An den vier Enden der Welt
An den vier Enden der Welt
Premium Wines of Romania: Das Weingut SERVE in Dealu Mare – Sensationen und Visionen von Reben und Terroir
11. Februar 2020
Das Weinanbaugebiet Dealu Mare
Eines der bekanntesten Weinanbaugebiete Rumäniens, das vom Lonely Planet sogar als bestes eingestuft wird, ist das Gebiet Dealu Mare (große Hügel) im Süden Rumäniens in der Region Muntenia (Großwallachei) mit acht DOC-Gebieten. Die Weinberge von Dealu Mare schmiegen sich zwischen die Flüsse Teleajen im Westen und Buzau im Osten. Das Gebiet liegt wie Bordeaux und das Veneto auf dem 45. Breitengrad. Es ist in Ost-West-Richtung ungefähr 65 km lang und 3 bis 12 km breit und verfügt über mehr als 14.500 Hektar Anbaufläche. Verlässt man die Hauptstadt Bukarest nach Norden und durchquert die Dörfer der Tiefebene, tauchen schon nach rund neunzig Minuten und rund hundert Kilometern die ersten Weingärten von Dealu Mare auf.
Die mikroklimatischen Verhältnisse um die vier Hügelbereiche herum und in den Tälern sind gemäßigt-kontinental mit heißen Sommern und kühlen Wintern, wobei die Karpaten vor kalten Winden schützen, aber warme Luftmassen vom Mittelmeer durchlassen. Es gibt weit über 2.000 Stunden direkte Sonneneinstrahlung im Jahr – das sind 14 Tage mehr als in jeder anderen rumänischen Weinbauregion. Der jährliche Niederschlag hält sich mit durchschnittlich 600 mm in Grenzen. Die Böden sind sehr abwechslungsreich und vielfach von fruchtbarer Schwarzerde geprägt, daneben findet man aber auch Sand, Kalk und sogar Kreide und roten Lehm. Die Kalziumkarbonatböden in einigen Bereichen sind speziell mit den Sorten Tămâioasă Românească und Muscat Ottonel bestockt. Die stärker verbreiteten Schwarzerde-Böden mit teilweise hohem Eisenoxidanteil verschaffen Rotweinen eine individuelle Aromatik und Komplexität, weshalb in Dealu Mare im Anbau roten Sorten wie Feteasca Neagra, Merlot, Cabernet Sauvignon und Pinot Noir überwiegen. Dennoch ist das Klima auch für extraktreiche Weine aus weißen Rebsorten wie Chardonnay, Sauvignon Blanc, Feteasca Alba und Riesling geeignet.
Im Jahr 2000 wurde mit dem Bau eines völlig neuen Guts- und Kelterhauses in Ceptura in der Nähe der Weinberge begonnen und 2002 dort die erste Ernte vinifiziert. 2005 erreichte die Anlage eine Verarbeitungskapazität im Edelstahl von 2.700 Hektolitern. Zwei Jahre später kamen eine klimatisierte Halle mit weiteren 2.000 Hektolitern Lagerkapazität in temperaturkontrollierten Edelstahlbehältern und noch später Außentanks mit verschiedenen Gärsystemen hinzu. Es wurde ein eigener Kellerraum angelegt, in dem klimatisierte Fässer für insgesamt 1.000 Hektoliter liegen. Im Keller experimentierte man mit allen Techniken der neuesten Generation, um die Traditionen bestmöglich zum Ausdruck bringen zu können. Man schaffte Barriques aus Eiche und Akazienholz an und arbeitet bis heute mit auserwählten Reinzuchthefen.
SERVE ist Mitglied von Premium Wines of Romania und bewirtschaftet insgesamt 130 Hektar Rebfläche. Davon sind die 68 Hektar Rebfläche bei Ceptura für Rotweine bestimmt und 42 Hektar in den eher kühleren und jedenfalls trockeneren Lagen bei Cogealac im Anbaugebiet Istria-Babadag in der Dobrogea am Schwarzen Meer mit weißen Rebsorten bestockt. Die meisten Reben wurden zwischen 1999 und 2012 mit Klonen aus der eigenen Rebschule gepflanzt. Angebaut werden die weißen Sorten Fetească Albă, Fetească Regală, Chardonnay, Sauvignon Blanc, Welschriesling, Rheinriesling, Muscat Ottonel und die roten Fetească Neagră, Cabernet Sauvignon, Pinot Noir und Merlot. Die Ernte erfolgt selektiv per Hand. Jährlich werden mehr als 800.000 Flaschen abgefüllt, ungefähr 50 % Rotwein, 40 % Weißwein und 10 % Rosé. Das aktuelle Sortiment umfasst vier Weißweine, fünf Rotweine und einen Rosé. Alle werden in Rumänien im HORECA-Bereich (HOtel/REstaurant/CAfé oder auch /CAtering) und ansonsten über den Export vertrieben.
