An den vier Enden der Welt
An den vier Enden der Welt
Weine aus Argentinien: Mit neuer Leidenschaft zu Eleganz und Finesse auf Weltklasseniveau
8. Januar 2019
und Leidenschaft der Menschen. Auf einer Fläche von fast 3 Millionen Quadratkilometern leben mehr als 40 Millionen Einwohner. Argentinien ist der zweitgrößte Staat Südamerikas und das achtgrößte Land der Erde.
Argentinien gehört zu den bedeutendsten Weinbauländern der Erde. Es wird überwiegend an fünfter Stelle der weinproduzierenden Länder verortet und ist jedenfalls der größte Weinproduzent Südamerikas. Die bestockten Flächen an oftmals wüstenähnlichen Hängen liegen in Höhen von 300 Metern bis schwindelerregenden 2.800 Metern in den Valles Calchaquíes.
Insgesamt werden in Argentinien von etwa 1.100 Betrieben auf knapp 225.000 Hektar Weintrauben angebaut und auf ca. 205.000 Hektar über 10 Millionen Hektoliter Wein produziert. Nur ein kleiner Teil der oftmals im Nebenerwerb auf kleinen Flächen tätigen Winzer verkauft Wein unter seinem eigenem Namen. Aktuell exportiert Argentinien alljährlich Wein im Werte von 15 Millionen Euro und liegt damit weit hinter anderen Weinländern der Neuen Welt zurück. Signifikante Steigerungen der Exporte nach Europa erwartet die Weinwirtschaft von der angestrebten teilweisen Einbeziehung der EU in den Gemeinsamen Markt des Südens – Mercado Común del Sur – durch ein Freihandelsabkommen Mercosur EU, das unter anderem die Befreiung von Zöllen bringen soll.
Geschichte des Weinanbaus in Argentinien
Seit mehr als 400 Jahren wird in Argentinien Wein angebaut. Erste, erfolglose Versuche unternahmen spanische Eroberer im Jahr 1541 an der Mündung des Río de la Plata. Als dann die im Norden liegenden Stadt Santiago del Estero eine Kirche errichten ließ, einen Pfarrer suchte und Messwein benötigte, bewarb sich der Jesuitenpater Juan Cedrón (auch Cidrón) und brachte zwischen 1554 und 1557 Rebstöcke der europäischen Spezies vitis vinifera mit. Aus diesen ersten erfolgreichen Pflanzungen stammen wahrscheinlich die in Argentinien häufigsten Rebsorten Criolla Chica, Criolla Grande und Cereza ab. Juan Cedrón bestockte später auch den ersten Weinberg in der Stadt Mendoza.
Die Jesuiten und Franziskaner entwickelten den Weinbau weiter. In der Provinz San Juan entstand bis Ende des 16. Jahrhunderts der erste kommerzielle Weinbau, später auch in Mendoza. Hier schrieb 1872 Don Eusebio Blanco das erste grundlegende Werk über den argentinischen Weinbau: „Las viñas y los vinos de Mendoza“. Als Begründer des argentinischen Qualitätsweinbaus gilt Blancos Schwiegersohn Don Tiburcio Benegas, der 1883 im Distrikt Godoy Cruz sein 250 Hektar großes Weingut El Trapiche gründete und 1886 Gouverneur der Provinz Mendoza wurde. Als 1885 Mendoza über die neue, knapp 1.000 Kilometer lange Eisenbahnverbindung mit dem wichtigen Absatzmarkt Buenos Aires verbunden wurde, war endlich das Problem gelöst, dass die damals noch instabilen Weine den weiten Weg in die Metropolen des Ostens nicht überstanden. Um den nun boomenden Inlandskonsum zu befriedigen, waren hohe Produktionsmengen von einfacher Qualität erforderlich. Das führte über den Großgrundbesitz später zur Gründung regelrechter Produktionskonzerne, von denen einige zusammen mit ausländischen Investoren noch heute den Markt beherrschen und zu den größten weltweit gehören.
Anfang des 18. und mit einer zweiten Welle Ende des 19. Jahrhunderts kamen europäische Einwanderer vor allem aus Italien, Spanien, Frankreich, aber auch Deutschland und brachten den Weinanbau zu immer neuer Blüte. Die Weine hießen Bordeaux oder Chablis, gleich von welcher Rebsorte sie stammten. Mitte des 19. Jahrhunderts führte der Franzose Aimé Pouget die Sorten Cabernet Sauvignon und Malbec ein. Anfang des 20. Jahrhunderts importierte Leopoldo Suarez 600 Rebsorten aus den wichtigsten europäischen Weinbau-Gebieten. Noch heute verfügt Argentinien über eine für ein Land der Neuen Welt ungewöhnliche Vielfalt an Rebsorten.
