannung aufbaut und eine für einen St. Laurent nicht selbstverständliche Substanz bietet. Abseits der super passenden, aber langweiligen Hirschbegegnungen, können Sie den Wein zu einem Wildschweinragout mit einer Pfifferlingspfanne servieren.
Sauvignon Blanc Pet Nat Méthode Ancestrale Perlwein
Im Glas zeigt der leicht trübe Wein eine feine Perlage. Er sendet sowohl herbfruchtige als auch pflanzliche Aromen aus. Extrovertiert drängelt ein Hauch von Holunder dazwischen, auch grüne Birnen machen mit. Die Fruchtigkeit umschmeichelt den Gaumen mit einer freundlichen Süffigkeit, dazu viele winzige Noten von Grapefruit, Birnen und Futuro-Melonen. Die grüne Seite des Geschmacks wird bestimmt von Paprika und Stachelbeeren, aber das Gefühl, einen Rasenmäher abgeschleckt zu haben, hat hier niemand. Im Abgang erscheinen kleine interessante Gerbstoffspuren, dann geht er mit guten Trinkfluss schön schmelzig in den leicht vegetabilen Nachhall über. Ein prickelnder Sauvignon Blanc mit einer sehr individuellen Stilistik von der Art Neuseeland meets Weinviertel, die ihn von vielen Interpretationen der Trendrebsorte angenehm abhebt. Das ist eben kein schnöder Frizzante, sondern ein charaktervoller Body mit herrlich strömendem Trinkfluss und einer gewissen Eleganz. Verteilen sie ihn auf einer Grillparty als animierenden Aperitif oder als Überraschungswein zu einem argentinischen Entrecôte.
25.10.2024
Fotos: © Weingut Heinzl-Gettinger