Die Visionen und mutigen Ideen von ihrem Mann Guy hat Mihaela übernommen. Aus der Leidenschaft für den Wein und für ihre Kinder – der nächsten Generation im Weingut – schöpft sie die notwendige Energie, um ein Millionen-Unternehmen mit 45 Beschäftigten zu leiten, jedes Jahr dem neuen Lebenszyklus der Reben zu begegnen und immer wieder neue Weine zu kreieren. Wesentlichen Anteil an den Erfolgen des Weinguts hat Aurel Rotărescu, der über mehr als ein Jahrzehnt als Kellermeister fungiert und inzwischen von seinem Sohn Silviu unterstützt wird, der Önologie in Montpellier studiert hat.
Wir konnten sechs Weine aus dem Weingut SERVE verkosten.
2017 Vinul Cavalerului Fetasca Alba
Im Glas schimmert der Wein in einem blassen Strohgelb. Seine vielfältigen Aromen drängen sich nicht ungestüm auf, sondern outen sich dezent mit zunehmender Öffnung: Zitrus, Grapefruit, grüne Äpfel, einige Stachelbeeren und ein großer Strauß weißer Blüten und Blumen. Ab und an weht ein Hauch von Aprikose und Muskat aus dem Glas. Im Mund hält der Wein sich keineswegs zurück, sondern verbreitet extrovertiert eine lebendige Frische. Jetzt kommen zu den Zitrusaromen noch Aprikosen und Stachelbeeren dazu, auch ein blumiger Touch, der ein wenig an Muskateller erinnert. Ein jugendlicher, süffiger, gut zugänglicher Wein mit einem ausgeglichenen, erfrischenden, mittellangen Abgang. Er vereint mit seiner fröhlichen und unkomplizierten Art alle knackigen Eigenschaften dieser berühmten rumänischen Rebsorte. Ein Wein, der das ganze Jahr über sommerliche Lust und Laune ins Glas bringt. Er passt besonders gut zu Sommersalaten und Geflügel-Gerichten.
2016 Vinul Cavalerului Pinot Noir
Schon im Glas fängt es pinot-noir-mäßig an: ein leuchtendes Rubinrot in der Nuance von Cranberries. Es duftet nach Kirschen und roten Früchten wie Himbeeren, aber auch nach jungen Zwetschgen und blauen Veilchen. Dazu kommt eine leicht würzige Abrundung. Auch geschmacklich verirren wir uns nicht in stilistische Eskapaden, sondern schmecken grundsolide und rebsortengerecht herrliche Fruchtnoten von Sauerkirschen und Himbeeren mit einer gewissen Würze, alles professionell eingewoben in gut geglättete Tannine und lebendige Säure. Der fruchtige Nachhall wird von deutlichen mineralischen Komponenten unterstützt. Diese ideale Komposition von Frucht, Säure und Mineralik verleiht dem Wein eine ausdrucksvolle Frische und geht in elegante Richtungen. Ein feiner Pinot Noir, der helles Fleisch und viele Sorten von Käse, insbesondere Ziegenkäse, schätzt. Auch wenn es hierzulande verbreitet ist, zur Pizza die Billig-Roten auszuschenken – lassen Sie sich und eine selbst gemachte Pizza einmal vom Vinul Cavalerului Pinot Noir schwer beeindrucken.