Bis Mitte des 20. Jahrhunderts überschlugen sich Weinanbau und Konsum in Argentinien, Wein war einfach und billig und galt fast schon als Grundnahrungsmittel: In den 70er Jahren entwickelte sich das Land zum größten Massenweinproduzenten in Südamerika und lag auch weltweit in der Spitzengruppe sowohl bei der Produktion als auch beim Prokopf-Verbrauch, obwohl fast nur der Inlandsmarkt beliefert wurde. Die gigantische Überproduktion und ein dramatischer Rückgang der Nachfrage führten dann fast zum Kollaps der Weinwirtschaft. Betrug die Rebfläche 1977 noch etwa 350.000 Hektar und der Prokopf-Verbrauch 90 Liter, so ging er nach umfangreichen Rodungen vor allem von Rotweinsorten auf zunächst 55 Liter und auf heute rund 30 Liter zurück; die Fläche für die Weinherstellung schrumpfte auf rund 205.000 Hektar. Der Abschwung führte zu einer völligen Neuorientierung und Ausrichtung auf hochwertige Qualitäten mit kühnen Charakteren, die den Export weiterhin dynamisch steigern und von denen die internationalen Märkte fasziniert sind.
Die Weinbauregionen
Mendoza
Die 900 Kilometer westlich von Buenos Aires gelegene Region Mendoza ist mit etwa 150.000 Hektar Rebfläche die größte des Landes mit einem Anteil an der Gesamtproduktion von ca. 65 %. Sie erstreckt sich über 300 Kilometer im äußersten Westen des Landes in 500 bis 1.200 Metern Meereshöhe am Fuße der weiter im Westen aufsteigenden Anden. Der größte Teil der Provinz ist von einer Trockensteppe, dem Monte, bedeckt, der teilweise durch Sandwüsten unterbrochen wird. Die fünf wichtigsten Subzonen sind Norte Mendocino (mit den Lagebereichen Guaymallén, Las Heras, Lavelle, Teilen von Maipú und San Martin), Alta del Río Mendoza (mit Agrelo, Anchoris, Barrancas, Carrizal, Carrodillas, Coquimbito, Las Compuertas, Luján de Cuyo, Lunlunta, dem Hauptteil von Maipú, Mayor Drummond, Perdriel, Ugarteche und Vistalba), Este Mendocino (mit Junin, Rivadavia, San Martin und Santa Rosa), Sur Mendocino (mit General Alvear und San Rafael) und Valle de Uco (mit San Carlos, Tunuyán und Tupungato).
Die Böden in Mendoza sind steinig und kalkreich mit Auflagen von Sand, Ton oder Lehm. Das kontinentale Klima mit allen vier Jahreszeiten ist extrem trocken und mild, zeichnet sich aber durch häufige Hagelschläge aus, die oftmals Eisklumpen in der Größe von Kieselsteinen auf die Weinberge regnen lassen und deshalb auch als "Piedras" (Steine) bezeichnet werden. lm Frühsommer kann die "Zonda", ein heißer, schwerer Sturm aus dem Nordwesten, die Blüte der Reben beeinträchtigen. Im Norden Mendozas herrschen ebenso wie auf der Hochebene zwischen Junin und Santa Rosa auf einer Höhenlage zwischen 600 und 700 Metern im Sommer Durchschnittstemperaturen von 25° C. Im Süden der Region sind es nur 22° C – hier befindet man sich ebenfalls auf 600 bis 700 Metern mit kalkhaltigen Schwemmlandböden. Im Uco-Tal stehen die Rebstöcke in Höhenlagen zwischen 800 und 1.500 Metern über dem Meeresspiegel, wo bei sommerlicher Durchschnittstemperatur von knapp 15° C die Bedingungen ideal sind für die Erzeugung feiner Weißweine.
Wie in einigen anderen Anbaugebieten werden in Mendoza zu einem großen Teil noch Rebsorten wie Cereza, Criolla Grande und Criolla Chica angebaut, die für die hellroten oder weißen einheimischen Massenweine bestimmt sind. Vor allem die Subregionen "Zona Alta del Rio Mendoza“ sind jedoch für hochwertigen Rotwein und das "Valle de Uco" für edle Weißweine und für Pinot Noir bekannt. Besonders in Luján de Cuyo, Maipú und Valle de Uco werden in großem Umfang Qualitätsweine aus dem dominierenden Rebsatz Malbec und anderen roten Sorten gemacht, während die besten aromatischen weißen aus den höheren Lagen der Anden wie Agrelo oder Tupungato kommen.
San Juan
San Juan, nördlich von Mendoza, ist mit ca. 50.000 ha Rebfläche die zweitgrößte Weinbauregion Argentiniens. Das Klima hier ist heißer und noch trockener als in Mendoza. Wein wird in Oasentälern angebaut, wobei es überwiegend preiswerte Tafelweine für den Inlandsmarkt sind oder Weine für Wermut, Brandwein oder Likörweine.
Die nahezu regenlose und heiße Provinz Salta mit der gleichnamigen Hauptstadt am Río Arenales, einem Quellfluss des Río Salado, liegt ganz im Norden von Argentinien, nahe der Grenze zu Bolivien und Paraguay. Salta ist im Westen gebirgig und im Osten flach als Teil der Trockenwälder und Savannen des Gran Chaco. Die Provinz verfügt über ca. 1.800 Hektar Rebfläche, die zwischen 1.500 bis 2.800 Metern Meereshöhe liegen. Hier werden unter anderem hochqualitative Torrontés-Weißweine erzeugt, vorwiegend im Subbereich Cafayate mit 70 % der Gesamtrebfläche.
La Rioja
La Rioja liegt im Westen Argentiniens und grenzt westlich an Chile an. Die Landschaftsstruktur reicht von der Pampa im Osten über Gebirgsketten im Zentrum und den Anden im Westen. Die Provinz steht mit ca. 8.000 Hektar an dritter Stelle im Weinbau. Der größte Teil der Weinberge liegt in bewässerten Tälern, insbesondere im Distrikt Chilecito, wo es eine eigene Klimazone mit trockenen Wintern und feuchten Sommern gibt. Die Weine der Provinz La Rioja werden aus Rücksicht auf die gleichnamige Region in Spanien beim Export mit der Herkunftsregion "Famatina Valley" etikettiert.
Río Negro
Die Provinz Río Negro grenzt im Westen an Chile und erreicht im Osten den Atlantik. Sie weist sehr unterschiedliche Landschaftsformen und im Río-Negro-Tal ein Cool Climate auf, das zur Erzeugung hochwertiger Weißweine animiert. Die Rebfläche beträgt rund 2.800 Hektar, wird aber ständig erweitert.
Argentinien hat alle Voraussetzungen, um gute und sehr gute Weine zu erzeugen: Ideale Böden, ein vorteilhaftes Klima und spannende Rebsorten.
Die Böden
Die aus den Sedimenten der Ur-Anden bestehenden Böden sind in den gebirgsnahen Gebieten steinig und kalkreich, ansonsten von sehr unterschiedlicher Zusammensetzung. Die verbreiteten Sandböden bewahrten das Land seinerzeit vor der Ausbreitung der aus Europa eingeschleppten Reblaus. Hochwertiger Wein wächst in Argentinien oft auf Schwemmlandböden und auf verwittertem Sandstein oder Kies.
Bis auf den für den Weinbau erst wenig bedeutsamen Küstenstreifen mit mildem Meeresklima herrscht in den Anbaugebieten überwiegend ein kontinentales Halbwüstenklima mit heißen Luftströmungen von den Anden. Die Winzer am östlichen Fuß der Anden nennen ihr Gebirge daher auch Andes Áridos – Trockenanden. Die 5.000 bis 6.000 Meter hohen Anden halten kalte Pazifikwinde fern, aber auch Regenwolken.
Die meisten Rebanlagen profitieren von heißen Sommern und kühlen Wintern, vor allem aber aufgrund der Höhenlage vom thermischen Tag-Nacht-Wechsel. Die Trockenheit verschont die Rebstöcke einerseits von Pilzkrankheiten und bakteriellen Schädlingen, erfordert andererseits aber die fast vollständige künstliche Bewässerung. Hierzu wird verbreitet auf ein von den Mapuche- und Huarpe-Indianern bereits begonnenes Kanalnetz und Kapillarsystem zurückgegriffen, das der Italiener César Cipoletti Ende des 19. Jahrhunderts weiter entwickelte und das noch heute zu den besten und leistungsfähigsten der Welt zählt. Über dieses System bringen die in den Anden entspringenden Flüsse Río Mendoza, Río Tunuyán, Río Atuel und Río Diamante mineralreiches Schmelzwasser in die Weinanbaugebiete. Daneben wird mit Tiefbrunnen, Furchenbewässerung und seit einigen Jahren mit Tröpfchen-Beregnung gearbeitet.
Die klimatischen Bedingungen ermöglichten im Weinbau seit langem die Reduzierung von chemischen Eingriffen auf oftmals nur eine kurze Mehltau-Spritzung und fördern im Übrigen einen naturnahen Weinbau mit Gründüngung. Wohl in keinem Land der Welt begünstigt das Klima dermaßen den organisch-biologischen Weinanbau.