2016 Terra Romana Fetească Neagră
Der Wein erscheint im Glas in einem rubinroten, manchmal ins Kupferne changierenden Gewand mit violetten Reflexen. Offensiv bietet er seine intensiven, würzigen Aromen an: reife rote Beeren von Himbeeren über Preiselbeeren bis Brombeeren, dann Pflaumen, Granatapfel, Feigen, Rosinen, Trüffel, Nelken und markante Spitzen von schwarzem Pfeffer. Obendrein ein Hauch von Veilchen, von geröstetem Toast und von Vanille. Die Komplexität der Düfte überrascht und lässt die Spannung auf den ersten Schluck ansteigen. Am Gaumen kommen zuerst die schwarzen Früchte wie Brombeeren und Blaubeeren, aber auch Preiselbeeren und reife Pflaumen an, gefolgt von würzigen, herrlich süßlichen Nuancen von Vanille, Rosinen, Zimt, dunkler Schokolade und Röstnoten. Die feinen, weichen Gerbstoffe turnen im Hintergrund herum, während die animierende Säure für ein langes, fruchtintensives Finish mit einem kleinen Schuss Mokka sorgt. Ein passionierter Fetească Neagră, der sich mit einer unerwarteten Frische präsentiert – kräftig, füllig, aber auch elegant. Ein emotionaler, spannungsreicher Wein, mit dem nicht nur die Seele summt, sondern auch ein scharf gewürztes Rib Eye Steak vom Grill. Es ist auch ein großartiger Wein zu einer festlichen Weihnachtsgans.
2015 Cuvée Guilllaume
Er schickt einen fruchtigen und leicht würzigen Duft aus dem dunkel rubinroten Glas, abgerundet mit dezenten Röstaromen, mit Vanille, Mandeln und süßlichen wie auch pikanten Gewürzen. Am Gaumen tänzeln zuerst kräftige Noten von Marasca-Kirschen und Heidelbeeren über die Zunge – der Pinot Noir lässt grüßen. Dann kommen vom Feteascea Neagră schöne Mandeltöne, aber auch leicht süßliche Empfindungen von Pflaumen, Vanille, von vielen Gewürzen, dazu ein kleiner erdiger Touch und ein Hauch von Leder. Im würzigen, berauschend ätherischen Finale fällt die gute Balance auf, mit der die Aromatik, die feinen Tannine und die mittlere Säure ausgewogen sind. Das leicht süßliche Holz beflügelt den Geschmack, hält sich dabei aber angenehm zurück und erstickt die Sensorik zu keinem Zeitpunkt. Ein Wein mit Charakter, der korpulent, aber nicht schwer ist, ein schmackhafter Berater im entspannten Gespräch und im flüchtigen Moment der eigenen Ruhe. Sie können ihn auch zu einer gebratenen Ente mit Preiselbeersoße oder zu einem vornehmen Rebhuhngericht servieren.
2013 Cuvée Charlotte
Schon das Bukett demonstriert eine Vielfalt, die sich nicht allein durch die Vielseitigkeit der verwendeten Rebsorten, sondern auch durch die lange Reife des Weins erklären lässt. Wir schnüffeln an wunderbar wilden Aromen von getrockneten Pflaumen, Blaubeeren, roten und schwarzen Johannisbeeren, Trüffeln und Zimt aber auch Rosinen und Veilchen, Mokka und Tabak. Die feinen Röstaromen setzen noch kleine Spitzen drauf. Auf der Zunge fühlen sich etliche der Bukettaromen noch einmal richtig wohl und verbünden sich mit Tönen von Brombeeren, Kirschen, einem Touch Nelken, Balsamico und Schokolade. Die Vanillearomen versüßen das lange Finale, ohne aufdringlich zu werden. Die kräftigen, hochglanzpolierten Tannine vermählen sich perfekt austariert mit der lebendigen Säure und der angenehm samtigen Struktur des Merlot-Anteils. Eine komplexe und doch ausgewogene Cuvée, die höchste burgundische Eleganz mitbringt und ganz sicher den Charme von Charlotte. Es ist ein wertvoller Wein, den man als Solisten genießen sollte. Wenn Sie unbedingt nach einem Pairing suchen – knallen Sie ihm ein Porterhouse-Steak von einem argentinischen Rind auf den Teller oder – etwas leiser – lassen sie sich süchtig machen bei einem leckeren Dessert mit dunkler Schokolade.
2011 Cuvée Charlotte
Im Hörerlebnis berichtet Mihaela Tyrel de Poix, Winzerin und Inhaberin von SERVE, über das Weingut und seine Geschichte und erläutert ihre Fokussierung auf Qualitätsweine (in englischer Sprache).
Fotos: © D.R.
Flaschen-Fotos: © Weingut SERVE
HÖRERLEBNIS mit Mihaela Tyrel de Poix, Winzerin und Inhaberin von SERVE
➭ mehr Infos über das
Downloads
➭ zur Erlebnis-Lounge: Weine aus Rumänien –
Sensationen und Schätze für Entdecker
Artikel
Infos Dealu Mare
Audiobeitrag