Die Rebsorten
Über 40 % der Rebflächen sind noch mit den ertragreichen Criolla Chica, Criolla Grande, Cereza und Moscatel Rosado bestockt. Hieraus werden einfache, alkoholarme, helle Rotweine als Tischwein für den einheimischen Markt oder aus den weißen Sorten wie Pedro Giménez und Alexandermuskat alkoholreiche, oftmals bereits oxidierte oder sherryähnliche Weine hergestellt.
Inzwischen macht man jedoch von mehr als der Hälfte der Weinbauflächen Qualitätsweine. Die Malbec-Rebe spielt auf der internationalen Seite der argentinischen Weinbühne seit langem die Hauptrolle. Die Rebsorte tritt inzwischen in den Weinen so extrovertiert und selbstbewusst auf, als sei das hier das Traumland für sie und keineswegs nur ihre Wahlheimat: Eine komplexe Cahors-Schönheit und oxzitanische Vielfalt lädt sich im argentinischen Terroir von Mendoza und anderswo mit strahlender Energie auf. International ist sie der herausragende Werbeträger des argentinischen Weinbaus. Darüber hinaus wird der Qualitätswein in Argentinien von vielen weiteren internationalen und europäischen Rebsorten getragen, insbesondere von den roten Sorten Merlot, Nebbiolo, Pinot Noir, Syrah, Tempranillo, Bonarda und Petit Verdot und von den weißen Sorten Chardonnay, Chenin Blanc, Sauvignon Blanc, Sémillon, Pinot Gris, Riesling, Gewürztraminer, von verschiedenen Muskat-Sorten sowie von Pedro Giménez, Tocai Friulano und Ugni Blanc.
Die Weine
Bei den argentinischen Weinen, die in Europa außerhalb der Discounter über den Weinfachhandel und über Direktimporteure zu beziehen sind, handelt es sich fast ausnahmslos um qualitativ hochwertige Weine. Sie sind meistens füllig und tiefgründig und haben konzentrierte Aromen. Die Tannine der Rotweine sind charmant und weich. Trotz des heißen und trockenen Klimas haben die Weine nicht zwangsläufig einen hohen Alkoholgehalt, weil sich in dieser Hinsicht vielfach die Höhenlage auf die Entwicklung der Trauben günstig auswirkt.
Das Qualitätssystem
In Argentinien gibt es einfachen Tischwein (Vino de Mesa, Vino Común), den aus bestimmten Edelreben erzeugten Qualitätswein (Vino Reserva) und den Vino Fino, einen gelagerten Qualitätswein. Anders als in Europa sind mit der Bezeichnung Reserva also keine herausgehobenen und durch Anbau- oder Ausbauregularien umrissenen Qualitätsmerkmale festgelegt.
Das gesetzliche argentinische Qualitätssystem ähnelt den europäischen Herkunftsbezeichnungen und legt unter anderem auch die Anbaugebiete sowie die zugelassenen Rebsorten fest. Die Qualitäts-Kategorien Indicaciones de Procedencia (IP) beziehen sich auf die Provinz, die Indicaciones Geográficas (IG) auf die Departamentos einer Provinz während die Denominación de Origen Controlada (DOC) zahlreiche Qualitätskriterien, unter anderem Mengenbegrenzungen und Ausbauarten festlegt. Die regulierten, von einer Kontrollkommission streng überwachten DOCs gibt es von Luján de Cuyo in Mendoza, von Maipú, Río Negro, San Rafael und Valle de Calchaqui.
Weine aus Argentinien für Europa
Wenn der weitaus größte Teil der Weinerzeugung auch nach wie vor in den Händen nationaler und internationaler Großbetriebe und Konzerne liegt, so hat in den Familienbetrieben eine leidenschaftliche Generation längst erkannt, dass es gilt, mit den Weinen die Bedeutung des einzigartigen Terroirs und die landestypischen Eigenschaften der Rebsorten herauszustellen. Damit bietet Wein aus Argentinien Eleganz und Finesse auf Weltklasseniveau. Es lohnt sich, das Weinland Argentinien zu entdecken und zu genießen.
Im Hörerlebnis stellt Edgardo Malaroda, Botschafter der Republik Argentinien in Deutschland, die Vielfalt des Weins in Argentinien vor und die Konzepte zur Ausweitung des Angebots von argentinischem Wein in Deutschland.
alle Fotos, soweit nicht besonders gekennzeichnet: © : Jutta Riegel
HÖRERLEBNIS
mit dem Botschafter der Republik Argentinien in Deutschland, Herrn Edgardo Malaroda
Foto: © : Botschaft der Republik Argentinien
Foto: © : Vinovossum/Weingut Mi Terruño
Foto: © : Overworld Wines/Weingut Domingo Molina
Foto: Vinovossum/Weingut Altocedro
➭ mehr Infos über das Weinland Argentinien
vom Observatorio Vitivinícola Argentino
(in spanischer Sprache)
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